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Ein winziges Drahtgeflecht hilft lebenslang

Im Bad Oeynhausener Kinderherzzentrum gilt den Frühgeborenen ganz besondere Aufmerksamkeit – Bewährte Katheterverfahren auf dem neuesten Stand

Das winzige Schirmchen, das Oberarzt Dr. Majed Kanaan mit dem Katheter in Michels (1) kleines Herz eingesetzt und exakt platziert hat, besteht aus einem Geflecht aus nur einem einzigen, speziell geformten und sehr feinen Metalldraht. Es verschließt die nach Michels Geburt offen gebliebene Gefäßverbindung zwischen Hauptschlagader (Aorta) und Lungenarterie dauerhaft, schonend, passgenau und stabil. Der nur 30-minütige Eingriff wurde ohne Vollnarkose im Bad Oeynhausener Kinderherzzentrum am Herz- und Diabeteszentrum NRW (HDZ NRW) durchgeführt. Mehr als 40 Patienten mit ähnlicher Diagnose wie Michel werden jährlich mit diesem speziellen Herzkathetereingriff in Bad Oeynhausen behandelt.

„Wir hatten eine Chance, weil sich die Behandlungsmöglichkeiten für sehr kleine Frühchen wie Michel so enorm verbessert haben, sagt seine Mutter Nadine Peitz. Das Loch im Herzen ihres Sohnes wurde mit einem weltweit neu entwickelten Schirmchen verschlossen. Der kleine Junge startete fast vier Monate zu früh ins Leben, während der 24. Schwangerschaftswoche am 9. November 2016. „Er wog nur 650 Gramm“. Weniger als ein Prozent der Kinder, die jährlich in Deutschland geboren werden, kommen noch vor der 32. Schwangerschaftswoche zur Welt. Häufig leiden sie unter mehreren Beeinträchtigungen der Organfunktionen oder Fehlbildungen von Organen. Michels Diagnose der Herzspezialisten hat einen komplizierten Namen: Persistierender Ductus arteriosus, kurz PDA.

Von einem PDA sprechen die Ärzte, wenn sich die Gefäßverbindung zwischen der Hauptschlagader und der Lungenarterie nicht, wie üblich, in den ersten Tagen nach der Geburt verschließt. „Da die Lunge beim Ungeborenen noch nicht belüftet ist, fließt das Blut zunächst aus der Lungenschlagader direkt in die Aorta“, erläutert Dr. Kanaan, Leiter des Kinderherzkatheterlabors am HDZ NRW. „Bei Frühgeborenen verschließt sich der Ductus häufig nicht. Das gefährdet die Herz-Kreislauffunktion.“

Je nach Größe der Öffnung und den damit verbundenen Komplikationen ist im Falle eines PDA eine medikamentöse, eine chirurgische oder eine interventionelle Therapie erforderlich. „Eine schonende Lösung ist das beschriebene etablierte Herzkatheterverfahren“, sagt PD Dr. Kai-Thorsten Laser, stellv. Klinikdirektor der Kinderkardiologie. Aber auch für operative Eingriffe ist das Kinderherzzentrum bestens aufgestellt: Unter der Leitung von Dr. Eugen Sandica und seinem erfahrenen Team wurden bereits Frühgeborene mit einem Körpergewicht von unter 1.500 Gramm operiert.

Winzige Weltneuheit

Das innovative Katheterschirmchen, das jetzt erstmals aus nur einem einzigen, sehr feinen Nitinol-Draht ohne Verbindungsnaben geformt ist (Hersteller: pfm) und dadurch größere Stabilität sowie eine geringe Komplikationsrate verspricht, verbleibt dauerhaft im Körper ohne Beeinträchtigungen durch das Wachstum. „Wann ein PDA-Verschluss durchgeführt und welche Methode die richtige ist, beschließen wir grundsätzlich gemeinsam im Austausch zwischen der Kinderkardiologie und der Kinderherzchirurgie des HDZ NRW“, betont Dr. Majed Kanaan. „Für jeden Patienten wird so die individuell am besten geeignete Therapie festgelegt, die das Kind am wenigsten belastet und langfristig die beste Lebensqualität verspricht.“

Für Michel war jetzt, im Alter von einem Jahr und neun Monaten, der am besten geeignete Zeitpunkt, um das Problem an seinem Herzen zu lösen. „Nach der Geburt wäre er dazu zu schwach gewesen. Und es galt auch noch, andere Beeinträchtigungen zu überwinden, mit denen Frühchen üblicherweise zu kämpfen und die zu Entwicklungsverzögerungen geführt haben. Das wollen wir jetzt zu Hause in aller Ruhe nach und nach aufholen“, sagt seine Mutter. Der kleine Sonnenschein hat den Herzkathetereingriff mit Bravour gemeistert und darf nach nur vier Tagen Klinikaufenthalt nach Hause entlassen werden.