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Melatonin auch bei Neuroleptika-Nebenwirkungen?

Original Titel:
Effect of melatonin in reducing second-generation antipsychotic metabolic effects: A double blind controlled clinical trial

DGP – Ergänzend eingenommenes Melatonin könnte manche der Nebenwirkungen von Neuroleptika ausgleichen, fanden Forscher. Das als positiv betrachtete HDL-Cholesterin stieg mit Melatonin an, Blutdruck und Nüchternblutzucker aber sanken. Weitere Studien sollten nun die längerfristigen Effekte dieser ergänzenden Behandlung, gerade auch in Bezug auf die Gewichtszunahme, untersuchen.


Wir haben bereits früher vom erhöhten Risiko, Diabetes und Übergewicht zu entwickeln, berichtet, wenn verschiedene Neuroleptika der 2. Generation, auch Antipsychotika, gegen starke Depressionen bei uni- und bipolaren affektiven Störungen eingesetzt werden. Mehrere Studien untersuchen derzeit Mittel und Wege, die Stoffwechselnebenwirkungen der Neuroleptika abzumildern, wenn ein Wechsel nicht sinnvoll scheint. Eine Option könnte eventuell die zusätzliche Einnahme von Melatonin zu sein, die nun von der Forschungsgruppe der klinischen Pharmakologin und Psychiaterin Dr. Izadpanah an der iranischen Kashan University of Medical Sciences nun genauer untersucht wurde.

Wie können Stoffwechselnebenwirkungen von Neuroleptika abgemildert werden?

Um den Effekt von Melatonin auf den Stoffwechsel der Studienteilnehmer zu ermitteln, erhielten jeweils 50 Patienten zufällig entweder Melatonin (3 mg einer slow-release, also langsam freisetzenden Darreichung) oder ein Placebo. Diese Behandlung wurde täglich um 8 Uhr abends über 2 Monate eingenommen, ohne dass die Patienten oder die behandelnden Ärzte wussten, ob das Ergänzungsmittel oder das Placebo enthalten war.

Zu Beginn der Studie und dann alle 4 Wochen wurden verschiedene Parameter als Anzeichen von Veränderungen des Stoffwechsels gemessen. Dazu gehörte auch eine Blutprobe, wegen der die Patienten 12 Stunden vorher fasten, also morgens nüchtern erscheinen sollten. Sonst sollten sie aber ihre Ernährung normal weiter führen wie gewohnt. Gemessen wurden bei diesen Untersuchungen Blutfette, der Blutzucker, die Cholesterinwerte (‚gutes‘ HDL und ‚böses‘ LDL), Blutdruck, Hüftumfang, der Körper-Masse-Index (bekannt als BMI) und das Körpergewicht der Teilnehmer.

Messung von Blutfetten, Blutzucker und Cholesterinwerten mit Melatonin oder Placebo begleitend zur Neuroleptika-Therapie

Die teilnehmenden Patienten zwischen 18 und 64 Jahren (im Mittel 37 Jahre) wurden zur Analyse der Ergebnisse in zwei Gruppen unterteilt, je nach dem jeweils eingesetzten Wirkstoff. Die Patienten, die Olanzapin oder Clozapin einnahmen, gehörten zu der Gruppe mit hohem Risiko, Stoffwechselnebenwirkungen zu entwickeln. Die Patienten, die Risperidon oder Quetiapin einnahmen, gehörten zu der Gruppe mit vergleichbar niedrigem Risiko. Im Verlauf der Studie war eine Änderung der Antipsychotika nicht erlaubt, eine Dosisanpassung je nach Bedarf aber schon.

Im Ergebnis zeigte sich bei der Patientengruppe, die Melatonin erhielt, nach Behandlungsende ein Anstieg des HDL-Cholesterins, eine sinkende Blutzuckerkonzentration im Nüchternzustand und ein niedrigerer Blutdruck im Vergleich zum Studienbeginn. Die Blutfette waren dagegen nicht messbar unterscheidbar zwischen Melatonin- und Placebogruppe. Der Stoffwechsel der Melatoningruppe war demnach insgesamt im Anschluss an die Behandlungsphase gesünder als zuvor.

Die Placebogruppe zeigte im Mittel also Anzeichen für einen allmählich entgleisenden Stoffwechsel mit der Neuroleptika-Therapie, den die zusätzliche Einnahme von Melatonin in der Behandlungsgruppe scheinbar auffangen und korrigieren konnte. Interessanterweise waren die Vorteile von Melatonin allerdings nur in den Blutwerten feststellbar, nicht aber im Gewicht der Teilnehmer. Die Melatoningruppe hatte durchweg einen stärker wachsenden Hüftumfang, eine höhere Gewichtszunahme und auch eine größere Zunahme im BMI als die Placebogruppe.

Ob die Patienten ein Neuroleptikum mit höherem oder niedrigerem Risiko für Stoffwechselnebenwirkungen einnahmen, hatte nur auf manche Aspekte der Ergebnisse einen Einfluss. Blutzucker und systolischer Blutdruck, aber auch das Gewicht, Hüftumfang und BMI waren mit Hochrisiko-Medikamenten stärker im Verlauf der Zeit verändert als mit den Mitteln mit geringerem Stoffwechsel-Risiko.

Bei entgleisendem Stoffwechsel eine Chance auf Besserung?

Insgesamt deutet diese Untersuchung also darauf, dass zusätzlich eingenommenes Melatonin manche der Nebenwirkungen von Neuroleptika auf den Stoffwechsel ausgleichen kann. Für die Neuroleptika mit erhöhtem Risiko einer Diabetesentwicklung und weiterer Folgerisiken für die Herz-Kreislaufgesundheit ist es sehr interessant, dass das als positiv betrachtete HDL-Cholesterin mit Melatonin anstieg, Blutdruck und Nüchternblutzucker aber sanken. Bei einer Langzeitbehandlung mit Neuroleptika könnte also eine zusätzliche Gabe von Melatonin überlegt werden. Weitere Studien sollten nun die längerfristigen Effekte dieser ergänzenden Behandlung, gerade auch in Bezug auf die Gewichtszunahme, untersuchen.

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