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Individuelle Bedürfnisse und Präferenzen von MS-Patienten: Was zählt bei Therapieentscheidungen?

Original Titel:
Patient needs and preferences in relapsing-remitting multiple sclerosis: A systematic review

Kurz & fundiert

  • Systematischer Review zu individuellen Bedürfnisse und Präferenzen von MS-Patienten bei Therapieentscheidungen
  • Analyse der Patientenperspektive bei Erstentscheidung, Adhärenz und Wechsel und Präferenzen für Medikamenteigenschaften
  • Beim Einstieg in die Behandlung ist sozialer Support besonders wichtig
  • Bei Wechsel und Problemen mit der Adhärenz stehen Injektionsfaktoren, Nebenwirkungen und Vergesslichkeit im Zentrum

 

DGP – Bei Entscheidungen für eine krankheitsmodifizierende Therapie bei der Multiplen Sklerose (MS) kommen natürlich auch die Patienten zu Wort: Um die Behandlung gut zu akzeptieren und konsequent durchzuführen, muss auch auf die individuelle Situation eingegangen werden. Allerdings sind die Bedürfnisse der Patienten bei der Entscheidungsfindung für eine Therapie nicht gut geklärt. In der systematischen Literaturübersicht wurde deutlich, dass bei der ersten Behandlungsentscheidung der soziale Support für die Patienten wesentlich ist. In späteren Phasen zählen demnach stärker andere Faktoren rund um Therapiemodus und -wirksamkeit. Weitere Studien sind nötig, schreiben die Autoren, um die Perspektive der Patienten besser zu verstehen.


Für die Behandlung der Multiplen Sklerose (MS) sind eine ganze Reihe von Medikamenten zugelassen und etabliert. Die Behandlungsstrategie und erste Entscheidungen für ein spezielles Medikament sind sowohl bei der Frühform einer MS, dem klinisch isolierten Syndrom (CIS, clinically isolated syndrome), als auch bei der schubförmig verlaufenden RRMS (relapsing-remitting MS) eine besondere Herausforderung. Bei diesen Entscheidungen kommen natürlich auch die Patienten zu Wort: Individuelle Bedürfnisse und Präferenzen sind wichtig, um die Behandlung gut zu akzeptieren und konsequent durchzuführen. Allerdings sind die Bedürfnisse der Patienten bei der Entscheidungsfindung für eine Therapie nicht gut geklärt. Dazu führten niederländische Wissenschaftler nun einen systematischen Review durch.

Systematischer Review zu individuellen Bedürfnisse und Präferenzen von MS-Patienten bei Therapieentscheidungen

Die Forscher führten eine systematische Literaturrecherche in den medizin-wissenschaftlichen Datenbanken Embase, Medline, PsychINFO, Web of Science und Google Scholar durch. Artikel zu CIS oder RRMS, die Bedürfnisse und Präferenzen der Patienten bei Entscheidungen zur Erstlininentherapie mit krankheitsmodifizierenden Wirkstoffen (DMT, disease modifying treatment) berichteten, wurden berücksichtigt. Die Publikationen wurden nach Behandlungsentscheidungen kategorisiert: Initiierung einer ersten DMT (D1), DMT-Adhärenz oder -Nichtfortführung (D2a/D2b) und Wechsel zu einer zweiten DMT (D3). Eine eigene Kategorie wurde für Präferenzstudien erstellt, in denen beispielsweise Diskrete Entscheidungsexperimente durchgeführt wurden. Dabei werden z. B. hypothetische Entscheidungen von Patienten untersucht, indem verschiedene Medikamenteigenschaften beschrieben und zur Wahl gestellt werden. Die relative Bedeutung verschiedener Aspekte von Behandlungen kann so ermittelt werden.

Analyse der Patientenperspektive bei Erstentscheidung, Adhärenz und Wechsel und Präferenzen für Medikamenteigenschaften

Die systematische Suche ergab 2 789 Artikel. 434 Publikationen im Volltext wurden zur näheren Auswahl reviewed. Von diesen erfüllten 24 Veröffentlichungen die Auswahl-Kriterien (D1: n = 5, D2a: n = 12, D2b: n = 13, D2: n = 3). 6 Artikel untersuchten mehr als nur eine Behandlungsentscheidung.

In der Kategorie D1 zeigte sich, dass bei der Entscheidung für die erste Behandlung sozialer Support von wesentlicher Bedeutung ist. In den Kategorien D2a/b und D3 wurde deutlich, dass die häufigsten Gründe für Adhärenzschwierigkeiten, Behandlungsabbrüche und -wechsel, Vergesslichkeit, Nebenwirkungen und Faktoren rund um die Injektion waren. 8 Artikel beschrieben Präferenzstudien. Die wichtigsten DMT-Eigenschaften waren in diesen Untersuchungen Wirksamkeit, Behandlungsmodus und -häufigkeit und das Nebenwirkungsprofil.

Beim Einstieg in die Behandlung ist sozialer Support besonders wichtig, später stehen Injektion, Nebenwirkungen und Vergesslichkeit im Zentrum

Ein besseres Verständnis für die Bedürfnisse und Präferenzen von Patienten mit klinisch-isoliertem Syndrom (CIS) oder einer RRMS in Bezug zu krankheitsmodifizierenden Behandlungen, deren Eigenschaften und weiteren, behandlungsunabhängigen Faktoren ist wichtig, um die Entscheidungsfindung für eine Behandlung und die Adhärenz bei dieser Therapie zu verbessern. Gerade bei der ersten Behandlung scheint so der soziale Support für die Patienten wesentlich zu sein – womöglich da in dieser Phase noch besonders viele Unklarheiten existieren. Weitere Studien sind nötig, schreiben die Autoren, um Präferenzen und die Perspektive der Patienten auf wesentliche Therapieaspekte zu verstehen und Betroffenen ihren Behandlungsweg mit der MS zu erleichtern.

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