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Huhn oder Ei, Nackenschmerz oder Migräne?

Original Titel:
Altered muscle activity during rest and during mental or physical activity is not a trait symptom of migraine - a neck muscle EMG study

Außer einer raschen Stressreaktion deutet nichts in dieser Untersuchung auf messbare Unterschiede in der Anspannung der Nackenmuskulatur zwischen Migränepatienten und Kontrollpersonen. Damit können auch Genickschmerzen, wie sie bei Migräne häufig sind, eher nicht einer generell höheren Anspannung des Trapezmuskels zugeschrieben werden. Stattdessen deuten die Ergebnisse dieser Studie darauf, dass nicht mögliche Triggerpunkte in der Muskulatur Migräneanfälle auslösen oder begünstigen, sondern vielmehr eine Folge und ein Symptom der Migräneerkrankung sind. Entsprechend bieten Behandlungen dieser ‚Problemzone‘ von Migränepatienten zwar eventuell Erleichterungen in akuten Migränephasen, können aber vermutlich keine ursächliche Behandlung der Migräne liefern.


Was viele Migränepatienten gemeinsam haben, ist ein steifes, schmerzendes Genick. Nackenschmerzen sind besonders häufig vor oder während der Migräneattacken. Oft sind Betroffene genau wegen der Genickprobleme in Behandlung – mit dem ständig nagenden Verdacht, dass ein orthopädisches Problem die eigentliche Ursache der Kopfschmerzattacken ist. Ob aber Nackenschmerzen ein Symptom der Migräne oder ein Anzeichen von dauerhafter Störung der Nackenmuskulatur, als Trigger von Migräne, ist, steht immer noch zur Debatte.

Ist der Nackenschmerz Ursache oder Symptom von Migräne?

In der Nackenmuskulatur können sogenannte myofasziale Triggerpunkte vorliegen: drückt oder massiert man diese überempfindlichen Stellen, die vermutlich durch Überlastung des Muskels entstehen, ist das sehr schmerzhaft. Der Schmerz strahlt aus, die Reizung kann zu einem Zucken der Muskelfasern führen. Typischerweise besteht auch eine eingeschränkte Beweglichkeit. Bei der Migräne ist häufig der Trapezmuskel beeinträchtigt und schmerzhaft, also der große Muskel, der beiderseits vom Schädelrand des Hinterkopfes bis zu den unteren Brustwirbeln und seitlich zum Schulterblatt führt. Der Muskel hat drei Teile, mit denen er einerseits den Kopf dreht, die Schultern hebt oder andererseits zusammenzieht und senkt.

Könnte es einen ursächlichen Zusammenhang zwischen Muskel-Triggerpunkten und Migräne geben?

Forscher des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf unter Leitung des Neurologen Dr. May führten daher eine Elektromyographie (EMG) der Nackenmuskeln in einer großen Patientengruppe durch. Diese Methode misst die elektrische Aktivität von Muskeln, die während der Muskelanspannung ansteigt. Damit ermittelten die Wissenschaftler, ob Nackenschmerzen und Anspannung der Nackenmuskulatur der Patienten einer gesteigerten Muskelaktivierung (im Sinne von Überlastung) der Nackenmuskeln zuzuordnen ist. Dazu brachten sie Elektroden für die EMG-Messung oberflächlich auf die Haut über dem Trapezmuskel der Studienteilnehmer an. Die Muskelanspannung von 102 Teilnehmern (31 mit chronischer Migräne, 43 mit episodischer Migräne sowie 28 gesunde Teilnehmer) wurde in einer Messung in Ruhe, unter mentalem Stress und bei körperlicher Aktivität aufgezeichnet.

Unterschiede in Stress und Entspannung der Nackenmuskulatur von Migränepatienten und Kontrollen?

Alle Teilnehmergruppen zeigten einer gesteigerte Trapezmuskel-Aktivität während mentalem Stress und körperlicher Aktivität im Vergleich zu den Ruhephasen. Dabei zeigte sich kein messbarer Unterschied zwischen Migränepatienten und gesunden Kontrollen in den drei Testbedingungen. Lediglich in der ersten mentalen Stress-Situation stieg die Muskelspannung der Kontrollen um nur 4,75 % an, die der Patienten mit episodischer Migräne aber um 17,39 % und die der Patienten mit chronischer Migräne sogar um 28,61 %. Dieser Unterschied war auch statistisch signifikant. Allerdings entspannte sich die Muskulatur der Patienten in ähnlicher Geschwindigkeit wie die der gesunden Kontrollen.

Trapezmuskel-Stress bei Migräne eher Symptom als Ursache

Außer einer raschen Stressreaktion deutet damit nichts in dieser Untersuchung auf messbare Unterschiede in der Anspannung der Nackenmuskulatur zwischen Migränepatienten und Kontrollpersonen. Damit können auch Genickschmerzen, wie sie bei Migräne häufig sind, eher nicht einer generell höheren Anspannung des Trapezmuskels zugeschrieben werden. Stattdessen deuten die Ergebnisse dieser Studie darauf, dass nicht mögliche Triggerpunkte in der Muskulatur Migräneanfälle auslösen oder begünstigen, sondern vielmehr eine Folge und ein Symptom der Migräneerkrankung sind. Entsprechend bieten Behandlungen dieser ‚Problemzone‘ von Migränepatienten zwar eventuell Erleichterungen in akuten Migränephasen, können aber vermutlich keine ursächliche Behandlung der Migräne liefern.

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