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Mehr Sonne bei Multipler Sklerose? Vitamin D-Mangel zeigt sich verstärkt bei Patienten mit stärkerer Behinderung durch Multiple Sklerose

Original Titel:
Vitamin D deficiency is associated with disability and disease progression in multiple sclerosis patients independently of oxidative and nitrosative stress

DGPEin Mangel an Vitamin D ist bekannt als Ursache für erhöhte Infektanfälligkeit, Neigung zu Müdigkeit oder Depressionen, aber auch für schlechte Wundheilung. Ob ein Mangel an Vitamin D bei Patienten der Multiplen Sklerose mit dem Schweregrad der Behinderung zusammenhängen könnte, untersuchten daher nun Forscher von der staatlichen Universität von Londrina in Brasilien um Dr. Oliveira.


Ein Mangel an Vitamin D ist bekannt als Ursache für erhöhte Infektanfälligkeit, Neigung zu Müdigkeit oder Depressionen, aber auch für schlechte Wundheilung. Ein Teil dieser Effekte wird auch dem vermehrten Auflaufen schädlicher Abfallprodukte unseres Stoffwechsels, dem sogenannten oxidativen und nitrosativen Stress, zugeschrieben. Vitamin D soll unter anderem diesen Abfall, die freien Radikalen aus Sauerstoff und Stickstoff, abfangen und neutralisieren können. Das Vitamin ist zusätzlich auch ein entzündungshemmender Faktor, der modulierend auf das Abwehrsystem einwirken kann. Sowohl die ungehinderte Schädlichkeit von freien Radikalen als auch ein Mangel an natürlicher Entzündungshemmung könnten eine Rolle bei chronischen Erkrankungen des Abwehrsystems spielen. Ob bei Patienten der Multiplen Sklerose der Schweregrad der Krankheit mit einem Vitamin D-Mangel zusammenhängen könnte, untersuchten daher Forscher von der staatlichen Universität von Londrina in Brasilien um Dr. Oliveira.

Hängen Vitamin-D-Status und oxidativer Stress mit Behinderung und Schweregrad einer MS zusammen?

Dazu wurden bei 137 Patienten mit Multipler Sklerose und 218 gesunden Kontrollen der Vitamin D-Status sowie verschiedene Blutwerte als Anzeichen für oxidativen und nitrosativen Stress ermittelt. Die Messwerte waren dabei Blutkonzentrationen von Vitamin D (25-Hydroxyvitamin D), aggressiver Stoffwechselprodukte aus dem Fettabbau (lipide Hydroperoxide), dem Eiweißabbau (advanced oxidation protein products, AOPP), von Stickoxidstoffwechselprodukten (nitric oxide metabolites, NOx) sowie von der Gesamtheit von Antioxidantien, die freie Radikale abfangen könnten (total radical-trapping antioxidant parameter, TRAP/UA). Die Schwere der Krankheit wurde mittels des krankheitsbedingten Behinderungsgrad (expanded disability status scale, EDSS) und dem allgemeinen Schweregrad der Multiplen Sklerose (multiple sclerosis severity score, MSSS) ermittelt. Bei beiden Maßen ist die Krankheit umso schwerwiegender, je höher die Werte ausfallen.

Niedrige Vitamin-D-Werte, schwerere Erkrankung

Patienten mit Vitamin D-Konzentrationen unter 20 ng/ml waren stärker durch die auch schwerere Erkrankung eingeschränkt (höhere EDSS-und MSSS-Werte), hatten aber geringere Blutwerte mit Anzeichen für Eiweißabbau (AOPP-Werte) als Patienten mit Vitamin D-Konzentration über 20 ng/ml. Die genauere Analyse zeigte, dass sowohl der Schweregrad als auch der Behinderungsgrad mit dem Vitamin D zusammenhingen. Je niedriger die Vitamin D-Werte  waren, desto höher fiel der Behinderungs- und Schweregrad bei der Erkrankung aus. Dieser Zusammenhang war unabhängig von weiteren Faktoren wie den Anzeichen im Blut für oxidativen/nitrosativen Stress, von Alter, Geschlecht, Übergewicht (BMI), ethnischer Herkunft, bisheriger Behandlung der Multiplen Sklerose, Nutzung von Beta-Interferon oder an welcher Form der Multiplen Sklerose die Patienten litten (beispielsweise schubförmig). Diese Verbindung von Vitamin D und Krankheitsschwere war mit hoher Wahrscheinlichkeit kein zufälliges Ergebnis, wie das mathematische Quotenverhältnis mit einem Wert über 1 (1,380) deutlich zeigte. Wenn die Forscher den Vitamin D-Gehalt der Patienten nutzten, um die Entwicklung der jeweiligen krankheitsbedingten Behinderung vorherzusagen, funktionierte dies für 11,5 % des Anstiegs des krankheitsbedingten Behinderungsgrad (EDSS-Wert). Der Mangel an Vitamin D konnte die Verschlechterung der Erkrankung also erklären.

Mehr Vitamin D gleich weniger Behinderung? Ob der Umkehrschluss wahr ist, ist unklar

Die Daten dieser Studie deuten damit auf eine wichtige Rolle für Vitamin D bei der Multiplen Sklerose. Ein Vitamin D-Mangel kann speziell den Schweregrad und die Zunahme einer Behinderung durch die Multiple Sklerose, unabhängig von weiteren Faktoren, vorhersagen. Es ist allerdings unklar, ob die zusätzliche Einnahme von Vitamin D auch umgekehrt die Krankheitsschwere positiv beeinflussen könnte. Ein solcher Effekt ist allerdings von anderen Autoimmunerkrankungen bekannt. So wird beispielsweise in der Rheumatologie Patienten mit niedrigem Blutwert hochdosiertes Vitamin D zur Unterstützung der Therapie verschrieben. Nun bleibt es den Patienten der Multiplen Sklerose also vorerst überlassen, ihren Vitamin D-Status mit ihrem Arzt gemeinsam zu überprüfen und nach Absprache durch zusätzliche Sonnengänge und viel freier Haut oder durch Nahrungsergänzung nachzubessern, bevor eventuelle weitere Behandlungsansätze über die Vitamin-D-Route wissenschaftlich geklärt worden sind.

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