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Störung der Mitochondrienfunktion und oxidativer Stress an den Schaltstellen der Alzheimerkrankheit

Original Titel:
On the central role of mitochondria dysfunction and oxidative stress in Alzheimer’s disease

DGP – Eine Störung der Mitochondrienfunktion und oxidativer Stress tauchen an verschiedensten Stellen in der Alzheimerkrankheit auf – als Risikofaktoren, Konsequenzen der Krankheit und behandelt auch zur Linderung von Symptomen. Der Alzheimer-Experte Prof. Tobore von der renommierten Johns Hopkins University im US-amerikanischen Baltimore erstellte zu diesem Thema nun eine Übersichtsstudie und bot praktische Empfehlungen zur Prävention und Linderung der Erkrankung.


Aktuell ist die Alzheimerkrankheit in den USA die Nummer 6 auf der Rangliste häufigster Todesursachen – über alle Altersgruppen hinweg betrachtet. Ein besseres Verständnis der Krankheitsursachen und -vorgänge ist wesentlich, um dieser Prognose entgegentreten zu können, vielleicht sogar, um Krankheitsfälle verhindern zu können.

Verschiedene wissenschaftliche Erkenntnisse deuten inzwischen auf eine kritische Rolle der Mitochondrien und von oxidativem Stress bei der Alzheimerkrankheit. In den Mitochondrien fallen im Zuge der Energiebereitstellung für unsere Zellen auch viele sogenannte Sauerstoffradikale (reactive oxygen species, ROS) und Stickstoffradikale an. Gerade wenn die Mitochondrien ineffektiv arbeiten, also eine Funktionsstörung haben, können zu viele dieser aggressiven Substanzen anfallen. Dies führt dann zum oxidativen Stress: freie Radikale, die sich schnell mit anderen Substanzen verbinden können, greifen damit ungewollt und störend in verschiedene Prozesse in der Zelle ein. Der Alzheimer-Experte Prof. Tobore von der renommierten Johns Hopkins University im US-amerikanischen Baltimore erstellte zu diesem Thema nun eine Übersichtsstudie.

Übersichtsstudie: Wie zentral ist die Rolle von oxidativem Stress und von Funktionsstörungen der Mitochondrien bei der Alzheimerkrankheit?

Dazu durchsuchte der Forscher die medizin-wissenschaftlichen Datenbanken PubMed/Medline, EBSCO und PsycINFO. Auf Basis der Suche ergaben sich folgende Recherchethemen: Vitamin D, Schilddrüsenhormone, Funktionsstörung der Mitochondrien, oxidativer Stress, Geschlechtshormone (Testosteron, Östrogen, Progesteron, luteinisierendes Hormon), Melatonin, Amyloid-β (Aβ) und Tau. Zu diesen Kernthemen ermittelte Prof. Tobore zwischen 1965 und 2019 veröffentlichte Studien. Folgend fassen wir seine Übersichtsarbeit zusammen.

Schlafstörungen treten häufig bei der Alzheimerkrankheit auf. Gestörter Schlaf könnte sogar zu dem Abbau der Denkleistung und der Entwicklung der Krankheit beitragen, deuten Forschungsergebnisse an. Schlafstörungen stehen aber auch in engem Zusammenhang mit gestörter Funktion der Mitochondrien. Die Daten deuten auf einen Beitrag der Mitochondrienstörung zur Schlafstörung bei der Alzheimerkrankheit. Interessant ist in diesem Zusammenhang das umgangssprachlich ‚Schlafhormon‘ genannte Melatonin, das wesentlich zur Schlafregulation beiträgt. Melatonin kann offenbar auch Veränderungen des Schlaf-Wach-Rhythmus im Verlauf der Alzheimerkrankheit bzw. bei noch leichten Einschränkungen der Denkleistung entgegenwirken (Cardinali und Kollegen, 2010 im Fachjournal Current Neuropharmacology erschienen) und Schlafstörungen bessern.

Stress und eine überaktive Stress-Achse im Gehirn, HPA-Achse genannt (kurz von den beteiligten Gehirnsystemen hypothalamic–pituitary–adrenal) spielen ebenfalls eine bedeutende Rolle bei der Alzheimerkrankheit. Wo Stress aktiv ist, geht es immer auch um depressive Symptome und Schädigung des Lernzentrums im Gehirn, dem Hippocampus. Chronischer Stress gilt entsprechend auch als ein wesentlicher Risikofaktor für die Entwicklung der Alzheimerkrankheit, könnte aber auch eine Folge der Erkrankung sein (Gil-Bea und Kollegen, 2010 im Journal of Alzheimer’s Disease veröffentlicht). Stress schädigt aber auch die Mitochondrien, wie experimentell gezeigt werden konnte.

Vitamin D-Mangel steht mit dem Alzheimerrisiko in Zusammenhang, fanden verschiedene Untersuchungen. Interessanterweise schützen Vitamin D-Rezeptoren aber auch die Funktion der Mitochondrien und spielen eine zentrale Rolle dabei, Zellen vor dem oxidativen Stress zu schützen.

Verschiedene Hormone fielen im Zusammenhang mit der Alzheimerkrankheit auf. Dazu zählt besonders das Schilddrüsenhormon. Schilddrüsenunterfunktion führt zu Energiemangel und depressiven Symptomen. Ein Ausgleich des Mangels an Schilddrüsenhormon, fanden Forscher, kann aber wohl auch oxidativen Stress senken und die Mitochondrienfunktion verbessern (Menzies und Kollegen, 2009 im American Journal of Physiology erschienen). Weitere relevante Hormone sind die Geschlechtshormone (Testosteron, Östrogen, Progesteron, luteinisierendes Hormon), die nach neueren Studien Mitochondrienstörungen entgegenwirken können, die durch das bei der Alzheimerkrankheit bekannte Betaamyloid (Aβ) hervorgerufen werden.

Fazit: Störung der Mitochondrienfunktion und oxidativer Stress an den Schaltstellen der Alzheimerkrankheit 

Eine Störung der Mitochondrienfunktion und oxidativer Stress tauchen also an verschiedensten Stellen in der Alzheimerkrankheit auf – als Risikofaktoren, Konsequenzen der Krankheit und behandelt auch zur Linderung von Symptomen. Eine Verbesserung der Mitochondrienfunktion und Reduktion des oxidativen Stresses sollte also ein Behandlungsziel bei der Alzheimerkrankheit und ihrer Vorbeugung sein. Kritisch scheinen dabei die Überprüfung der Schilddrüsenfunktion und ihr Ausgleich, wenn Mangel an Schilddrüsenhormon besteht, zu sein. Auch die Melatoninwerte und Vitamin D-Mangel sollten überprüft und, wo nötig, ausgeglichen werden, folgert Prof. Tobore aus den Forschungserkenntnissen. Schlafstörungen müssen so gut wie möglich behandelt werden, um weitere Schädigungen vorzubeugen. Außerdem empfiehlt sich auf Basis dieses Wissens eine antioxidative Lebensweise: Sport, gesundes Körpergewicht, kein Alkohol, nicht Rauchen sollten zu den wichtigsten Empfehlungen für ältere Menschen gehören. Auch mit der Ernährung könnte demnach die Prävention der Erkrankung verbessert werden: besonders Ernährungsweisen, die der mediterranen Diät nahekommen, scheinen dem oxidativen Stress und schwereren Verläufen der Alzheimerkrankheit entgegenwirken zu können.

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