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Kein Schichtwechsel für Migräneure! Zirkadiane Rhythmen von Migränepatienten unterscheiden sich von Gesunden und sind weniger flexibel

Original Titel:
Chronotypes and circadian timing in migraine.

Es wurde schon in früheren Studien beobachtet, dass Migräneattacken einem Muster im Tagesverlauf folgen. Dies könnte mit dem individuellen Tag-Nacht-Rhythmus (dem Chronotyp) zusammenhängen. Eine niederländische Forschergruppe um Dr. Lammers, Neurologe und Direktor des Schlaf-Wachzentrums SEIN in Heemstede, untersuchte nun individuelle Chronotypen, die Stabilität der jeweiligen Tag-Nacht-Rhythmen und den Zeitpunkt von Migräneattacken innerhalb des persönlichen Musters in einer großen und gut beschriebenen Gruppe von Patienten mit Migräne.

Die Teilnehmer waren 2875 Migränepatienten und 200 kopfschmerzfreie Kontrollen. Bei diesen wurden die Tag-Nacht-Rhythmen detailliert untersucht, mit Fokus auf der Verteilung der Chronotypen in den Gruppen (Münchner Chronotypfragebogen), der Stabilität und Größe der zirkadianen Rhythmen (Fragebogen zum zirkadianen Typus) und dem Zeitpunkt der Migräneattacken. Beim Vergleich dieser Daten wurden Faktoren wie Alter, Geschlecht, Schlafqualität und Depression mitberücksichtigt.

Migränepatienten gehören häufiger zu den frühen oder späten Chronotypen im Vergleich zu Kontrollen. Früh aktiv waren dabei etwa die Hälfte der Patienten versus etwas mehr als ein Drittel der Kontrollen. Die Kontrollen gehörten dagegen öfter zum normalen Chronotypus (23 % versus 13 %). Ähnlich viele der beiden Gruppen waren eher spätnachts aktiv (38 % der Patienten,  38 % der Kontrollen). Das Quotenverhältnis dafür, dass ein Migränepatient früh aktiv statt zum ‘normalen’ Chronotypus gehörte, war 2,4, dafür eher spät aktiv zu sein betrug der Wert 1,7. Menschen mit Migräne folgen damit häufig nicht dem Tag-Nacht-Rhythmus der gesunden Menschen. Die Wissenschaftler untersuchten anschließen die Müdigkeit der Patienten nach einem Wechsel im Tag-Nacht-Rhythmus (wie zum Beispiel bei einem Jet-Lag oder Schichtwechsel). Vor allem Patienten mit häufigen Attacken waren müder und kraftloser nach einem solchen Wechsel und kamen schlechter damit zurecht, zu ungewöhnlichen Zeiten aktiv sein zu müssen (sie waren eher rigide) als Kontrollen. Von den 2389 Migränepatienten berichteten 964 (40 %), dass ihre Attacken typischerweise am frühen Morgen begannen.

Migränepatienten folgen seltener dem normalen Chronotypus als Kontrollen. Sie sind erschöpfter und unflexibler bei Änderungen in ihrem Tag-Nacht-Rhythmus. Die meisten Migräneattacken beginnen am frühen Morgen. Diese Daten deuten auf einen der Migräneerkrankung zugrundeliegenden chronobiologischen Mechanismus. Diese Informationen bieten eine verbesserte Grundlage für weitere Untersuchungen zum Verständnis der Migräne und möglicher neue Therapieansätze. Die Studie bietet aber auch Patienten einen Einblick in ihre eigene Normalität: der Migränepatient kann nicht unbedingt so einfach seinen Rhythmus ändern und Aktivitäten zu den falschen Zeiten wegstecken wie man das von Gesunden kennt. Eventuell kann dieses Wissen zu einer besseren Schlaf- und Tagesrhythmushygiene beitragen und sich damit auch positiv auf die Schwere und Häufigkeit der Migräneattacken auswirken.

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