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Corona

Vorläufige Ergebnisse einer klinischen Studie der Phase 2b: Wie sicher und effektiv ist hochdosiertes Chloroquin bei COVID-19?

Original Titel:
Effect of High vs Low Doses of Chloroquine Diphosphate as Adjunctive Therapy for Patients Hospitalized With Severe Acute Respiratory Syndrome Coronavirus 2 (SARS-CoV-2) InfectionA Randomized Clinical Trial

DGP – Die Behandlung mit einer höheren Dosierung von Chloroquin-Diphosphat über 10 Tage schien nach den vorläufigen Ergebnissen einer brasilianischen klinischen Studie mit mehr toxischen Effekten und höherer Sterblichkeit assoziiert zu sein. Dies betraf besonders die Verlängerung des QTc-Intervalls. Aufgrund der begrenzten Patientenzahl ließ sich gleichzeitig kein Behandlungsvorteil erkennen. Die Studie konnte nicht die Toxizität der Behandlung mit Chloroquin allein untersuchen, da das Klinikprotokoll standardmäßig eine Behandlung mit Azithromycin und bei den meisten Patienten auch mit Oseltamivir vorsah. Die Autoren betonen zudem, dass diese Ergebnisse nicht auf Patienten mit nicht schweren Verläufen von COVID-19 übertragen werden können.


Da es noch keine spezifische, antivirale Therapie zur Behandlung von COVID-19 gibt, wurde auf Basis von in-vitro-Studien eine hoch-dosierte Behandlung mit Chloroquin-Diphosphat diskutiert. Wie sicher und effektiv sind zwei unterschiedliche Dosierungen von Chloroquin-Diphosphat bei der Behandlung einer schweren Erkrankung mit COVID-19? Dies untersuchte eine randomisierte klinische Studie, zu der nun auf Empfehlung eines unabhängigen Sicherheits- und Kontrollkommitees eine Zwischenanalyse veröffentlicht wurde.

Wie sicher und effektiv ist hochdosiertes Chloroquin bei COVID-19?

In dieser randomisierten, im Doppelblindverfahren durchgeführten klinischen Studie der Phase 2b wurden 81 erwachsene Patienten mit COVID-19 behandelt und untersucht. Alle Patienten waren mit schwerem COVID-19 infolge einer Infektion mit dem neuen Coronavirus SARS-CoV-2 in einer Klinik im brasilianischen Manaus zwischen 23. März und 5. April 2020 in Behandlung. Die Patienten wurden zufällig einer hohen Dosis Chloroquin (600 mg zweimal täglich über 10 Tage) oder einer niedrigen Dosis (450 mg zweimal täglich an Tag 1 und einmal täglich für 4 Tage) zugeordnet.

Vorrangiges Ziel war die Reduktion der Sterblichkeit um mindestens 50 % in der hochdosierten Gruppe im Vergleich zur niedrigdosierten Gruppe. Die nun präsentierten Daten beziehen sich vor allem auf die Ergebnisse zur Sicherheit und Sterblichkeit am 13. Behandlungstag. Sekundär wurden auch der klinische Status, Laboruntersuchungen und EKG-Ergebnisse bis Tag 28 berichtet.

