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Dieselskandal: Ultrafeinstaub deutlich schädlicher als Stickoxide

Seit bekannt ist, dass Automobilhersteller die Motorsteuerung ihrer Fahrzeuge durch illegale Abschalteinrichtungen manipulierten um Abgasnormen zu umgehen, kocht die Debatte um den Dieselskandal immer wieder hoch. Es gibt Studien, die meinen den Nachweis erbringen zu können, dass europaweit jährlich etwa 5.000 Menschen vorzeitig sterben, weil Dieselautos im realen Straßenverkehr diese Grenzwerte überschreiten. Neuste Erkenntnisse weisen nun allerdings darauf hin, dass vermutlich nicht Stickoxide, sondern ultrafeine Partikel die Ursache für Gesundheitsgefahren sind. Dabei sind diese Feinstäube besser zu beseitigen.

Was ist Stickstoffdioxid?

Stickstoffdioxid (NO2) entsteht beim Verbrennen von Brenn- und Treibstoffen, insbesondere bei hohen Verbrennungstemperaturen, wie in Dieselmotoren. Als Hauptquelle für die Bildung von NO2 gilt der Straßenverkehr. NO2 ist stark gesundheitsgefährdend – insbesondere für Asthmatiker, Kinder oder ältere Menschen. In der EU gilt daher seit 2010 ein Jahresmittel-Grenzwert von 40 Mikrogramm NO2 pro Kubikmeter Luft. Zum Vergleich: Der Grenzwert in den USA liegt etwa bei 100 Mikrogramm, in der Schweiz dagegen sind nur 30 Mikrogramm erlaubt.

Was ist an Dieselabgasen so gefährlich?

Feinstaub dringt tief in Lunge und Herzkreislaufsystem ein und kann Krankheiten wie Schlaganfall, Herzerkrankungen, Lungenkrebs oder Atemwegsinfekte verursachen. Laut jüngsten Berichten der Weltgesundheitsorganisation WHO erleiden jährlich ca. 7 Millionen Menschen schwerwiegende gesundheitliche Beeinträchtigungen durch Feinstaub. In diesem Bericht wird NO2 als Schadstoff allerdings nicht explizit erwähnt, sondern vielmehr auf ultrafeine Partikel (UFP) und Metallabrieb aus dem Motor hingewiesen, die für die lebensbedrohenden Gesundheitsschäden verantwortlich sein sollen.

Medizin und Umweltschutz haben den technischen Fortschritt übersehen

Wenn nicht NO2 die tödlichen Gesundheitsschäden auslöst sondern ultrafeine Partikel, haben dann Umweltmedizin und Umweltschutz den technischen Fortschritt und neuesten Stand der Forschung übersehen? Dieser Auffassung ist Dr. Heinz Fuchsig, Arbeitsmediziner und Umweltreferent der Tiroler und Österreichischen Ärztekammer. In der aktuellen Ausgabe der ASU – Zeitschrift für Prävention fasst er die aktuellen Kenntnisse zusammen. Fuchsig erklärt darin, dass durch technische Weiterentwicklung und Erhöhung des Motorendrucks die erzeugten Partikel in den letzten Jahrzehnten immer kleiner geworden sind. Diese „neuen“, ultrafeinen Partikel seien bei aktuelleren Vermessungen nicht erfasst und in der medizinischen Forschung daher schlicht übersehen worden. Aber auch das Verkennen von Emissionen durch mechanischen Motorenabrieb oder die starke Emissionserhöhung infolge der Schwefelentfernung aus Schiffsdiesel hätten zu der „Täuschung“ beigetragen, NO2 sei der gesundheitsschädigende Übeltäter statt ultrafeine Partikel.

Die Lösung: Partikelfilter müssen unbedingt nachgerüstet werden

In der weiteren Dieseldebatte muss unbedingt diesen ultrafeinen Partikeln die Hauptaufmerksamkeit gelten, so Heinz Fuchsig. Eine Nachrüstung großer Schwerfahrzeuge mit entsprechenden Filtern wäre daher wesentlich wichtiger als die Nachrüstung von PKWs mit Hardware zur Verminderung der weniger relevanten Stickoxide aus Auspuffabgasen. Die Technik ist dabei nicht nur erheblich günstiger, sondern auch wirksamer: Studien ergeben eine Partikel-Reduktion um 99,99%. Die Schweiz hat 95% der öffentlichen Busse mit Filtern nachgerüstet und kann dadurch einen Grenzwert von 12 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft vermutlich bald einhalten. In Deutschland werden währenddessen doppelt so hohe Grenzwerte sogar überschritten. Notwendig wird auch ein zielgerichtetes Handeln in der Politik, sei es durch steuerliche Vergünstigungen nachgerüsteter Fahrzeuge, die Förderung von Elektromobilität oder das Schaffen höherer Anreize, ein autofreies Leben zu führen – zum Schutz der Gesundheit in der Bevölkerung.

Mehr zu diesem Thema erfahren Sie im Beitrag „Dieselskandal: Sind Stickoxide das geringere Übel?“ von Dr. Heinz Fuchsig in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift Arbeitsmedizin | Sozialmedizin | Umweltmedizin (ASU) unter: https://www.asu-arbeitsmedizin.com/Archiv/ASU-Heftarchiv/article-831861-110576/d…

Über ASU – Zeitschrift für medizinische Prävention:
Die Zeitschrift Arbeitsmedizin Sozialmedizin Umweltmedizin ist das Leitmedium der deutschsprachigen Arbeitsmedizin. Das Publikationsorgan der Fachinstitutionen DGAUM, ÖGA, SGARM, VDBW, Vereinigung Deutscher Staatlicher Gewerbeärzte e.V. sowie der arbeitsmedizinischen Akademien und richtet sich an Betriebsärzte, Arbeitsmediziner und Akteure in wichtigen Schnittstellenbereichen zur Arbeitsmedizin. Die Zeitschrift ist peer reviewed. 1965 gegründet, erscheint ASU monatlich und erreicht nahezu alle arbeits- und präventionsmedizinisch orientierten Akteure im deutschsprachigen Raum. Weitere Informationen unter http://www.asu-arbeitsmedizin.com.

Über DGAUM:
Die DGAUM wurde 1962 gegründet und ist eine gemeinnützige, wissenschaftlich-medizinische Fachgesellschaft der Arbeitsmedizin und der klinisch orientierten Umweltmedizin. Ihr gehören heute über 1000 Mitglieder an, die auf dem Gebiet der Arbeitsmedizin und Umweltmedizin arbeiten, vor allem Ärztinnen und Ärzte, aber auch Angehörige anderer Berufsgruppen wie etwa Natur- und Sozialwissenschaftlerinnen und -wissenschaftler. Die Mitglieder der Fachgesellschaft engagieren sich nicht nur in Wissenschaft und Forschung, um so bereits bestehende Konzepte für die Prävention, die Diagnostik und Therapie kontinuierlich zu verbessern, sondern sie übernehmen die ärztliche und medizinische Beratung von Arbeitgebern und Arbeitnehmern an der Schnittstelle von Individuum und Unternehmen. Darüber hinaus beraten die Mitglieder der DGAUM alle Akteure, die ihren Beitrag zu der medizinischen Versorgung leisten und auf Fachwissen aus der betrieblichen Gesundheitsförderung und Prävention, der arbeits- und umweltbezogenen Diagnostik und Therapie, der Beschäftigungsfähigkeit fördernden Rehabilitation sowie aus dem versicherungsmedizinischen Kontext angewiesen sind. Weitere Informationen unter http://www.dgaum.de.