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Ein Antikörper gegen Interleukin-6 als potentieller neuer Wirkstoff für die Behandlung von Morbus Crohn

Original Titel:
Randomised trial and open-label extension study of an anti-interleukin-6 antibody in Crohn's disease (ANDANTE I and II).

DGP – PF-04236921 ist ein neuer Wirkstoffkandidat für die Behandlung von Morbus Crohn. In der vorliegenden, klinischen Studie wurde der Wirkstoff bei Patienten mit mittelschwerem bis schwerem Morbus Crohn, die nicht mit TNF-Hemmern behandelt werden konnten, geprüft. Dabei zeigte sich, dass viele Patienten auf den Wirkstoff ansprachen und dass dieser auch auf längere Sicht Erfolge erzielen konnte. Allerdings war die Anwendung von PF-04236921 auch mit einigen Nebenwirkungen verbunden.


Patienten mit Morbus Crohn, bei denen die klassischen Wirkstoffe nicht ausreichend wirken, werden häufig mit sogenannten TNF (Tumornekrosefaktor)-Hemmern behandelt. Diese hemmen, wie der Name es sagt, den Botenstoff des Immunsystems TNF. Trotz der allgemeinen guten Wirksamkeit von TNF-Hemmern sprechen einige Patienten nicht auf diese an oder vertragen sie nicht. Diese Patienten müssen dann auf einen anderen TNF-Hemmer oder auf ein anderes Medikament, welches über einen anderen Wirkmechanismus wirkt, umsteigen. Derzeit wird getestet, ob sich hierfür der Wirkstoff PF-04236921 eignen könnte. PF-04236921 ist ein Antikörper, der an Interleukin-6 bindet und dieses so an seiner Funktion hindert. Da Interleukin-6 für die Regulation der Immunantwort von Bedeutung ist, wird angenommen, dass PF-04236921 eine entzündungshemmende Wirkung besitzt. Daher handelt es sich bei diesem Antikörper um einen neuen Kandidaten für die Behandlung der chronischen Darmentzündung Morbus Crohn. Die erste Phase, die zur Zulassung eines neuen Medikamentes nötig ist, hat PF-04236921 bereits erfolgreich hinter sich. Freiwillige gesunde Teilnehmer haben die PF-04236921-Injektionen gut vertragen und bei Patienten mit rheumatoider Arthritis konnte PF-04236921 einen bestimmten Entzündungswert (C-reaktives Protein) senken.

Forscher untersuchten, ob sich PF-04236921 als möglicher neuer Wirkstoff gegen Morbus Crohn eignen könnte

Ein internationales Forscherteam mit Wissenschaftler aus neun Ländern (Italien, Belgien, USA, Kanada, Schweiz, Israel, Frankreich, Australien und Deutschland) widmete sich nun der Phase 2. Bei einer Phase-2-Studie wird der Wirkstoff erstmalig mit einer kleinen Anzahl an Patienten, die an der Zielerkrankung leiden, getestet. Die Phase-2-Studie für PF-04236921 im Hinblick auf die Behandlung von Morbus Crohn lässt sich in 2 weiteren Studien unterteilen, in die Einleitungs-Studie und die OLE (kurz für open-label extension)-Studie. Mit der Einleitungs-Studie sollte untersucht werden, ob das Krankheitsbild von erwachsenen Patienten mit Morbus Crohn, die nicht ausreichend auf eine Therapie mit TNF-Hemmern ansprachen, durch PF-04236921 verbessert werden konnte. Die zweite Studie (OLE-Studie) befasste sich im Anschluss mit der Langzeitwirkung von PF-04236921.

Morbus Crohn-Patienten bekamen PF-04236921 in unterschiedlichen Dosierungen oder ein Placebo

In der ersten Studie (Einleitungs-Studie) nahmen insgesamt 247 geeignete Patienten teil. Diese wurden in 4 etwa gleich große Gruppen eingeteilt. Je nachdem welcher Gruppe sie zugewiesen wurden, wurden ihnen direkt zu Beginn und nach 28 Tagen entweder 10 mg PF-04236921, 50 mg PF-04236921, 200 mg PF-04236921 oder ein Placebo unter die Haut gespritzt. Da in einer anderen Studie, in der die Wirksamkeit von PF-04236921 bei einer anderen Erkrankung untersucht wurde, Sicherheitsbedenken in Bezug auf hohe Dosen von PF-04236921 aufkamen, wurde die Behandlung mit 200 mg PF-04236921 abgebrochen (Studie von Wallace und Kollegen, 2017 in der medizinischen Fachzeitschrift Annals of the rheumatic diseases veröffentlicht). Hier kam es nämlich zu 3 Todesfällen, bei denen nicht ausgeschlossen werden konnte, dass sie durch die hohe Dosis von PF-04236921 bedingt waren. Die bereits gesammelten Daten wurden aus den Analysen ausgeschlossen.

