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Chronisch lymphatische Leukämie (CLL): Strategien in einer neuen Ära der Krebstherapie

Original Titel:
CLL2-BXX Phase II trials: sequential, targeted treatment for eradication of minimal residual disease in chronic lymphocytic leukemia

DGP – Zielgerichtete Behandlungen sind gewissermaßen die neuen Wunderwaffen der Krebsmedizin. Unter zielgerichtet versteht man, dass Wirkstoffe so geschaffen wurden, dass sie an spezielle Elemente einer Krebszelle ansetzen. Im Vergleich zu früheren chemotherapeutischen Ansätzen haben sich diese Wirkstoffe als effektiver und gleichzeitig vergleichsweise gut verträglich bei der Behandlung der chronisch lymphatischen Leukämie (CLL) gezeigt. Neue Studien ermitteln die Wirksamkeit einer drei-phasigen, zielgerichteten Behandlung: Tumorlast reduzieren, Induktions- und Erhaltungstherapie.


Zielgerichtete Behandlungen sind gewissermaßen die neuen Wunderwaffen der Krebsmedizin. Unter zielgerichtet versteht man, dass Wirkstoffe so geschaffen wurden, dass sie an spezielle Elemente einer Krebszelle ansetzen. Die Wirkung von Idelalisib beispielsweise erfolgt über eine Hemmung bestimmter Enzyme, nämlich der Phosphoinositid-3-Kinasen PI3K-delta und PI3K-gamma. Diese Eiweiße spielen eine Rolle beim Wachstum, der Wanderung und dem Überleben weißer Blutkörperchen. Da diese Enzyme in den erkrankten Lymphozyten bei einer chronisch lymphatischen Leukämie (CLL) aktiv sind, kann durch die Hemmung durch das zielgerichtete Medikament der Krebs am Wachstum gehindert werden. Der Wirkstoff Ibrutinib dagegen, ein sogenannter Tyrosinkinasehemmer, zielt auf ein anderes Merkmal der erkrankten Leukämiezellen ab, die sogenannte Bruton Tyrosin Kinase (BTK). Venetoclax wiederum ist ein weiterer neuartiger Wirkstoff, der den Eiweißstoff BCL-2 (B-cell lymphoma 2) hemmt und dadurch eine Selbstzerstörung der Krebszellen auslösen kann. Diese drei Klassen von Wirkstoffen werden auch niedermolekulare Wirkstoffe genannt (small molecules), im Gegensatz zu den vergleichsweise großen monoklonalen Antikörpern wie Obinutuzumab oder Ofatumumab. Diese setzen sich gezielt an den CD20-Marker, eine Struktur auf der Oberfläche der Krebszellen.

Neueste Wirkstoffe greifen Krebszellen bei chronisch lymphatischer Leukämie gezielt an

Im Vergleich zu früheren chemotherapeutischen Ansätzen haben sich diese Wirkstoffe als effektiver und gleichzeitig vergleichsweise gut verträglich bei der Behandlung der CLL gezeigt. In vier klinischen Studien der Phase II (clinical trials numbers: NCT02345863, NCT02401503, NCT02445131 and NCT02689141) werden aktuell unterschiedliche Kombinationen von zielgerichteten Therapien zur Behandlung von CLL-Patienten evaluiert. Dabei wurden die Patienten nicht gezielt angesprochen, sondern entsprechend ihrer Ankunft im jeweiligen Klinikum, unabhängig von vorheriger Behandlung, körperlicher Verfassung und genetischen Risikofaktoren, für eine Behandlung berücksichtigt.

Die vier Untersuchungen werden separat in 20 deutschen Kliniken durchgeführt. In jeder Studie nahmen bisher etwa 60 Patienten teil. Patienten mit einer höheren Tumorbelastung starten mit einer Bendamustinbehandlung (Chemotherapie), die die Tumore reduzieren soll. Anschließend wurden eine Induktions- und eine Erhaltungstherapie mit einem Anti-CD20-Antikörper (Obinutuzumab oder Ofatumumab) angesetzt. Dies wird mit einem zielgerichteten, oralen Wirkstoff kombiniert. Dazu werden Ibrutinib, Idelalisib oder Venetoclax eingesetzt. Die Behandlung wird jeweils bis zu einem kompletten Ansprechen oder einer minimalen Restaktivität der Erkrankung fortgeführt – die Krebszellen also effektiv stark reduziert sind. Diese neue Strategie wird also in drei Phasen durchgeführt: erst Tumorlast abbauen, anschließend Induktionsbehandlung, gefolgt von Erhaltungstherapie.

Drei Phasen-Strategie: Tumorlast senken, Induktionsbehandlung, Erhaltungstherapie

Mögliche Wirkstoffkombinationen waren Ibrutinib + Obinutuzumab, Venetoclax + Obinutuzumab, Idelalisib + Obinutuzumab und Ibrutinib + Ofatumumab. Im ersten Behandlungszyklus wird der Antikörper allein gegeben, um mögliche Nebenwirkungen der Kombination zu vermeiden. Nach neueren Richtlinien zum Einsatz von Idelalisib wurde dieser Wirkstoff speziell nur noch nach einem Rückfall oder bei mangelnder Wirksamkeit anderer Behandlungen eingesetzt.

Die Behandlung sollte abhängig von der Restaktivität erfolgen. Sind also nur noch sehr wenige Krebszellen im Blut nachweisbar, kann die Erhaltungstherapie unterbrochen werden. Bisherige Ergebnisse sind in allen vier Studien, teilen die Autoren mit, sehr vielversprechend – mit den erwarteten und bekannten Risiken und Nebenwirkungen. Zwei der Studien sind jedoch noch nicht abgeschlossen (Idelalisib + Obinutuzumab und Ibrutinib + Ofatumumab).

Vielversprechende Ergebnisse der gezielten Behandlung – mit erwarteten und bekannten Risiken und Nebenwirkungen

Grundlegend stellt diese Strategie zur Behandlung der CLL damit eine neue Chance für Patienten dar. Eine erste Behandlung könnte heutzutage also vollkommen anders konzipiert sein als noch vor wenigen Jahren. Klassische Chemotherapie muss nicht mehr der Kern der Behandlung sein. Stattdessen sind zielgerichtete Wirkstoffe, anschließend an eine leichtere Chemotherapie zur Reduktion der Tumorlast, die neue Methode, die ganz individuell zugeschnitten wird und sogar zu einer behandlungsfreien Phase ohne Krankheit führen kann. Wir werden Veröffentlichungen zu diesen Studien weiter berichten.

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