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Chronische Erkrankungen des Bewegungsapparats besser verstehen und gezielter behandeln

Im Verbundprojekt MESINFLAME wollen Forschende unter Beteiligung des Exzellenzclusters PMI die Rolle des Bindegewebes bei entzündlichen muskuloskelettalen Erkrankungen erforschen.

Rückenschmerzen, Arthrose und rheumatische Erkrankungen sind einige der mehr als 200 Krankheitsformen, die unter dem Begriff „muskuloskelettale Erkrankungen“ (englisch: inflammatory musculoskeletal disorders, IMDs) zusammengefasst werden. Das sind chronisch-entzündliche Erkrankungen, die den Bewegungsapparat und dabei insbesondere Muskeln, Knochen und Gelenke betreffen. Viele der Patientinnen und Patienten leiden unter starken Schmerzen und körperlichen Beeinträchtigungen, die das Leben stark einschränken können. Sie sind auf eine intensive medizinische Betreuung angewiesen, die sowohl Betroffene und Angehörige belastet. Zusätzlich belasten die weit verbreiteten Krankheitsformen durch hohe Behandlungskosten in beträchtlichem Maße das Gesundheitssystem. Die Ursachen muskuloskelettaler Erkrankungen sind bisher nur unzureichend aufgeklärt. Das wollen Forschende unter Beteiligung des Exzellenzclusters „Precision Medicine in Chronic Inflammation“ (PMI) in dem neu gestarteten und vom BMBF geförderten Forschungsverbund MESINFLAME ändern.

Ziel des interdisziplinären Projekts unter der zentralen Koordination durch Professor Thomas Pap von der Universität Münster ist die Erforschung der Rolle des Bindegewebes, des sogenannten Mesenchyms, in der Entstehung und Chronifizierung von IMDs. Darauf basierend wollen die Beteiligten innovative Diagnose- und Behandlungsmethoden entwickeln. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert den interdisziplinären Forschungsverbund MESINFLAME (voller Titel: „Das lokale Bindegewebe als ein Schlüsselregulator der Krankheitsspezifität in chronisch-entzündlichen muskuloskelettalen Erkrankungen – integrative präklinische Ansätze für ein besseres Krankheitsverständnis und neue therapeutische Ansätze“) mit rund 4 Millionen Euro über drei Jahre. Zwei Teilprojekte werden an der Klinik für Rheumatologie und klinische Immunologie des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein (UKSH), Campus Lübeck, durchgeführt.

„Vieles, was wir bereits über IMDs wissen, etwa darüber, was beim Immunsystem bei diesen Erkrankungen falsch läuft, gilt krankheitsübergreifend oder es gibt zumindest Überlappungen. Auf der anderen Seite sind die einzelnen Krankheitsformen sehr organspezifisch. Aber warum nun die eine Erkrankung beispielsweise das Knie, und die andere den Rücken befällt, verstehen wir bisher noch nicht gut“, erklärt Professorin Gabriela Riemekasten, Mitglied im MESINFLAME Lenkungsausschuss, Direktorin der Klinik für Rheumatologie und klinische Immunologie des UKSH, Campus Lübeck, und Mitglied des geschäftsführenden Vorstands des Exzellenzclusters PMI. „Neuere Daten legen nahe, dass das lokale Bindegewebe bei der Organspezifität eine wichtige Rolle spielt. Eine Hypothese ist, dass bei IMDs lokale Faktoren innerhalb des Bindegewebes, wie z.B. extrazelluläre Vesikel und gewebespezifische Antikörper, regulieren, in welcher Form und wie schwer sich die jeweilige muskoloskelettale Krankheit ausbildet. Das könnte ein Ansatz für neue, spezifischere und anhaltende Therapien sein“, so Prof. Riemekasten weiter.

In den Teilprojekten in Lübeck werden im Rahmen von MESINFLAME zwei rheumatische Autoimmunerkrankungen, die zur Gruppe der IMDs zählen, anhand von Proben von Patientinnen und Patienten sowie mit verschiedenen in vitro und in vivo Modellen erforscht, um neue, wirksame Behandlungsmethoden zu entwickeln. Dabei handelt es sich um die Bindegewebserkrankung „Systemische Sklerose“ und die Blutgefäßerkrankung „Granulomatose mit Polyangiitis“, die die Kernkompetenzen der Klinik für Rheumatologie und klinische Rheumatologie am UKSH, Campus Lübeck, darstellen.

Prof. Riemekasten, Direktorin der Klinik und Vorstandsmitglied des Exzellenzclusters PMI, leitet eines der beiden Lübecker Teilprojekte. Dort untersucht sie die Rolle von extrazellulären Vesikeln, also bläschenartigen Strukturen außerhalb der Zellen, und Auto-Antikörpern, also Antikörpern, die sich gegen körpereigene Strukturen richten. In diesen Autoantikörpern sowie den extrazellulären Vesikeln vermutet sie eine Vermittlerfunktion für Gewebs- und Organschäden bei Autoimmunerkrankungen.

Das zweite Teilprojekt in Lübeck leitet Professor Peter Lamprecht, ebenfalls aus der Klinik für Rheumatologie und klinische Immunologie des UKSH, Campus Lübeck, und Mitglied im Exzellenzcluster PMI. Das Ziel seines Projekts ist, das Potential von Bindegewebsstammzellen als Therapieoption bei der rheumatischen Autoimmunerkrankung Granulomatose mit Polyangiitis (GPA), einer entzündlichen Erkrankung der Blutgefäße, zu erforschen.

„Bindegewebsstammzellen haben ein großes Potential, den Kreislauf der chronischen Entzündung zu durchbrechen. Darauf deuten vorangegangen Arbeiten bei anderen Krankheiten hin“, sagt Prof. Lamprecht. „Anhand von sechs Modellerkrankungen, darunter die Gefäßentzündung GPA, wollen wir im Projekt MESINFLAME gemeinsame Therapieoptionen für muskuloskelettale Erkrankungen finden, die auf Bindegewebsstammzellen basieren. Wir hoffen, die Erkenntnisse aus den Modellerkrankungen später auf weitere muskuloskelettale Erkrankungen übertragen zu können“, so Prof. Lamprecht weiter.

Die MESINFLAME-Teilprojekte in Lübeck:

Teilprojekt 5 – Auto-Antikörper und extrazelluläre Vesikel als Vermittler des Gewebs- und Organschadens bei Autoimmunerkrankungen.

Projektleiterinnen und –leiter:Prof. Gabriela Riemekasten (PI, Mitglied des Lenkungsausschusses), Klinik für Rheumatologie und klinische Immunologie, UKSH, Campus LübeckProf. Tanja Lange (Co-PI), Klinik für Rheumatologie und klinische Immunologie des UKSH, Campus LübeckProf. Xinhua Yu (Co-PI), Leiter der Forschungsgruppe „Immunbedingte Lungenerkrankungen“, Forschungszentrum Borstel- Leibniz Lungenzentrum

Teilprojekt 6 – Mesenchymale Stammzellen als Therapiestrategie bei ANCA-assoziierter Vaskulitis

Projektleiter:Prof. Peter Lamprecht (PI), Klinik für Rheumatologie und klinische Immunologie, UKSH, Campus LübeckProf. Udo Schumacher (Co-PI), Institut für Anatomie und experimentelle Morphologie, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf