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Frühe Nutzenbewertung zeigt Schwächen in der Entwicklung neuer Arzneimittel auf

Analyse von 216 AMNOG-Bewertungen im BMJ / Vorschläge für zielführendere Arzneimittel-Entwicklung

Über die Hälfte der Arzneimittel, die seit 2011 in Deutschland auf den Markt kamen, sind ohne belegten Zusatznutzen aus der frühen Nutzenbewertung hervorgegangen. In einer Veröffentlichung im British Medical Journal untersuchen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) anhand der ersten 216 Bewertungen die Gründe für diese ernüchternde Bilanz und entwickeln Verbesserungsvorschläge für die Arzneimittelentwicklung.

„Es gibt drei Gründe für das Fazit ‚Zusatznutzen nicht belegt‘“, erklärt Beate Wieseler, Leiterin des Ressorts Arzneimittelbewertung im IQWiG und Erstautorin des Artikels. „Häufig gibt es schlicht keine Studien, in denen der neue Wirkstoff mit der sogenannten zweckmäßigen Vergleichstherapie verglichen wird, also mit der Standardtherapie für die Erkrankung. Dann wieder gibt es Studien, aber die Vergleichstherapie passt nicht, weil sie zum Beispiel für die untersuchten Patienten gar nicht zugelassen ist. In dieser Situation gibt es keine Informationen, die die Entscheidung von Patienten und Ärzten für eine der vorhandenen Therapiealternativen unterstützen könnten. Bei einem kleineren Teil der Fälle gibt es zwar korrekte vergleichende Studien, aber der neue Wirkstoff zeigt keine eindeutigen Vor- oder Nachteile gegenüber der Standardtherapie.“

Wissenslücken schließen

Ein Grund für diese Informationsdefizite könnten beschleunigte Zulassungsverfahren sein, die immer weniger Zeit lassen, aussagekräftige Daten für die Anwendung der Arzneimittel zu sammeln. Die Hoffnung, die Informationsdefizite ließen sich durch sogenannte Post-marketing-Studien beheben, haben sich bisher nicht erfüllt. Solche Studien werden kaum durchgeführt und veröffentlicht – und wenn doch, bestätigen sie nur selten die Überlegenheit der neuen Wirkstoffe. Wissenslücken nach der Zulassung zu identifizieren und gezielt mit aussagekräftigen Daten zu schließen, ist daher eine ganz wesentliche Aufgabe für die Zukunft.

Die Autorinnen und Autoren empfehlen darüber hinaus, bereits zum Zeitpunkt des Marktzugangs verbindlich aussagekräftige Vergleiche zur Standardbehandlung zu verlangen. Auch neue Ansätze der Arzneimittelentwicklung, die stärker an den Lücken in den Therapiemöglichkeiten bzw. an den Zielen von Gesundheitssystemen orientiert sind, könnten einen Beitrag zur besseren Versorgung von Patientinnen und Patienten leisten.

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