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Studie des Uniklinikums Würzburg: Hirnschrittmacher bald auch nach Schlaganfall?

Eine neue Studie an der Neurologischen Klinik und Poliklinik des Uniklinikums Würzburg lässt hoffen, dass durch die elektrische Stimulation einer bestimmten Mittelhirnregion die Gangstörungen von Schlaganfallpatienten gebessert werden könnten. Der fachwissenschaftliche Artikel dazu erschien kürzlich in der renommierten US-amerikanischen Zeitschrift „Annals of Neurology“.

Etwa ein Drittel der Überlebenden eines Schlaganfalls können kaum oder gar nicht mehr gehen. „Für diese chronischen Gangstörungen gibt es bisher keine wirklich wirksamen medikamentösen Behandlungsmöglichkeiten – und auch die Erfolge von übenden Therapien sind sehr beschränkt“, bedauert Prof. Dr. Jens Volkmann, der Direktor der Neurologischen Klinik und Poliklinik des Uniklinikums Würzburg (UKW). Jetzt haben Mitarbeiter seiner Klinik in einem seit dem Jahr 2015 laufenden Forschungsprojekt möglicherweise einen neuen, vielversprechenden Behandlungsansatz gefunden.

Vermutung: Störende Signale werden abgeschirmt

In einem Tiermodell des Schlaganfalls bei Ratten konnten sie zeigen, dass die elektrische Stimulation einer bestimmten Mittelhirnregion die koordinierte Gehfähigkeit der Tiere wiederherstellen kann. „Das mesencephale lokomotorische Zentrum ist schon länger als Koordinationszentrum des Gehens bekannt“, berichtet Dr. Felix Fluri. Der Oberarzt der Neurologischen Klinik des UKW betreute maßgeblich die gemeinsam mit Prof. Volkmann und Prof. Dr. Christoph Kleinschnitz (zwischenzeitlich Universitätsklinikum Essen) konzipierte Studie. Allerdings werde die fragliche Mittelhirnzone nach seinen Worten von einem typischen Schlaganfall im Bereich des Großhirns nicht betroffen. Weshalb sie trotzdem in Folge des Schlaganfalls ihre Funktion in der Steuerung des Gehens nicht mehr korrekt ausübt, sei bislang nicht bekannt. Warum und wie wirkt dann ihre elektrische Stimulation? „Wir vermuten, dass die elektrische Reizung die mesencephale Lokomotionsregion von störenden Signalen aus übergeordneten Hirnregionen abschirmt. Dadurch wird das Mittelhirn wieder in die Lage versetzt, das Gehen über nachgeordnete Rückenmarkszentren normal zu kontrollieren und zu steuern“, erläutert Dr. Fluri. Dabei seien die positiven Effekte auf die Gehfähigkeit zeitlich streng an die elektrische Reizung gebunden. „Das funktioniert wie mit einem Schalter: Strom an – die Ratten können sich normal bewegen, Strom aus – die Ratten haben massive motorische Einschränkungen“, so Dr. Fluri.

Hoffnung: Tiefe Hirnstimulation auf Schlaganfall adaptierbar

„Diese Arbeit könnte von unmittelbarer Relevanz für Schlaganfallpatienten sein“, freut sich Prof. Volkmann und fährt fort: „Mit der tiefen Hirnstimulation verfügen wir bereits über ein zugelassenes Verfahren, das in anderen Hirnregionen und bei anderen Erkrankungen, wie zum Beispiel der Parkinson-Krankheit, sehr gute Erfolge erzielt. Vor diesem Hintergrund streben wir eine klinische Prüfung der Übertragbarkeit des Verfahrens auf geeignete Schlaganfallpatienten in naher Zukunft an.“

Literatur

Veröffentlicht wurden die Ergebnisse des Projekts am 11. November dieses Jahres in der namhaften US-amerikanischen Fachzeitschrift „Annals of Neurology“: F Fluri et al. „Stimulation of the Mesencephalic Locomotor Region for Gait Recovery After Stroke”, Ann Neurol 82 (5), 828-840, 2017 Nov 11

Bildunterschrift:
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Dr. Felix Fluri, Oberarzt der Neurologischen Klinik und Poliklinik des Uniklinikums Würzburg, betreute maßgeblich die Studie zur elektrischen Reizung der mesencephalen Lokomotionsregion bei Schlaganfall.
Bild: C. Feige / Uniklinikum Würzburg

 

Susanne Just
Universitätsklinikum Würzburg
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