Vorläufige Ergebnisse einer klinischen Studie der Phase 2b mit 81 Patienten

Aus einer vordefinierten Zahl von 440 Patienten wurden 81 tatsächlich in die Studie aufgenommen. 41 (50,6 %) wurden der hochdosierten Gruppe zugeordnet, 40 (49,4 %) der niedrigdosierten Gruppe. Die Patienten waren im Durchschnitt 51,1 Jahre alt. Die meisten (60 Patienten, 75,3 %) waren Männer. Die Behandlungsgruppen unterschieden sich im Alter (mittleres Alter: hochdosiert 54,7 Jahre versus niedrigdosiert 47,4 Jahre) und der Zahl von Herzerkrankungen (hochdosiert 5 von 28, 17,9 % versus niedrigdosiert 0 Patienten mit Herzerkrankung). Virale RNA wurde bei 31 von 40 Patienten (77,5 %) in der niedrigdosierten Gruppe und bei 31 von 41 Patienten (75,6 %) in der hochdosierten Gruppe nachgewiesen. Die übrigen Patienten wurden aufgrund klinischer und epidemiologischer Faktoren als SARS-CoV-2-positiv gewertet. Alle Patienten wurden mit Azithromycin behandelt, die Mehrzahl der Patienten erhielt außerdem Oseltamivir (niedrigdosiert; 86,8 %, 33 von 38; hochdosiert: 92,5 %, 37 von 40).

Sterblichkeit und Herzsymptome führten zu vorzeitigem Abbruch der hochdosierten Behandlung

Die Gesamtsterblichkeit lag bei 27,2 % (95 % Konfidenzintervall: 17,9 %-38,2 %), konsistent mit einer früheren Meta-Analyse über zwei größere Studien, bei denen die Sterblichkeit zwischen 14,5 % und 19,2 % (Konfidenzintervall) bei Patienten ohne Behandlung mit Chloroquin lag.  Die Sterblichkeit bis Tag 13 lag in der hochdosierten Gruppe bei 39,0 % (16 von 41 Patienten), in der niedrigdosierten Gruppe bei 15,0 % (6 von 40 Patienten). Damit war die höhere Dosierung assoziiert mit höherer Letalität (Odds Ratio: 3,6; 95 % Konfidenzintervall: 1,2–10,6). Jedoch schien diese Assoziation nicht bestehen zu bleiben, schreiben die Autoren, wenn das Alter der Patienten in einer multivariaten Analyse berücksichtigt wurde.

Insgesamt 11 von 73 Patienten (15,1 %) hatten eine Verlängerung des QTc-Intervalls von mehr als 500 ms. Davon waren 8 von 57 Patienten (14,0 %) mit bestätigtem COVID-19 betroffen. In der hochdosierten Gruppe traten mehr Probleme mit QTc-Verlängerungen über 500 ms auf (7 von 37, 18,9 %) im Vergleich zur niedrigdosierten Gruppe (4 von 36, 11,1 %).

Zwei von 37 Patienten (2,7 %) in der hochdosierten Gruppe, beide mit bestätigtem COVID-19, erlitten eine schwere Arrythmie vor ihrem Tod, die typischerweise vom verlängerten QT-Intervall begünstigt wird. Interessanterweise waren von dieser Arrythmie nicht die Patienten betroffen, die bereits vorher unter chronischen Herzerkrankungen gelitten hatten. 3 der 5 Herzpatienten verstarben dennoch.

Keine verbesserte Überlebenschance mit hochdosiertem Chloroquin, aber erhöhte Toxizität

Die Behandlung mit einer höheren Dosierung von Chloroquin-Diphosphat über 10 Tage scheint somit mit mehr toxischen Effekten und Sterblichkeit assoziiert sein. Dies betraf besonders die Verlängerung des QTc-Intervalls. Aufgrund der begrenzten Patientenzahl ließ sich gleichzeitig kein Behandlungsvorteil erkennen.

Die vorläufigen Ergebnisse dieser Studie deuten darauf, dass höhere Dosierungen von Chloroquin nicht zur Behandlung schwerer COVID-19-Fälle eingesetzt werden sollten. Dies gilt besonders für Patienten, die außerdem mit Azithromycin und Oseltamivir behandelt werden. Die Studie konnte nicht die Toxizität der Behandlung mit Chloroquin allein untersuchen, da das Klinikprotokoll standardmäßig eine Behandlung mit Azithromycin vorsah. Die Autoren betonen zudem, dass diese Ergebnisse nicht auf Patienten mit nicht schweren Verläufen von COVID-19 übertragen werden können.

[DOI: 10.1001/jamanetworkopen.2020.8857 ]

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