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Erste Gentherapie gegen Krebs kommt nach Ostbayern

In Europa wurden jüngst die ersten Gentherapien zur Krebsbehandlung zugelassen. Das Universitätsklinikum Regensburg (UKR) wird als eine von wenigen Kliniken in Deutschland eine dieser in Israel, Europa und USA entwickelten CAR-T-Zelltherapien bei Lymphompatienten einsetzen. Damit künftig für mehr Krebsarten solche vielversprechenden Therapien zur Verfügung stehen, hat zudem das am UKR angesiedelte Regensburger Centrum für Interventionelle Immunologie (RCI) der Universität Regensburg nun den Lehrstuhl für Gen-Immuntherapie geschaffen und mit einem Pionier auf diesem Gebiet besetzt.

Krebs ohne Tumor – der Weltlymphomtag am 15. September 2018 rückt eine vergleichsweise seltene Krebserkrankung des blutbildenden Systems in den Fokus der Öffentlichkeit. Gegen ein Lymphom, das umgangssprachlich auch als Lymphdrüsenkrebs bezeichnet wird, kann das Skalpell nichts ausrichten. Bei malignen Lymphomen wirken sich bösartige Tumorzellen zerstörerisch auf einen Teil des Immunsystems aus. Über 20.000 Menschen erkranken daran pro Jahr in Deutschland. In der Regel werden Lymphome hierzulande mit einer Chemotherapie behandelt, auch eine Stammzelltransplantation kann nötig sein. Anders in den USA: Hier gehört die Gentherapie, genauer die CAR-T-Zelltherapie, bereits seit längerem zu den Behandlungsoptionen bei Lymphomen und anderen Krebsarten. Etwa ein Jahr nach der Zulassung von zwei CAR-T-Zelltherapien für Leukämie- und Lymphompatienten in den USA sind diese Behandlungen seit Ende August 2018 auch in Europa zugelassen. Eines dieser Zelltherapeutika wird in Kürze im Universitätsklinikum Regensburg zum Einsatz kommen.

Patienten in Ostbayern profitieren von Expertenwissen aus den USA

Bei der CAR-T-Zelltherapie werden dem Patienten Immunzellen entnommen, in einem Labor mit speziellen Rezeptoren zur Erkennung von Tumorzellen ausgestattet und dem Patienten dann als Transfusion zurückgegeben. Die so veränderten patienteneigenen Abwehrzellen sind nun dazu in der Lage, Krebszellen zu erkennen, anzugreifen und zu zerstören. „Die Zulassung der anti-CD19 CAR-T-Zellen für die Therapie von Lymphomen und Leukämien ist ein großer Fortschritt, denn die CAR-Therapie kann auch dann erfolgreich eingesetzt werden, wenn alle anderen Behandlungsmöglichkeiten bereits erschöpft sind. Sie birgt allerdings auch Risiken, so dass sie derzeit nur in spezialisierten Zentren durchgeführt werden sollte“, beurteilt Professor Dr. Hinrich Abken, der seit Juni 2018 den neuen Lehrstuhl für Gen-Immuntherapie des Regensburger Centrums für Interventionelle Immunologie inne hat, das Potential dieser Therapie. Am UKR wird Privatdozentin Dr. Simone Thomas, Oberärztin der Klinik und Poliklinik für Innere Medizin III, Patienten mit der neuen Therapie behandeln. „Während eines Forschungsaufenthaltes in den USA habe ich Patienten bei der CAR-T-Zelltherapie ärztlich begleitet. Ich war beeindruckt von den vielversprechenden Verläufen und habe wertvolle Erfahrungen beim Umgang mit Nebenwirkungen gesammelt“, berichtet PD Dr. Thomas, die selbst zur CAR-T-Zelltherapie forscht und eine der ersten deutschen klinischen Studien zu einer solchen Gentherapie für Patienten mit Leukämien und Multiplem Myelom leitet. Professor Dr. Wolfgang Herr, Direktor der Klinik und Poliklinik für Innere Medizin III ist sehr zuversichtlich, dass „voraussichtlich Anfang 2019 Patienten, die an einem mehrfach vorbehandelten, diffus großzelligen oder einem primär mediastinalen B-Zell-Lymphom leiden, im UKR mit der neuen CAR-T-Zell-Therapie aus den USA behandelt werden können – verbunden mit der Hoffnung, dass ein solches Zelltherapeutikum zukünftig auch für weitere Krebsarten verfügbar sein wird“.

Regensburg: Schmiede zukünftiger innovativer Krebstherapien

Wissenschaftler des Universitätsklinikums Regensburg und des RCI sind bei der Erforschung, Entwicklung und nun auch der Anwendung neuer Immuntherapieansätze gegen Krebs an vorderster Front beteiligt. Das José-Carreras-Centrum für Somatische Zelltherapie (JCC) ist als Einrichtung des RCI auf die Herstellung von Zelltherapeutika und Arzneimitteln für solch neuartige Therapien spezialisiert. Damit gehört Regensburg in Deutschland zu den Leuchttürmen in der Interventionellen Immunologie. Mit Professor Dr. Hinrich Abken wurde diese Kompetenz nun um einen Pionier auf dem Gebiet der CAR-T-Zelltherapie verstärkt. „Bei soliden Tumoren ist die Wirksamkeit der CAR-T-Zelltherapie aus unterschiedlichen Gründen derzeit noch sehr begrenzt. Wir wollen diese Hürden überwinden, indem wir die Herstellung der CAR-T-Zellen optimieren, das Wirkprinzip analysieren und ihre therapeutische Anwendung auch für weitere Krebserkrankungen und solide Tumoren ermöglichen. Das würde unsere derzeitigen Behandlungsmöglichkeiten revolutionieren“, fasst Professor Dr. Abken seine Forschungsziele zusammen.
Der ehemalige Professor für Tumorgenetik sowie Leiter des Labors für Tumorgenetik und Immunologie des Universitätsklinikums Köln widmet sich diesem Therapiekonzept bereits seit über 25 Jahren. Er hat wesentlich zu dessen Entwicklung beigetragen, indem er unter anderem verschiedene CAR-Generationen mitentwickelt, ihre Wirksamkeit nachgewiesen und den Einsatz der Zelltherapeutika in klinischen Studien erst ermöglicht hat. Gemeinsam mit den Wissenschaftlern und Medizinern des RCI, des JCC, des UKR und mit weiteren Kooperationspartnern arbeitet Professor Dr. Abken in Regensburg nun daran, die Krebstherapie der Zukunft schonender und wirksamer zu machen.