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Beeinflusst eine antidepressive Behandlung das Risiko für Schwangerschaftsdiabetes?

Original Titel:
Antidepressant use during pregnancy and the risk of gestational diabetes mellitus: a nested case–control study

Kurz & fundiert

  • Beeinflusst eine antidepressive Behandlung das Risiko für Schwangerschaftsdiabetes?
  • Analyse von über 200 000 Behandlungsdaten schwangerer Frauen in Kanada
  • Das Risiko für Schwangerschaftsdiabetes hing mit der Medikamentenart zusammen und stieg mit längerer antidepressiver Behandlungsdauer an

 

DGP – Schwanger sein und Antidepressiva einnehmen? Da kommen gleich ganz andere Kriterien zum Tragen als für sonstige Menschen mit depressiven Symptomen. Forscher untersuchten nun, wie häufig eine gefürchtete Komplikation im Lauf der Schwangerschaft, der Schwangerschaftsdiabetes, nach einer antidepressiven Behandlung auftrat. Bei einer Schwangerschaft sollte demnach die Wahl eines Antidepressivums auch mit Blick auf einen möglichen Schwangerschaftsdiabetes sehr sorgfältig getroffen werden.


Bei einer Schwangerschaft soll möglichst alles gut laufen – Risiken für das sich entwickelnde Leben werden durch gezielte Vorsorgeuntersuchungen, Nahrungsergänzungen und veränderte Ernährung vermieden. Eine Komplikation, die man besonders in einer Schwangerschaft nicht erleben möchte, ist der Schwangerschaftsdiabetes. Je nach Studie und untersuchter Bevölkerung sind davon aber immerhin zwischen 1 und 20 % der schwangeren Frauen weltweit betroffen. Der Diabetes stellt dabei nicht nur einfach veränderte Anforderungen an Ernährung und Bewegung, sondern kann Geburtskomplikationen mit sich bringen und erhöht verschiedene Risiken für Baby (z. B. Typ-2-Diabetes und Übergewicht) und Mutter (z. B. Typ-2-Diabetes und Herzkreislauf-Erkrankungen). Entsprechend wird auch bei notwendigen medikamentösen Behandlungen im Rahmen einer Schwangerschaft stärker auf solche möglichen Folgeerkrankungen geachtet. Forscher untersuchten nun, ob verschiedene Antidepressiva die Wahrscheinlichkeit für einen Schwangerschaftsdiabetes beeinflussten.

Beeinflusst eine antidepressive Behandlung das Risiko für Schwangerschaftsdiabetes?

In dieser Fall-Kontroll-Studie wurden Behandlungsdaten von schwangeren Patientinnen aus einer kanadischen Datenbank erfasst. Anhand der Art der Antidepressiva und der Behandlungsdauer wurde das Risiko für die Entwicklung eines Schwangerschaftsdiabetes bestimmt. Die Daten umfassten Schwangerschaften und Kinder zwischen Anfang 1998 und Ende 2015. Aus den Patientendaten wurden zwei Gruppen gebildet: Patientinnen, die nach der 20. Schwangerschaftswoche einen Schwangerschaftsdiabetes entwickelten, und zufällig nach passender Schwangerschaftswoche ausgewählte Kontrollpatientinnen ohne Diabetes. Eine mögliche Behandlung mit Antidepressiva wurde anhand abgerechneter Verschreibungen zwischen Beginn der Schwangerschaft und Geburtstermin ermittelt.

Analyse von über 200 000 Behandlungsdaten aus kanadischer Datenbank

Die Forscher identifizierten 20 905 Patientinnen mit Schwangerschaftsdiabetes und 209 050 Kontrollpatientinnen. Insgesamt 9 741 Frauen (4,2 %) waren im Verlauf der Schwangerschaft mit Antidepressiva behandelt worden. Die Forscher berücksichtigten verschiedene mögliche Erklärungen für ein erhöhtes Risiko von Schwangerschaftsdiabetes. Trotzdem fanden sie, dass die Einnahme von Antidepressiva mit einem erhöhten Risiko für Schwangerschaftsdiabetes zusammenhing. Der Wert der adjustierten Odd Ratio (aOR von 1,19) deutete auf 19 %ige Zunahme der Diabetesfälle mit einer antidepressiven Therapie. Für die Wirkstoffe Venlafaxin (aOR 1,27) und Amitriptylin (aOR 1,52) war das erhöhte Risiko auch getrennt nachweisbar. Dabei zeigte sich auch, dass das Risiko für Schwangerschaftsdiabetes mit längerer antidepressiver Behandlungsdauer anstieg. Dies zeigte sich besonders für Wirkstoffe des SNRI-Typs, trizyklischer Antidepressiva und der Kombination zweier Klassen von Antidepressiva. Die Forscher fanden dagegen aber keine signifikanten Zusammenhänge zwischen SSRI-Antidepressiva und dem Risiko für Schwangerschaftsdiabetes.

Wahl eines Antidepressivums mit Blick auf Schwangerschaftsdiabetes treffen

Die Analyse der Fälle von Schwangerschaftsdiabetes unter antidepressiver Behandlung anhand einer kanadischen Datenbank zeigte demnach einen Zusammenhang zwischen Antidepressiva und einem erhöhten Risiko für diese Schwangerschaftskomplikation. Speziell zwei Wirkstoffe, Venlafaxin und Amitriptylin, fielen dabei stärker auf. Längere Behandlungsdauern mit anderen Wirkstoffen wie SNRI und Trizyklika sowie mit Kombinationen zweier Wirkstoffe gingen aber auch mit einem erhöhten Risiko einher. Schwanger sein und Antidepressiva nehmen schließt sich demnach nicht aus – bei einer Schwangerschaft sollte aber die Wahl eines Antidepressivums auch mit Blick auf einen möglichen Schwangerschaftsdiabetes sehr sorgfältig getroffen werden.

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