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Neue Strategien für neue Hoffnung: was lief bisher falsch bei den klinischen Studien neuer Alzheimertherapien?

Original Titel:
Analysis of recent failures of disease modifying therapies in Alzheimer's disease suggesting a new methodology for future studies

Zusammenfassend legen die Daten aus früheren Studien, ob in Maus oder Mensch, nahe, dass die neuesten Alzheimermedikamente wirksam sein sollten. Diese Wirkung müsste also auch messbar sein. Die Autoren finden mehrere Ansatzpunkte, an denen die Methodik klinischer Alzheimerstudien sinnvoller gestaltet werden könnte. Mit inzwischen verbesserter Früherkennung, besserer Einordnung der Patientengruppen und realistischeren Behandlungszielen könnten damit zukünftig die neuen Mittel womöglich wertvoller sein, als man bisher sehen konnte. Es bleibt also weiter spannend, und auch weiterhin wird man als betroffener Mensch auf diese neueren Therapien hoffen dürfen.


Pharmazeutische Firmen und die medizinische Forschungsförderung vieler Staaten haben viel in neuartige Therapieansätze für die Alzheimererkrankung investiert. Die aktuellen, eigentlich vielversprechenden krankheitsmodifizierenden Behandlungen vor allem aus der Biotechnologie (Biologika) sind allerdings bisher in den placebokontrollierten klinischen Studien der Phase III gescheitert. In dieser Phase der Studien wird üblicherweise die Langzeitwirkung der Behandlung untersucht. Allerdings waren die Therapien hierbei nicht überzeugend genug. Die Messungen der Denkleistung der teilnehmenden Patienten zeigten also nicht deutlich genug Veränderungen, die für einen Behandlungserfolg sprächen.  Diese niederschmetternden Ergebnisse sind sehr überraschend, da die meisten der Medikamente durchaus auf Krankheitsanzeichen wie die Betaamyloidbelastung (die sogenannten Alzheimer-Plaques) einwirken und auch in präklinischen Studien sehr vielversprechend schienen. Alles deutete darauf hin, dass mit diesen Neuentwicklungen ein Fortschreiten der Alzheimererkrankung gestoppt werden könnte.

Neuentwicklungen gegen die Alzheimerdemenz: weshalb sind sie theoretisch wirksam, praktisch aber scheinbar wertlos?

Diesen Widerspruch nahmen Dr. Amanatkar und Kollegen von der psychiatrischen Abteilung der Medizinischen Fakultät der Universität von Saint Louis in den USA zum Anlass, die klinischen Studien der verschiedensten Phasen mit unterschiedlichen neuen Therapieansätzen genauer zu analysieren. Sie überprüften Studien mit intravenöser Immunoglobulinbehandlung (IVIG), Bapineuzumab, Solanezumab, Avagacestat und Latrepirdin, um herauszufinden, wie diese Medikamente oder aber die Studienstrategien scheitern konnten.

Die Forscher fanden mehrere Punkte, die eventuell wesentliche Knackpunkte waren. Zum einen ist die Gruppe der Alzheimerpatienten sehr uneinheitlich. Der Vergleich des Fortschreitens der Erkrankung ist aber nur möglich, wenn die Patienten auch möglichst vergleichbar sind. Sonst kommen zu viele verschiedene Aspekte, von Begleit- und Vorerkrankungen, über Lebenswandel bis hin zu genetischer Veranlagung ins Spiel, die die Analyse erschweren und damit die Messung des eigentlichen Zieleffekts unmöglich machen könnten.

Ergebnis der Übersichtsstudie: viele Hürden erschweren die Messung der Medikamentenwirkung

Gleichzeitig wurde in den meisten Studien ein sehr hohes Ziel gesetzt, nämlich die Verbesserung der Denkleistung im Vergleich zu dem Studienbeginn. Stattdessen schlagen die Wissenschaftler nun vor, zu beobachten, wie stark der Abbau der Denkleistung ist und ob dieser durch die Behandlung eventuell geringer ausfällt. Immerhin ist ein Abbau der Denkleistung mit zunehmendem Alter durchaus normal, daher kann eine Verbesserung der Denkleistung bei älteren Patienten übertrieben hohe Ansprüche an die Wirkung eines Medikaments stellen.

Das zu hoch gestecktes Ziel ‚Denkleistung verbessern‘ scheint kaum realistisch, aber den Abbau der Denkleistung verringern wäre auch wertvoll

Inzwischen kristallisiert sich auch mehr und mehr heraus, dass die Behandlung früher einsetzen sollte: bei den frühesten Formen der Alzheimererkrankung oder den Menschen mit genetischer Veranlagung ohne aktive Erkrankung.

Auch sollten die Studien über längere Zeiträume geführt werden, um eine messbare Entwicklung der Krankheitsverläufe zu erlauben. Neuere Studien, die aktuell mit Patienten mit erhöhtem Risiko für die Alzheimererkrankung beginnen, sind auch auf 4 Jahre angelegt. Wenn gleichzeitig die Teilnehmer einer klar umschriebenen Gruppe angehören (z. B. mit einem genetischen Marker, der die Wahrscheinlichkeit für die Erkrankung deutlich erhöht, aber noch ohne aktive Krankheitsanzeichen), bieten sich bessere Chancen, frühe Anzeichen der Erkrankung, den Verlauf der gesunden oder aber nicht normalen Alterung regelmäßig oder kontinuierlich zu beobachten und dabei die Wirkung der getesteten Medikamente zu evaluieren.

Der richtige Zeitpunkt mit den richtigen Patienten: früher das Risiko erkennen, länger behandeln und untersuchen

Ebenso sollten die Effekte der Substanzen aber auch in den Alltagsfähigkeiten (mit Tests wie dem ADCS) der Teilnehmer überprüft werden. Immerhin könnten die bisher größten Hoffnungsträger im Kampf gegen die Alzheimererkrankung am deutlichsten dann ihr Potential zeigen, wo die Erkrankten am deutlichsten leiden, nämlich in den Aktivitäten des normalen Lebens. Schließlich müsste auch nach Behandlungsende überprüft werden, ob die Erkrankung aufflammt, nachdem die Wirkung der Medikamente nachlässt.

Zusammenfassend legen die Daten aus früheren Studien, ob in Maus oder Mensch, nahe, dass die neuesten Alzheimermedikamente wirksam sein sollten. Diese Wirkung müsste also auch messbar sein. Die Autoren finden mehrere Ansatzpunkte, an denen die Methodik klinischer Alzheimerstudien sinnvoller gestaltet werden könnte. Mit inzwischen verbesserter Früherkennung, besserer Einordnung der Patientengruppen und realistischeren Behandlungszielen könnten damit zukünftig die neuen Mittel womöglich wertvoller sein, als man bisher sehen konnte. Es bleibt also weiter spannend, und auch weiterhin wird man als betroffener Mensch auf diese neueren Therapien hoffen dürfen.

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