PF-04236921 erzielte Erfolge im Kampf gegen Morbus Crohn

Die Analyse der restlichen Daten ergab, dass die Krankheitsaktivität, welche mit Hilfe des CDAI (kurz für Crohn’s disease activity index) bestimmt wurde, nach 8 Wochen häufiger bei Patienten deutlich reduziert werden konnte, die mit 50 mg PF-04236921 behandelt wurden, als bei Patienten, die stattdessen ein Placebo bekamen (49,3 % vs. 30,6 %). Dies war auch nach 12-wöchiger Therapie der Fall. Hier konnten bei 47,4 % der Patienten mit 50 mg PF-04236921 die Krankheitsaktivität gesenkt werden, während dies nur bei 28,6 % der Patienten der Placebo-Gruppe möglich war. Nach 12-wöchiger Therapie befanden sich 27,4 % der Patienten, die 50 mg PF-04236921 bekamen, sogar in einer Ruhephase der Erkrankung. Von den Patienten, die statt PF-04236921 ein Placebo bekamen, konnten nur bei 10,9 % die Krankheitssymptome gleichermaßen reduziert werden. Das bedeutet, dass durch die PF-04236921-Therapie 16,5 % Patienten mehr von Krankheitssymptomen befreit werden konnten. Die Dosis von 10 mg PF-04236921 erzielte hingegen keine nennenswerten Erfolge.

PF-04236921 war bei vielen Patienten auch auf längere Sicht wirksam

Bei der zweiten Studie (OLE study) ging es um die längerfristige Wirkung von PF-04236921. Hier konnten die Patienten teilnehmen, die die erste Studie komplett durchlaufen hatten, ohne dass ernste Nebenwirkungen auftraten oder andere Gründe gegen ein Fortfahren der Behandlung sprachen. Diesen Patienten wurde nach der 12-wöchigen Einleitungs-Studie alle 8 Wochen 50 mg PF-04236921 gespritzt. Diese geschah bis zu 6-mal. Anschließend wurden die Patienten weitere 28 Wochen lang beobachtet. Von den Patienten, die die erste Studie komplett abgeschlossen hatten, nahmen 191 an der zweiten Studie teil. 89 von ihnen sprachen in der ersten Studie auf PF-04236921 an. Von diesen Patienten sprachen 40 % auch nach 48 Wochen noch weiterhin auf PF-04236921 an und 32 % befanden sich in einer Ruhephase der Erkrankung.

Die Behandlung mit PF-04236921 war jedoch nicht frei von Nebenwirkungen

Was die Nebenwirkungen der PF-04236921-Behandlung betrifft, so waren diese nicht selten. 30,4 % der Patienten litten während der OLE-Studie an schweren Nebenwirkungen. In beiden Studien traten Verschlechterungen der Krankheitssymptome von Morbus Crohn, Schmerzen im Unterleib und Entzündungen des Nasen- und Rachenraums auf. Besonders bedenklich waren Abszesse und Löcher im Magen-Darm-Trakt, die bei insgesamt 16 Patienten, die PF-04236921 bekamen, auftraten.

Die Behandlung mit PF-04236921 (mit einer Dosis von 50 mg) konnte bei einigen Patienten mit mittelschwerem bis schwerem Morbus Crohn, die nicht mit TNF-Hemmern behandelt werden konnten, die Krankheitssymptome reduzieren und sogar die Erkrankung in eine Ruhephase versetzten. Die Behandlung mit PF-04236921 führte jedoch auch zu einigen Nebenwirkungen. Bei der weiteren klinischen Entwicklung des Wirkstoffs ist besondere Vorsicht im Hinblick auf die Entstehung von Löchern im Magen-Darm-Trakt geboten.

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