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COVID-19 Studie mit neuem Ansatz: CORON-ACT-Studie

Eine multizentrische Studie initiiert durch die Universitätsklinik RIA am Inselspital, Universitätsspital Bern untersucht die Wirkung von Tocilizumab auf hospitalisierte COVID-19-Patienten. In der COVID-19-Therapie wird dringend ein Mittel benötigt, das die oft auftretende, dramatische Verschlechterung des Zustandes nach einer Virusinfektion aufhalten oder ganz vermeiden kann. Tocilizumab ist ein geeigneter Kandidat für diese Anwendung. Das Medikament ist seit Jahren bekannt und im Einsatz z.B. gegen rheumatoide Arthritis erprobt.

Als zum Jahresbeginn 2020 die COVID-19-Fallzahlen weltweit hochschnellten, begann eine fieberhafte Suche nach geeigneten Therapiemassnahmen. Eine Gruppe von Forschenden um den Berner Prof. Dr. med. Peter Villiger, Klinikdirektor und Chefarzt der Universitätsklinik für Rheumatologie, Immunologie und Allergologie (RIA) am Inselspital Bern, startete die Studie CORON-ACT, eine multizentrische, doppelblinde, randomisierte, kontrollierte Phase II Studie zur Wirksamkeit und Sicherheit von Tocilizumab. Der Wirkstoff wird unter dem Namen Actemra von Roche vermarktet und wird seit Jahren zur Behandlung der Polyarthritis (Rheumatoide Arthritis) und der Riesenzellarteriitis verwendet.

Therapieansatz

Während zunächst die meisten Strategien auf die Bekämpfung des SARS-CoV-2 fokussierten, wurde schon früh klar, dass die oft beobachtete, dramatische Verschlechterung des Gesundheitszustandes nach einer initialen grippalen Krankheitsphase noch zu wenig untersucht war. Es galt herauszufinden, was diese Verschlechterung verursachte und welche Massnahmen dagegen erfolgsversprechend sein könnten. Eine Strategie zur Immunmodulation wurde gewählt. Als Vertreter aus der Gruppe der monoklonalen Antikörper wurde Tocilizumab gewählt, das aus der jahrelangen Anwendung im Bereich der Rheumatologie und Immunologie im Verhalten und in der Verträglichkeit bestens bekannt ist. Villigers Anliegen ist es, die ersten Hinweise in einer wissenschaftlich soliden Studie zu prüfen: «Aus Wuhan und Italien sind Ergebnisse von Fallserien verfügbar, die einen positiven Effekt vermuten lassen. Nun geht es darum, mit CORON-ACT in einer State-of-the-Art Studie den wissenschaftlichen Nachweis zu erbringen. »

Koordinierter Effort

Innert kürzester Zeit gelang es Peter Villiger und seinem Team, Forschende am CHUV in Lausanne (Zuständig: Dr. Loïc Lhopitallier, Infektiologie), am Universitätsspital Zürich (Zuständig: PD Dr. Dominique Braun, Infektiologie) und am Kantonsspital Tessin in Lugano (Zuständig: Dr. Gianluca Vanini, Immunologie) für den multizentrischen Ansatz zu gewinnen. Die Studie geniesst grosse Aufmerksamkeit sowohl von behördlicher Seite im Bundesamt für Gesundheit, wie auch von Seiten der Privatwirtschaft. Der Stv. Klinikleiter Infektiologie am CHUV, Loïc Lhopitallier, sagt: «Ich bin zuversichtlich, was die Wirksamkeit von Tocilizumab betrifft und hoffe auf eine rasche Durchführung der Studie. Die Zentren sind gut gewählt. Sie erlauben einen überregionalen Blick auf die Problematik».

Ausblick

Die Studie ist so angelegt, dass jeweils nach 10 Patienteneinschlüssen eine statistische Auswertung durchgeführt wird. Sobald eine klare Evidenz für (oder gegen) die Wirksamkeit von Tocilizumab nachgewiesen werden kann, wird die Studie abgeschlossen. Einschlusskriterien sind Alter zwischen 30 bis 80 Jahren, wobei 30 bis 59 Jährige nur dann eingeschlossen werden, wenn sie Risikofaktoren haben; ab 60 Jahren qualifizieren alle Betroffenen, falls sich die Erkrankung plötzlich verschlechtert. Schon konnten die ersten 5 Patienten rekrutiert werden. Weitere Probanden, bis maximal 100 Personen, werden nun eingeschlossen. Gianluca Vanini am Kantonspital Tessin in Lugano hält fest: «Wir sind froh, dass sich die zunächst sehr dramatische Situation nun etwas beruhigt hat. Zugleich möchten wir unbedingt zusätzliche Mittel an der Hand haben, falls sich SARS-CoV-2 wieder ausbreiten sollte. Tocilizumab scheint ein hervorragender Kandidat zu sein. » Dank dem gemeinsamen Effort in Bern, Lausanne, Zürich und Lugano soll sich die prekäre Lage des vergangenen März und April nicht wiederholen, sind sich die Forschenden einig.

Experte:

  • Prof. Dr. med. Peter Villiger, Direktor Universitätsklinik für Rheumatologie, Immunologie und Allergologie, Inselspital, Universitätsspital Bern