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Führt Fettleibigkeit zu Alzheimer?

Mithilfe von Apps untersucht die Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie am Universitätsklinikum Frankfurt das Zusammenspiel von Ernährung, körperlicher Aktivität und Hirnleistung bei Patienten mit Diabetes Mellitus 2. Die Studie ist Teil eines mit sechs Millionen Euro geförderten EU-Forschungsprogramms.

In Deutschland erkranken jährlich 500.000 Menschen an Diabetes und 300.000 an Demenz – bei mindestens zwei Dritteln davon handelt es sich um Alzheimerbetroffene. Gibt es einen Zusammenhang zwischen diesen Leiden? Das auf fünf Jahre angelegte EU-Projekt namens PRIME – Prävention und Behandlung von Insulin-Multimorbidität in Europa – wird dieser Frage nachgehen. Konkret erforschen die beteiligten Wissenschaftler, wie Stoffwechselstörungen und Erkrankungen des Gehirns zusammenhängen. Insbesondere Typ-2-Diabetes und Fettleibigkeit stehen im Verdacht, Erkrankungen wie Alzheimer zu fördern. PRIME will herausfinden, wie sich solche Störungen des Gehirns auf veränderte Insulinsignale zurückführen lassen und wie dies mit körperlichen Krankheiten in Verbindung steht. Es handelt sich um ein Forschungsprojekt, an dem 17 verschiedene Hochschul- und Privatsektorgruppen aus neun europäischen Ländern beteiligt sind. Gemeinsam erhalten Sie aus dem EU-Programm Horizont 2020 sechs Millionen Euro für den Projektzeitraum 2020 bis 2024. Das Team am Universitätsklinikum Frankfurt leitet das Teilprojekt Intervention und integrative Modellbildung. Es wird durchgeführt an der Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie unter der Leitung von Prof. Andreas Reif. Projektleiterin ist Dr. Silke Matura.

Hoher Body-Mass-Index verschlechtert Hirnleistung

Die Frankfurter Forscher wollen mit einer Smartphone-basierten Methode Diabetes-Mellitus-2-Patienten untersuchen. Schon frühere Arbeiten haben gezeigt, dass Menschen mit einem niedrigeren Body-Mass-Index, die sich angemessen ernähren und regelmäßig körperlich aktiv sind, eine bessere Hirnleistung haben. Aufbauend darauf wird das Team nun die Wirkzusammenhänge zwischen diesen zwei Faktoren ermitteln. Konkret sollen die Untersuchungen feststellen, wie sich diese sogenannten Lifestyle-Variablen auf die Erkrankung und die Hirnleistung auswirken. Weitere wichtige Komponenten neben Ernährung und Bewegung sind der sozioökonomische Status und das Alter.

mHealth-App erfasst den gesamten Lebensstil

Es werden verschiedene Methoden eingesetzt, um möglichst genaue Untersuchungsergebnisse zu erzielen. Ein Beschleunigungssensor – Accelerometer – erfasst die Bewegungsdaten über die App movisens xs. Gleichzeitig erfasst die App, die für das bereits laufende EU-Projekt Eat2beNice entwickelt wurde, Daten zur Ernährung, zum Stressempfinden, zur momentanen Stimmung und zur kognitiven Leistung. Dies tut sie anhand von Abfragen über eine Woche mehrmals pro Tag bei achtzig Patienten mit Diabetes Mellitus 2. Zudem erfasst sie, wie gut Patienten bestimmte Aufgaben ausführen.

Außerdem werden die Auswirkungen von Alter, Geschlecht, sozioökonomischem Status und Krankheitswerten berücksichtigt. Dazu gehören der Schweregrad zu Studienbeginn und die Krankheitsdauer. Quantitativ wird dann analysiert, welche Auswirkungen der Lebensstil auf die Erkrankung hat.

Vergleich: Diabetiker und gesunde Studienteilnehmer

Die erfassten Daten werden mit den Ergebnissen der Eat2beNice-Probe verglichen. Denn dieses EU-Projekt untersucht bereits die Auswirkungen von Ernährung und Lebensstil auf Verhaltensmuster und Eigenschaften, die bei psychischen Störungen besonders ausgeprägt sind, zum Beispiel Impulsivität. An dieser Studie sind 200 gesunde Personen beteiligt im Alter von 18 bis 65 Jahren ohne somatische und psychiatrische Störungen. Der Vergleich der Daten aus beiden Studien gibt Aufschluss darüber, ob sich das Zusammenspiel der verschiedenen Lifestyle-Faktoren bei Patienten mit Diabetes Mellitus 2 anders auswirkt als bei Gesunden.

Bei infrage kommenden Patienten für die PRIME-Studie darf erst kürzlich Diabetes Mellitus 2 diagnostiziert worden sein, sodass sie noch keine krankheitsspezifischen Medikamente erhalten. Auf diese Weise können die Daten unmittelbar und unverfälscht den Ergebnissen der gesunden Eat2beNice-Teilnehmer gegenübergestellt werden.

Fortschrittliche Forschungsinstrumente: Smartphone-Apps

Die mobile Anwendung erlaubt nicht nur, alle Untersuchungsvariablen in Echtzeit digitalisiert zu erfassen, sondern auch, sie direkt auszuwerten. Dank der Berücksichtigung solch facettenreicher Faktoren wie Bewegung oder Ernährung können die Wirkzusammenhänge von Störungen des Körpers auf das Gehirn aufgedeckt werden. Deren Verständnis soll es ermöglichen, gezielte Interventions- beziehungsweise Verhaltensanpassungsprogramme für Patienten mit Diabetes Mellitus 2 zu entwickeln.