Das GesundheitsPortal für innovative Arzneimittel, neue Therapien und neue Heilungschancen

Fälschliche Morbus Crohn-Diagnose – ein Fallbeispiel

Original Titel:
When IBD is not IBD

DGP – Nicht immer steckt hinter den typischen Morbus Crohn-Symptomen auch tatsächlich Morbus Crohn. Der vorliegende Fallbericht zeigt, dass eine Infektion mit Entamoeba histolytica – eine Amöbe, die am häufigsten im verunreinigten Trinkwasser in tropischen und subtropischen Regionen vorkommt – zu einem ähnlichen Krankheitsbild und somit zur einer falschen Morbus Crohn-Diagnose führen kann.


Die Diagnose von Morbus Crohn ist nicht immer einfach. Das liegt daran, dass dessen Symptome meist unspezifisch sind – also die Beschwerden auch bei anderen Erkrankungen vorkommen. So war es auch im folgenden Fall, von dem Wissenschaftler aus Belgien berichteten.

Eine Frau stellte sich mit einem Morbus Crohn vor, der nicht auf Steroide ansprach

Eine 45-Jahre alte Frau stellte sich aufgrund eines zuvor diagnostizierten Morbus Crohns, der nicht auf Steroide ansprach, im Uniklinikum Löwen (Belgien) vor. Die Morbus Crohn-Diagnose wurde fünf Monate zuvor gestellt. Obwohl sie mehrere Male mit Budesonid behandelt wurde, verstärkten sich ihre Bauchschmerzen und der wässrige Stuhl. Aus diesem Grund und weil die Entzündungsmarker deutlich erhöht waren, führten die Ärzte eine erneute Darmspiegelung durch und nahmen erneut Gewebeproben. Die Analyse der Gewebeproben sprach für Morbus Crohn. Aus diesem Grund bekam die Patientin ein innovatives Arzneimittel, das für die Behandlung von Morbus Crohn zugelassen ist, wenn andere Therapien bereits gescheitert sind – nämlich den TNF (Tumornekrosefaktor)-Hemmer Adalimumab.

Die Patientin entwickelte unter Morbus Crohn-Therapie einen Leberabszess

Zunächst schien die Therapie zu wirken, da sich die Patientin nach vier Wochen besser fühlte und die Entzündungswerte in den Normalbereich sanken. Allerdings bekam die Patientin nach 5 Monaten Fieber und flüssigen Stuhl und auch der Entzündungsmaker Calprotectin im Stuhl war stark erhöht. Doch damit nicht genug: die Symptome verschlechterten sich rapide. Hinzu kamen Gewichtsverlust, Schüttelfrost und Schmerzen in der rechten Schulter. Als die Patientin von ihren vergangenen Reisen berichtete, wurden die Mediziner hellhörig. Die Patientin war nämlich noch vor kurzem in Kap Verde gewesen– einem afrikanischen Inselstaat 570 Kilometer von der Westküste des afrikanischen Kontinents entfernt, den sie aus beruflichen Gründen regelmäßig besuchte. Aufgrund dieser Vorgeschichte testeten die Ärzte die Patientin auf Malaria, welche sie daraufhin ausschließen konnten. Nachdem die Ärzte mit einem bildgebenden Verfahren einen Leberabszess entdeckten, wurde die Patientin auf Entamoeba histolytica untersucht – eine Amöbe, die vor allem im verunreinigten Trinkwasser in Mexiko, Afrika, Indien und Teilen von Zentral- und Südamerika vorkommt. Und sie wurden fündig. Als Folge wurde Adalimumab abgesetzt und gezielt der Leberabszess behandelt.

Die Infektion und nicht Morbus Crohn war die Ursache der Beschwerden

Aufgrund der Krankengeschichte zweifelten die Wissenschaftler an, dass die Patientin überhaupt an Morbus Crohn erkrankt war. Aus diesem Grund untersuchten sie die Gewebeproben, die damals zu der Diagnose Morbus Crohn führten, erneut. Mit Hilfe spezieller Analyseverfahren konnten sie – jetzt, wo sie wussten, wonach sie suchten – Entamoeba histolytica in diesen Proben feststellen. Somit war die Patientin bereits zu Beginn ihrer Symptome mit Entamoeba histolytica infiziert, woraus die Ärzte schlussfolgerten, dass diese Infektion und nicht etwa ein Morbus Crohn die Ursache ihrer Beschwerden war. Sechs Monate nachdem der Leberabzsess behandelt wurde, zeigte die Darmschleimhaut bei erneuter Darmspiegelung keine Auffälligkeiten mehr.

Mit diesem Fallbericht wollen die Autoren ein Bewusstsein dafür schaffen, dass einige Magen-Darm-Infektionen ein ähnliches Krankheitsbild wie Morbus Crohn hervorrufen können. Auslandsaufenthalte in bestimmten Regionen können das Risiko für solche Infektionen erhöhen und sollten daher bei einem Arztbesuch immer erwähnt werden – auch dann, wenn die Reise bereits einige Zeit zurückliegt, denn manche Infektionen können sich auch erst nach Jahren bemerkbar machen.

© Alle Rechte: DeutschesGesundheitsPortal / HealthCom