Das GesundheitsPortal für innovative Arzneimittel, neue Therapien und neue Heilungschancen
Migräne in der Schwangerschaft: welche Behandlungen gehen, welche nicht?
Original Titel:
Headache and pregnancy: a systematic review
Kopfschmerzspezialisten rund um Dr. Negro vom Kopfschmerzzentrum der Sapienza Universität in Rom fassten nun einen systematischen Übersichtsartikel den derzeitigen Wissensstand zur Behandlung von Kopfschmerzen während der Schwangerschaft zusammen. Darin gingen sie besonders auch auf Medikationen für die Migräne ein, die nicht immer mit einer Schwangerschaft eine Pause einlegt.
Was tun, wenn die Migräne keine Schwangerschaftspause einlegt?
Migräne speziell ist ein eigenständiger Risikofaktor für Schwangerschaftskomplikationen. Speziell die klassischen Herz-Kreislauf-Risiken, die bei Migränepatienten häufig erhöht sind, stellen natürlich auch bei einer Schwangerschaft einige Probleme. Auch behandelnde Gynäkologen sollten also über eine Migräneerkrankung früh informiert werden, um die Situation gut im Blick behalten zu können. Generell schreiben die Autoren, dass während Schwangerschaft und Stillzeit bevorzugt auf Medikamente verzichtet werden sollte, wenn nicht-pharmakologische Alternativen zur Verfügung stehen. Während der Schwangerschaft gilt es selbstverständlich vor allem die Substanzen zu vermeiden, die dem Embryo schaden könnten.
Überblick über Medikamente und Schwangerschaftsphasen
Im Rahmen einer Migränebehandlung sollten entsprechend Akutmedikationen wie Ergotamine komplett vermieden werden – bei diesen können sich beispielsweise die Blutgefäße zusammenziehen, aber auch Uteruskontraktionen (möglicherweise mit verfrühten Wehen) können dadurch ausgelöst werden. Triptane, die im ersten Trimester der Schwangerschaft eingenommen wurden, werden mit möglichen späteren Verhaltensauffälligkeiten des Kindes in Verbindung gebracht. Im 2. oder 3. Trimester liegen für den Einsatz von Triptanen derzeit allerdings keine Warnungen vor, eine Aktubehandlung ist also möglich. Von den nicht-steroidalen Entzündungshemmern (z. B. Ibuprofen, Naproxen, Diclofenac oder Indomethacin) wird durch die Autoren allerdings im ersten und dritten Trimester u.a. wegen Störungen der Nierenfunktion beim ungeborenen Kind abgeraten. Auch bei der Prophylaxebehandlung ändern sich die Spielregeln mit einer Schwangerschaft: vom Valproat wird inzwischen Frauen im gebährfähigen Alter generell abgeraten, um mögliche Schäden des Embryos zu vermeiden. Aber auch Topiramat soll in der Schwangerschaft nicht genommen werden. Beta-Blocker wie Propanolol dagegen sind nach dieser Studienübersicht für die ersten beiden Trimester weiterhin anwendbar, sollten aber, wenn möglich, zum dritten Trimester hin schleichend abgesetzt werden – selbstverständlich unter ärztlicher Kontrolle. Neugeborene, die im 3. Abschnitt der Schwangerschaft Beta-Blockern ausgesetzt waren, können beispielsweise eher als Frühgeburt oder auch mit Atemproblemen zur Welt kommen. Auch die Einnahme von Magnesium sollte mit großer Vorsicht stattfinden – gerade als dauernde Nahrungsergänzung wird davon während der Schwangerschaft eher abgeraten.
Topiramat zu Beginn, Triptane wahrscheinlich nach dem 1. Trimester in Ordnung
Welche nach aktuellem Wissensstand unproblematischen Mittel stehen nun den Patientinnen mit Kinderwunsch zur Verfügung? Die Prophylaxe mit Hilfe des Botulinumtoxins scheint derzeit mit keinen Risiken für das ungeborene Leben verbunden zu sein. Auch Nervenblocks, beispielsweise mittels Lidocain-Injektion, sind akzeptable Behandlungsoptionen. Als sicher gilt die Behandlung mit Paracetamol – jedoch wird dieser Wirkstoff nur selten ausreichend bei einer Migräne helfen, und neuere Studien berichteten auch von erhöhten Risiken des Kindes für Asthma oder ADHD (Wells und Kollegen, 2016 im Fachjournal Current Neurology and Neuroscience Reports erschienen). Kombinationsmittel von Paracetamol (mit Koffein) sind ganz zu vermeiden – gerade Kaffee in hohen Mengen kann dem Embryo deutlich schaden (Schoen und Kollegen, 2015 in der Fachzeitschrift Western Journal of Emergency Medicine erschienen). Akutbehandlungen mit Lidocain beispielsweise als Nasenspray gelten ebenfalls bisher als unproblematisch. Zur Nahrungsergänzung mit Coenzym Q10, schließlich, gibt es derzeit noch keine Berichte zu Nebenwirkungen.
Botox ja, Koffein-Kombinationsmittel nein
Auch in der Stillzeit muss die Behandlung mit Einschränkungen erfolgen – nach Einnahme von Triptanen soll 24 Stunden lang nicht gestillt werden. Lediglich Sumatriptan gilt hier bisher als getestete Ausnahme, ist also für stillende Mütter zu bevorzugen. Prophylaxe mit Botulinumtoxin oder Nervenblock und Nahrungsergänzung mit Magnesium, Riboflavin oder Coenzym Q10 sind für das Stillen nach bisheriger Datenlage unproblematisch.
Bis zu eintägige Stillpause nach Triptanen
Es empfiehlt sich also in der Schwangerschaft noch stärker als sonst mögliche Migränetrigger zu vermeiden. Alternative Behandlungen, stabilisierende Tagesabläufe, ausreichender Schlaf und ein stressfreies Leben erhalten in diesem Lebensabschnitt eine noch größere Bedeutung. Zwar stehen durchaus noch einige Therapieoptionen für Migräne zur Verfügung, jedoch sollte bei Schwangerschaftswunsch, oder wenn eine Schwangerschaft geplant wird, das Medikamentenarsenal, aber auch die Nahrungsergänzungsmittel einmal gründlich mit dem behandelnden Arzt durchgesehen werden um mögliche Risiken für das Kind auszuschließen. Gleichzeitig muss aber keine Migräne unbehandelt bleiben – auch während Schwangerschaft und Stillzeit stehen ausreichend Mittel zur Verfügung.
© Alle Rechte: DeutschesGesundheitsPortal / HealthCom