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DKMS Life Science Lab: Seit 2010 fast 6.000 „neue“ HLA-Merkmale entdeckt

Am 23. April ist Welttag des Labors. Das DKMS Life Science Lab (LSL) mit Sitz in Dresden ist das weltweit führende HLA-Typisierungslabor. Rund 1,2 Millionen Proben potenzieller Stammzellspender:innen werden hier jährlich analysiert. Darüber hinaus leistet das DKMS-Labor einen wichtigen Beitrag zur medizinischen Forschung und Optimierung der Suche nach geeigneten Stammzellspender:innen. Fast 6.000 bisher unbekannte HLA-Genvarianten (Allele) haben die Typisierungsspezialisten des LSL bereits entdeckt und der internationalen HLA-Allel-Datenbank zur Verfügung gestellt. Davon profitieren behandelnde Ärzt:innen und ihre Patient:innen weltweit.

Für viele Blutkrebspatient:innen ist eine Stammzelltransplantation die letzte Hoffnung. Diejenigen von ihnen, die keine Spenderin oder keinen Spender in der eigenen Familie finden, sind auf eine Fremdspende angewiesen – jährlich betrifft dies rund 70.000 Menschen weltweit. Um möglichst vielen von ihnen eine zweite Chance auf Leben zu ermöglichen, registrieren sich pro Jahr mehr als eine Million Menschen bei der Stammzellspenderdatei DKMS: „Mund auf. Stäbchen rein. Spender sein.“

Ihre Wangenabstrichproben, bis zu 7.000 pro Tag, werden im DKMS Life Science Lab in Dresden analysiert. Dieser Vorgang heißt HLA-Typisierung und ist unerlässlich, um geeignete Stammzellspender:innen zu identifizieren. HLA-Merkmale sind Strukturen auf der Zelloberfläche, die individuell sehr vielseitig ausgeprägt sind. Sie bilden die „Signatur“ der Zellen, mit deren Hilfe das Immunsystem zwischen körpereigenen und körperfremden Strukturen unterscheidet. Je besser die HLA-Merkmale von Spender:in und Empfänger:in zueinander passen, desto geringer ist die Gefahr etwaiger Abstoßungsreaktionen. Die Übereinstimmung der HLA-Merkmale ist also einer der wichtigsten Faktoren für den Erfolg einer Stammzelltransplantation.

Deshalb legen die DKMS und das DKMS Life Science Lab besonders großen Wert auf eine hohe Typisierungsqualität aller registrierten Spender:innen. Aktuell umfasst das Typisierungsprofil zwölf HLA-Genorte mit 24 hochaufgelösten Gewebemerkmalen, außerdem weitere relevante Kriterien für die Spenderauswahl, zum Beispiel den CMV-Status, die Blutgruppe (ABO und RhD) und die Gruppe der KIR-Rezeptoren. 170 Labor-Mitarbeiter:innen bearbeiten mehr als eine Million Wangenabstrichproben neu registrierter Stammzellspender:innen pro Jahr. Möglich ist das mithilfe des Next Generation Sequencing (NGS), einer Technologie, die das DKMS Life Science Lab im Jahr 2013 als erstes Labor überhaupt für Typisierungen im Hochdurchsatz einsetzte.

Neue HLA-Allele in mehr als 34.500 Fällen gefunden

Durch die große Menge an Typisierungen entdecken die Spezialist:innen des DKMS Life Science Lab immer wieder „neue“, bisher ungesehene Allele. Als Allel bezeichnet man Varianten eines Gens, durch die sich verschiedene Individuen unterscheiden. Eine Spezialabteilung des Labors widmet sich der tiefergehenden Analyse dieser neuen Allele und leistet damit einen entscheidenden Beitrag zur Weiterentwicklung der internationalen HLA-Referenzdatenbank für Allelsequenzen (IPD-IMGT/HLA Datenbank ). Diese ermöglicht den öffentlichen Zugang zu den Sequenzierinformationen sämtlicher bekannter Genvarianten bzw. Allele und dient als Referenz für alle Labore, Kliniken und Forschungseinrichtungen weltweit, die HLA Bestimmungen durchführen.

Insgesamt haben die Expert:innen des DKMS Life Science Lab seit 2010 bereits in über 34.500 Fällen (Stand: April 2021) neue HLA-Allele bei DKMS-Spender:innen gefunden. 5.848 neue Allele haben sie seither bei der internationalen Datenbank eingereicht. Davon erhielten bis heute 3.407 einen eigenen Namen und wurden der Referenzdatenbank offiziell hinzugefügt. Ab diesem Zeitpunkt ist die Suche nach einer passenden Spenderin oder einem passenden Spender mit einem solchen Allel erst möglich.

Zwei Sequenziermethoden für größtmögliche Sicherheit

Stellt sich bei der Typisierung heraus, dass eine Genvariante in der internationalen Referenzdatenbank noch nicht bekannt ist, wird diese im DKMS Life Science Lab noch einmal vollständig sequenziert. Dabei wenden die Expert:innen zwei unterschiedliche Sequenziermethoden (NGS und PacBio) an, um Sequenzierfehler vollständig auszuschließen. Das Release der IPD-IMGT/HLA Datenbank enthielt Ende 2020 insgesamt 27.059 HLA-Allele. Davon waren nur 44% (11.845 Allele) in voller Länge charakterisiert. Fast ein Drittel (29%) der komplett charakterisierten Allele wurden durch das DKMS Life Science Lab veröffentlicht.

Und täglich werden es durch die engagierte Arbeit der Dresdner Typisierungsspezialisten mehr: Denn das DKMS Life Science Lab verfolgt gezielt weitere Projekte, um die internationale Referenzdatenbank weiter auszubauen. Dabei werden insbesondere Gene in den Fokus genommen, die aufgrund ihrer Länge oder Struktur besonders herausfordernd und daher in der Datenbank nur lückenhaft repräsentiert sind. Derzeit arbeitet das Labor an der Charakterisierung von Allelen der Gene HLA-DQB1, HLA-DRB3, HLA-DRB4, HLA-DRB5, HLA-DMA, HLA-DMB, HLA-DOA, MICA und MICB. Neben bisher unbekannten Allelen werden auch solche Allele charakterisiert, die bisher nur in Teilen in der Datenbank beschrieben sind. So leistet das DKMS-Labor einen wesentlichen Beitrag zur permanenten Verbesserung der Referenzdatenbank und unterstützt damit die wichtige Arbeit aller darauf zugreifenden Kliniken, Forschungseinrichtungen und Labore.

Weitere Informationen:

https://professional.dkms.org/about/life-science-lab Weitere Informationen über das DKMS Life Science Lab
https://professional.dkms.org/research-publications/publications/Behrens2020 Publikationen
http://www.ebi.ac.uk/ipd/imgt/hla/ IPD-IMGT/HLA Database