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PRAC empfiehlt Ruhen der Zulassungen von Hydroxyethylstärke (HES)-haltigen Arzneimitteln aufgrund nicht ausreichender Effektivität der Maßnahmen zum Schutz der Patienten

Datum 12.01.2018/em>

Wirkstoff Hydroxyethylstärke

12.01.2018 – Ruhen der Zulassung

Der Ausschuss für Risikobewertung im Bereich der Pharmakovigilanz (PRAC) hat im Rahmen des im Oktober 2017 gestarteten Risikobewertungsverfahrens nach Artikel 107i der Richtlinie 2001/83 das Ruhen der Zulassungen HES-haltiger Arzneimittel zur Infusion in Europa empfohlen. Diese Produkte werden als Plasma-Volumenersatzmittel nach akutem (plötzlichen) Blutverlust eingesetzt, sofern eine Behandlung mit Kristalloiden als nicht ausreichend angesehen wird.
Die Bewertung wurde durch die Ergebnisse von zwei Studien zur Anwendung der Arzneimittel (Drug Utilisation Studies) ausgelöst, die darauf hinweisen, dass HES-haltige Lösungen trotz der in 2013 eingeführten Anwendungsbeschränkungen zur Reduzierung der Risiken von Nierenproblemen und tödlichen Verläufen immer noch bei kritisch kranken Patienten, solchen mit Sepsis (Blutvergiftung) und Nierenschäden, angewendet werden.

Im Jahr 2013 hatte der PRAC Anwendungsbeschränkungen für HES-haltige Lösungen empfohlen, u.a. dass diese Produkte nicht mehr bei kritisch kranken Patienten oder Patienten mit Sepsis (Blutvergiftung) einzusetzen sind, da in klinischen Studien ein erhöhtes Risiko von Nierenschädigungen und Sterblichkeit beobachtet wurde. Das Gremium forderte, weitere Studien zur Überprüfung der Einhaltung der Beschränkungen durchzuführen (sog. Drug Utilisation Studies).

Der PRAC hat die Ergebnisse der zwei Studien zur Arzneimittelanwendung (Drug Utilisation Studies) HES-haltiger Lösungen zur Infusion zusammen mit den aktuell verfügbaren Daten zum Nutzen und Risiko aus klinischen und nicht-interventionellen Studien sowie den Rückmeldungen von Interessensvertretern und Experten bewertet. Der PRAC hat daraus gefolgert, dass die in 2013 eingeführten Beschränkungen nicht ausreichend effektiv sind. Das Gremium hat die Möglichkeit der Einführung zusätzlicher Maßnahmen untersucht, ist aber zu dem Schluss gekommen, dass solche Maßnahmen ineffektiv bzw. unzureichend wären.

Im Hinblick auf die schwerwiegenden Risiken, denen bestimmte Patientengruppen ausgesetzt sind, hat der PRAC das Ruhen der Zulassungen HES-haltiger Arzneimittel empfohlen. Alternative Behandlungsoptionen sind verfügbar.

Die PRAC-Empfehlung wird nun der Koordinierungsgruppe für Verfahren der gegenseitigen Anerkennung und dezentrale Verfahren (CMDh) für eine Erörterung während der Sitzung vom 22.–25. Januar 2018 zugesandt.

PRAC recommends suspending hydroxyethyl-starch solutions for infusion from the market

27.10.2017 Einleitung des Verfahrens

Mehr über die Arzneimittel
HES-haltige Arzneimittel zur Infusion werden als Volumenersatzmittel eingesetzt und gehören zur Arzneimittelklasse der Kolloide. Es gibt zwei Hauptarten von Arzneimitteln, die als Volumenersatzmittel eingesetzt werden: Kristalloide und Kolloide. Kolloide enthalten große Moleküle wie Stärke, wohingegen Kristalloide wie Salzlösungen oder Ringerlösung kleinere Moleküle enthalten.
In der EU sind HES-haltige Arzneimittel zur Infusion im Rahmen nationaler Verfahren zugelassen worden und sind in den Mitgliedsstaaten unter verschiedenen Arzneimittelbezeichnungen verfügbar.

Mehr über das Verfahren
Die Bewertung HES-haltiger Arzneimittel wurde am 17. Oktober 2017 auf Ersuchen der schwedischen Arzneimittelbehörde als Art. 107i Verfahren der RL 2001/83/EG initiiert.

Die Bewertung wird vom Ausschuss für Risikobewertung im Bereich der Pharmakovigilanz (PRAC), der für die Bewertung sicherheitsrelevanter Angelegenheiten für Humanarzneimittel verantwortlich ist, durchgeführt und dieser wird einen Empfehlungskatalog abgeben. Da HES-haltige Arzneimittel alle national zugelassen sind, wird der PRAC die Empfehlungen an die Koordinierungsgruppe für Verfahren der gegenseitigen Anerkennung und dezentrale Verfahren (CMDh) weiterleiten, die eine Position verabschieden wird. Die CMDh ist eine Institution, die alle EU-Mitgliedsstaaten einschließlich Island, Lichtenstein und Norwegen repräsentiert. Sie ist verantwortlich für die Sicherstellung einheitlicher Sicherheitsstandards für alle Arzneimittel, die im Rahmen nationaler Verfahren in Europa zugelassen sind.

Details zu dem Verfahren können unter folgendem Link bei der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) abgerufen werden:

EMA starts new review of hydroxyethyl-starch containing medicines