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Keine Evidenz für eine migränelindernde Wirkung psychologischer Interventionen

Original Titel:
Psychological therapies for the prevention of migraine in adults

Kurz & fundiert

  • Psychologische Migräne-Prophylaxe –bringt das was?
  • Studienübersicht und vergleichende Analyse zur psychologischen Therapie
  • 21 Studien mit insgesamt 2 482 Teilnehmern mit Migräne
  • Fazit: keine Evidenz für eine lindernde Wirkung von Psychotherapie bei Migräne

 

DGP – Zusammenfassend fand die Übersichtsstudie schwache Ergebnisse bezüglich psychologischer Behandlungen zum Management von Migräne. Die Migränehäufigkeit wurde nicht durch eine solche Therapie beeinflusst, ebenso waren weitere Faktoren wie Dauer oder Intensität der Migräne, Stimmung und Lebensqualität in Behandlungs- und Kontrollgruppe nicht verschieden. Es ist demnach nicht auszuschließen, dass Psychotherapie bei Migräne nicht besser als eine Kontrollmethode wie beispielsweise Standardbehandlung oder Warteliste ist.


Brauchen Menschen mit Migräne eine psychologische oder psychiatrische Behandlung? Würde eventuell eine Therapie helfen, oder geht doch auch kein Weg um Medikationen herum, die als Prophylaxen eingesetzt werden? Eine ganze Reihe psychologischer Interventionen zum besseren Management von Migräne wurde entwickelt – Forscher untersuchten nun, ob solche Therapieansätze wirksam zur Vorbeugung von Migräne bei Erwachsenen beitragen können.

Psychologische Migräne-Prophylaxe –bringt das was?

Die Experten durchsuchten dazu medizinwissenschaftliche Datenbanken (CENTRAL, MEDLINE, Embase, PsycINFO und CINAHL) nach veröffentlichten Studien. Außerdem durchforsteten sie die Studienregister verschiedener englischsprachiger Länder nach randomisierten, kontrollierten Studien zur psychologischen Behandlung von Migräne bei Erwachsenen. Kontrolliert bedeutete dabei, dass in den Studien eine Vergleichsmethode als Kontrolle mit untersucht wurde – also beispielsweise eine andere aktive Behandlung (psychologisch oder mit Medikamenten), ein sogenanntes Aufmerksamkeits-Placebo (z. B. unterstützende Beratungseinheiten ohne therapeutischen Inhalt) oder ein anderes Placebo (Scheinmedikament), die Standardbehandlung oder eine Warteliste. Für diese vergleichende Analyse zogen die Forscher nur solche Studien heran, die mit mindestens 15 Teilnehmern durchgeführt worden waren.

Studienübersicht und vergleichende Analyse zur psychologischen Therapie

Um die Wirkung der jeweiligen Therapie einschätzen zu können, wurde die Migränehäufigkeit bei Kontrollgruppen und behandelten Gruppen vor und nach der Behandlungsphase verglichen. Außerdem verglichen die Forscher Dauer und Stärke der Migräne, die Medikamenteneinnahme, Lebensqualität und Stimmung der Betroffenen und beurteilten mit standardisierten Tests die Qualität der untersuchten Studien.

Aus 21 Studien mit insgesamt 2 482 Teilnehmern mit Migräne wurden die Studienergebnisse ermittelt. 14 dieser Studien konnten zusammengefasst analysiert werden. Die Mehrzahl der Studien wurde mit Patienten mit und ohne Aura durchgeführt. Typischerweise wurde eine Verhaltenstherapie oder eine kognitive Verhaltenstherapie eingesetzt, meistens im Vergleich zu einer nicht behandelten Gruppe, einer Standardbehandlung oder einer Warteliste. Behandlungen konnten als einzelne 20-minütige Sitzung oder als eine mehrstündige Intervention durchgeführt werden. Sämtliche Studien waren mit einem Risiko für Voreingenommenheit behaftet – die Studienqualität war also häufig recht niedrig. Bei manchen war beispielsweise die Art der zufälligen Zuteilung der Patienten zu einer Behandlungs- oder Kontrollgruppe nicht klar. Studien berichteten auch unterschiedliche Aspekte der Migräneerkrankung und ihrer Linderung.

Niedrige Studienqualität und schwer vergleichbare Studienberichte

So zeigte sich insgesamt keine Evidenz einer Besserung der Häufigkeit durch Psychotherapie bei Migräne (Vergleich von 4 Studien mit insgesamt 681 Teilnehmern, sehr niedrige Qualität der Evidenz). Die Ansprechrate war immerhin höher bei den psychologischen Behandlungen als bei den Kontrollgruppen. Das heißt, mehr Teilnehmer reduzierten ihre Migränehäufigkeit um mehr als die Hälfte mit der psychologischen Behandlung (101/186 Patienten, 54 %) als mit der Kontrollbehandlung (37/152 Patienten, 24 %). Auch dieses Ergebnis basierte allerdings auf 4 Studien (338 Teilnehmer) mit insgesamt sehr niedriger Qualität. Die Stärke der Migräne wurde nicht messbar beeinflusst. Für die Migränedauer lagen keine Berichte vor. Psychologische Behandlungen hatten zudem keinen Effekt auf die Einnahme von Medikamenten (2 Studien, 483 Patienten), auf die Stimmung (4 Studien, 432 Patienten), die Lebensqualität (4 Studien, 565 Patienten) oder Einschränkungen durch die Migräne (6 Studien, 952 Teilnehmer). Unerwünschte Effekte, also mögliche Nebenwirkungen, traten allerdings nicht häufiger bei Therapie (9/107 8 %) oder Kontrolle (30/101, 30 %) auf. Da dies aber auf lediglich zwei qualitativ schwachen Studien basierte, war es auch hier nicht möglich, klare Aussagen zu treffen. Eine Nachbeobachtung erfolgte in nur 4 der Studien. Dabei wurden Patienten nach 4 bis 11 Monaten zu ihrer Migräne befragt. Diese Daten zeigten ebenfalls keine Effekte der psychologischen Behandlung im Vergleich zur Kontrolle.

Fazit: keine Evidenz für eine lindernde Wirkung von Psychotherapie bei Migräne

Zusammenfassend fand die Übersichtsstudie schwache Ergebnisse psychologischer Behandlungen zum Management von Migräne. Die Migränehäufigkeit wurde nicht durch eine solche Therapie beeinflusst, ebenso waren weitere Faktoren wie Dauer oder Intensität der Migräne, Stimmung und Lebensqualität in Behandlungs- und Kontrollgruppe nicht verschieden. Patienten mit psychologischer Behandlung schienen häufiger ihre Migränehäufigkeit zu halbieren (sogenannte Responder) – dies schien aber nur ein kurzfristiger Effekt zu sein, der in der Nachbeobachtung nicht bestätigt werden konnte. Generell fanden die Forscher ein hohes Risiko für Voreingenommenheit in den Studien: Studienplanung und Berichterstattung waren also von sehr niedriger Qualität, durch die Fehler in der Interpretation leicht möglich sind. Entsprechend ist nicht auszuschließen, dass Psychotherapie bei Migräne nicht besser als eine Kontrollmethode wie beispielsweise Standardbehandlung oder Warteliste ist.

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