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Vergleich von Behandlungsstrategien bei unipolaren Depressionen: Augmentation oder Wechsel, Antipsychotika oder nicht?

Original Titel:
Effect of Antidepressant Switching vs Augmentation on Remission Among Patients With Major Depressive Disorder Unresponsive to Antidepressant Treatment

DGP – In der hier untersuchten Patientengruppe – vorwiegend männlich, unipolar depressiv und mit mindestens einer erfolglosen Behandlung mit Antidepressiva – war die Augmentation (Verstärkung) mit Aripiprazol nur geringfügig wirksamer als weitere Behandlungsansätze, nämlich der Augmentation mit Bupropion oder dem Wechsel zu Bupropion als alleinigem Antidepressivum. Demgegenüber steht die schlechtere Verträglichkeit von Antipsychotika wie Aripiprazol. Die beste Behandlungsstrategie hängt damit vor allem von den individuellen Voraussetzungen, beispielsweise der Neigung zu Übergewicht oder Ängsten, ab.


Weniger als ein Drittel der unipolar depressiven Patienten wird bereits mit dem ersten Antidepressivum so erfolgreich behandelt, dass sie die Remission, also Depressionsfreiheit, erreichen. Kann man aber klar sagen, welcher zweite Behandlungsschritt der vielversprechendste ist? Um dies zu untersuchen, verglichen US-amerikanische Forscher verschiedener Kliniken in einer großen klinischen Studie die Wirksamkeit und Sicherheit drei verschiedener Behandlungsstrategien bei Depressionen.

Welche antidepressive Therapie bringt mehr, wenn die erste Behandlung nicht reicht?

Von Dezember 2012 bis Mai 2015 nahmen 1522 Patienten in 35 medizinischen Zentren an der Studie teil. Die Patienten hatten bereits eine Diagnose mit unipolarer Depression ohne Psychosen und waren dagegen mit mindestens einem Antidepressivum erfolglos behandelt worden. In der Studie wurden die Patienten zufällig einer von drei Behandlungen zugeordnet und deren Wirkung über 36 Wochen beoabachtet. Die Patienten erhielten entweder ein anderes Antidepressivum als zuvor, nämlich Bupropion (Wechselgruppe, 511 Patienten), oder erhielten Bupropion zusätzlich zur bestehenden Behandlung als sogenannte Augmentation (Bupropion-Augmentationsgruppe, 506 Patienten). Die dritte Gruppe erhielt eine Augmentation mit einem atypischen Antipsychotikum, Aripiprazol (Aripiprazol-Augmentationsgruppe, 505 Patienten). Die jeweilige Behandlung wurde 12 Wochen lang durchgeführt (akute Behandlungsphase). Anschließend wurde die Wirkung für bis zu 24 weitere Wochen beobachtet und bei Bedarf weiter behandelt (Langzeitphase). Vorrangiges Ziel war das Erreichen der Remission während der akuten Behandlungsphase. Die depressiven Symptome wurden vor allem mit standardisierten Fragebögen (quick inventory of depressive symptomatology, QIDS) durch die behandelnden Ärzte erfasst.

Vergleich drei verschiedener Behandlungsstrategien bei Depressionen: Medikamentenwechsel oder Augmentation mit Bupropion, oder Augmentation mit Aripiprazol

Die 1522 Patienten waren im Mittel 54 Jahre alt und zum großen Teil Männer (1296 Patienten, 85 %). 1137 (74,7 %) Teilnehmer führten die akute Behandlungsphase zu Ende durch. Im Anschluss daran, also nach 12 Wochen, war etwa jeder 5. Patient in der Wechselgruppe in Remission (22,3 %, 114 Patienten). Etwas mehr Patienten waren jedoch in den Augmentationsgruppen frei von Depressionen nach den ersten 3 Monaten: nämlich 26,9 % (136 Patienten) mit Bupropion und 28,9 % (146 Patienten) mit Aripiprazol. Dabei war vor allem der Vorteil mit Aripiprazol gegenüber der Wechselgruppe statistisch deutlich, nicht aber im Vergleich zur Augmentation, also Behandlungsverstärkung mit Bupropion. Generell half also Aripiprazol fast jedem 4. Patienten zu Depressionsfreiheit, Bupropion dagegen immerhin jedem 5. Patienten. Machte die Behandlung auch einen Unterschied bei den Patienten, die nicht in Remission gingen? Insgesamt verbesserten sich die depressiven Symptome häufiger bei den Patienten, deren Behandlung mit Aripiprazol augmentiert wurde als mit den anderen Behandlungsstrategien: 74,3 % sprachen auf die Behandlung mit Aripiprazol an, aber nur 65,5 % mit Bupropion-Augmentierung und 62,4 % mit Bupropion allein (Wechselgruppe). Das heißt, etwas mehr als 7 von 10 Patienten litten mit dem Antipsychotikum Aripiprazol unter geringeren Depressionen als zuvor im Vergleich zur Behandlung mit Bupropion, welches immerhin aber auch mehr als 6 von 10 Patienten derart helfen konnte. Die Behandlungsunterschiede beeinflussten dabei allerdings in dieser Patientengruppe von größtenteils älteren Männern nicht die Häufigkeit der Rückfälle. Ängste, eine häufige Begleitproblematik bei Depressionen, waren stärker mit Aripiprazol-Augmentierung gelindert als mit den anderen Behandlungen. Noch knapp 17 % (84 Patienten) in der Aripiprazol-Gruppe litten im Anschluss an die Behandlung unter Ängsten – im Vergleich zu 24 % (124 Patienten) in der Bupropion-Wechselgruppe und knapp 23 % (114 Patienten) in der Bupropion-Augmentierungsgruppe. Im Gegenzug litten die Teilnehmer, die Aripiprazol erhielten, häufiger unter unerwünschten Effekten und Nebenwirkungen wie beispielsweise Schläfrigkeit, Rastlosigkeit, Unruhe (Akathisie) und Gewichtszunahme.

Angst- und Depressionslinderung etwas besser mit Aripiprazol, dafür mehr Nebenwirkungen

In der hier untersuchten Patientengruppe – vorwiegend männlich, unipolar depressiv und mit mindestens einer erfolglosen Behandlung mit Antidepressiva – war demnach die Verstärkung der bestehenden Therapie, die Augmentation, mit Aripiprazol die wirksamste Behandlungsstrategie. Allerdings war der Vorteil dieser Strategie nur gering gegenüber den weiteren Behandlungsansätzen, der Augmentation mit Bupropion und dem Wechsel zu Bupropion als alleinigem Antidepressivum. Gleichzeitig leiden Patienten mit Antipsychotika allerdings auch stärker unter Nebenwirkungen als mit Bupropion – eine schlechtere Verträglichkeit steht also dem nur geringen Vorteil gegenüber. Die jeweils beste Behandlungsstrategie hängt damit vor allem von den individuellen Voraussetzungen, beispielsweise der Neigung zu Übergewicht oder Ängsten, ab.

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