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Lungenfibrose: den Stoffwechselvorgängen bei Wirkstoff Pirfenidon auf der Spur

strong>Die idiopathische pulmonale Lungenfibrose (IPF) ist eine unheilbare Lungenerkrankung mit unbekannter Entstehung und eingeschränkten Therapiemöglichkeiten. Der Wirkstoff Pirfenidon* wurde zur Behandlung der IPF zugelassen, jedoch ist bislang wenig Genaueres über die in der Lunge auftretenden Stoffwechselveränderungen bekannt, die bei Einnahme von Pirfenidon entstehen. In ihrer im European Respiratory Journal veröffentlichten Arbeit begaben sich die Forschenden des Helmholtz Zentrums München und der Abteilung Respiratory Sciences and Critical Care Medicine der Universität Colorado auf die Spur dieser noch unbekannten metabolischen Prozesse und haben hierbei neue Erkenntnisse gewonnen.Für ihre Untersuchungen nutzte das Wissenschaftsteam ein spezielles, hoch auflösendes Bildgebungsverfahren der Massenspektrometrie namens  MALDI-FTICR-MSI**. „Anhand des Verfahrens waren wir in der Lage, endogene und exogene Stoffwechselprodukte gleichzeitig zu erkennen, visualisieren und quantifizieren und zwar sowohl in der Lunge von Mäusen mit experimenteller Fibrose, als auch bei Lungenfibrose-Patienten. So war es uns möglich, die Wirkung einer Behandlung mit Pirfenidon auf Stoffwechselebene zu bewerten“, erläutert Dr. Na Sun aus der Abteilung Analytische Pathologie, gemeinsam mit Dr. Isis E. Fernandez vom Comprehensive Pneumology Center Erstautorin der Studie.

Die Analyse der Stoffwechselwege und die Quantifizierung köpereigener Metabolite zeigten, dass eine Behandlung mit Pirfenidon das Gleichgewicht bestimmter Redoxreaktionen sowie der Glykolyse innerhalb des fibrotischen Lungengewebes wiederherstellt. Zudem reguliert der Wirkstoff den Ascorbat- und Aldaratstoffwechsel. Diese Mechanismen tragen vermutlich zu der erwünschten Verringerung der Kollagenbildung im Bindegewebe der Lunge bei Einnahme von Pirfenidon bei. Die Wissenschaftler entdeckten außerdem spezifische Veränderungen der Stoffwechselwege und hier vor allem auf der Ebenen von Metaboliten.

Das angewandte MALDI-MSI Verfahren bietet einen Vorteil gegenüber herkömmlichen Analysetechniken. „Aufgrund unserer Erfahrungen erachten wir MALDI-MSI als entscheidendes Tool zur räumlichen und zeitlichen Bestimmung des Verhaltens von Wirkstoffen und endogenen Metaboliten. Es ist auf breiter Ebene anwendbar für Studien zur Ermittlung der Effektivität von Wirkstoffen und für das Beleuchten der Stoffwechselvorgänge bioaktiver, kleiner Moleküle, die in die Fibroseentstehung und andere pathologische Vorgänge  involviert sind“, beurteilt Prof. Dr. Axel Walch, Leiter der Abteilung AAP am Helmholtz Zentrum München, die Methode.

„Bei der vorliegenden Studie ist es vor allem die Kombination aus pharmakologischen und metabolischen Methoden, die letztlich zu einem verbesserten Verständnis der Krankheitsmechanismen der Idiopathischen Lungenfibrose, als auch der Wirkmechanismen des Wirkstoffs Pirfenidon führten“, sagt Prof. Oliver Eickelberg, Leiter der Abteilung Respiratory Sciences and Critical Care Medicine der Universität Colorado in Denver, USA. Die Aufklärung der mit Pirfenidon assoziierten Stoffwechselvorgänge und zellulären Mechanismen ermöglicht laut den Autoren darüber hinaus eine Prognose individueller Reaktionen auf antifibrotische Wirkstoffe. Unnötige Nebenwirkungen könnten so zukünftig gezielt vermieden und aktuell bestehende Therapien verbessert werden – ein Gewinn für die Patienten.

Neben den genannten Personen waren seitens des Helmholtz Zentrums München zudem Prof. Dr. Philippe Schmitt-Kopplin und Dr. Michael Witting von der Abteilung Analytische Biogeochemie (BGC) an der Studie beteiligt.

Original-Publikation:
Sun, N. & Fernandez, Isis E. et al. (2018): Pharmacometabolic response to pirfenidone in pulmonary fibrosis detected by MALDI-FTICR-MSI. European Respiratory Journal , DOI. 10.1183/13993003.02314-2017

*Pirfenidon ist ein Wirkstoff zur Behandlung der idiopathischen Lungenfibrose. Es bremst die Lungenfibrose durch Herunterregulation der Produktion von Wachstumsfaktoren und Prokollagenen.

** Matrix-Assisted Laser Desorption/Ionization Fourier-Transform Ion Cyclotron Resonance-Mass Spectrometry Imaging.

Das Helmholtz Zentrum München verfolgt als Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt das Ziel, personalisierte Medizin für die Diagnose, Therapie und Prävention weit verbreiteter Volkskrankheiten wie Diabetes mellitus, Allergien und Lungenerkrankungen zu entwickeln. Dafür untersucht es das Zusammenwirken von Genetik, Umweltfaktoren und Lebensstil. Der Hauptsitz des Zentrums liegt in Neuherberg im Norden Münchens. Das Helmholtz Zentrum München beschäftigt rund 2.300 Mitarbeiter und ist Mitglied der Helmholtz-Gemeinschaft, der 18 naturwissenschaftlich-technische und medizinisch-biologische Forschungszentren mit rund 37.000 Beschäftigten angehören.

Die selbstständige Abteilung Analytische Pathologie (AAP) entwickelt wissenschaftlich in Ergänzung zu klinischen und grundlagenorientierten Forschungseinheiten die translationale Forschung von Erkrankungen, die sich in Geweben manifestieren. AAP beschäftigt sich mit der Übersetzung von z.B. In-vitro-Modellen oder Tiermodellen in die Anwendung am Menschen. So verzahnt AAP die grundlagenorientierte Forschung und die diagnostische Anwendung und übersetzt die Erkenntnisse der experimentellen und molekularen Pathologie in Verfahren der Krankheitstypisierung und prädiktiven Diagnostik am Gewebe.

Die selbstständige Abteilung Analytische Biogeochemie (BGC) untersucht molekulare Wechselwirkungen von Stoffen in Biogeosystemen. Hochauflösende Methoden der organischen Strukturaufklärung ermöglichen zusammen mit Trennverfahren und mathematischen Methoden eine präzise raum- und zeitauflösende Analyse. Ziel ist es, das Verständnis  der molekularen Abläufe in Ökosystemen und die Bestimmung von Biomarkern in Organismen zu verbessern. BGC gehört dem Department of Environmental Sciences an.