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2. Boosterimpfung für Schwangere und Stillende

Gemeinsame Fachempfehlung

Eine Empfehlung der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe e.V. (DGGG), der Deutschen Gesellschaft für Perinatale Medizin e.V. (DGPM), der Deutschen Gesellschaft für Pränatal- und Geburtsmedizin e.V. (DGPGM), der AG Geburtshilfe und Pränatalmedizin in der DGGG e.V. (AGG), dem Berufsverband der Frauenärzte e.V. (BVF) und der Bundesarbeitsgemeinschaft Leitender Ärztinnen und Ärzte in der Frauenheilkunde und Geburtshilfe e.V. (BLFG) im Einklang mit der Nationalen Stillkommission (NSK).

In der 18. Aktualisierung der COVID-19-Impfempfehlung vom 15.02.2022 empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO) am Robert-Koch-Institut nach abgeschlossener Grundimmunisierung und erfolgter 1. Auffrischung (sog. Booster) eine 2. Auffrischungsimpfung mit einem mRNA-basierten COVID-19-Imfpstoff für besonders gesundheitlich gefährdete bzw. exponierte Personengruppen. (1)

Hiermit werden neben Personen ab dem 70. Lebensjahr, EinrichtungsbewohnerInnen und Personen mit Immundefizienz (ab 3 Monate nach 1. Auffrischung), aber auch Tätige in medizinischen Einrichtungen und Pflegeeinrichtungen, insbesondere bei direktem
PatientInnenkontakt (ab 6 Monate nach 1. Auffrischung, in besonderen Fällen ab 3 Monate) genannt. Dies gilt nicht im Falle einer nach 1. Auffrischung durchgemachten SARS-CoV-2-Infektion.

Zur 2. Auffrischungsimpfung bei Schwangeren und Stillenden existieren, wie zu erwarten, noch keine wissenschaftlichen Daten. Die 1. Auffrischungsimpfung in der Schwangerschaft wurde aufgrund des erhöhten Risikos der Schwangeren und der Schwangerschaft für und durch einen schweren COVID-19-Verlauf begründet (1-3).

Barda et al. untersuchten die Effektivität einer mRNA-basierten COVID-19 Auffrischungsimpfung einer israelischen Kohorte (1.158.269 Frauen) 5 Monate nach abgeschlossener Grundimmunisierung (4). Kalafat et al. (5) kalkulierten basierend auf diesen Daten eine number-needed-to-boost (NNB). Diese betrug unter den 16-39-jährigen 20.408 für die Verhinderung einer Hospitalisierung bzw. 40.000 für die Verhinderung eines schweren COVID-19-Verlaufes (in der Altersgruppe 40-69: 1.034 bzw. 1838). Bei Vorhandensein von Komorbiditäten reduzierte sich diese weiter auf 981 bzw. 1.269 für Hospitalisierung und schwere COVID-19.

Auch wenn schwangere und stillende Frauen ein 2-3-fach erhöhtes Risiko eines schweren Erkrankungsverlaufes aufweisen (im Vergleich zu gleichaltrigen nicht-schwangeren Frauen) bedeutet dies auf Grundlage bei den berechneten NNB, dass über 10.000 Boosterdosen notwendig wären, um eine Hospitalisierung zu verhindern. Bei Vorhandensein von Komorbiditäten wäre die NNB als vergleichbar zur der number-needed-to-vaccine in der Grundimmunisierung Schwangerer anzunehmen (6).

Empfehlungen:

– Eine generelle Empfehlung zur 2. Boosterimpfung aller Schwangeren und Stillenden kann derzeit nicht ausgesprochen werden.
– Bei individuellen Risiken entsprechend vorhandener Grunderkrankungen oder Expositionsrisiken ist eine Auffrischung ab dem 2. Trimenon und ab 3 Monaten nach 1. Auffrischung grundsätzlich möglich, wenn keine SARS-CoV-2-Infektion nach 1. Auffrischung vorlag.
– Bei Immundefizienz oder Tätigkeit in medizinischen oder Pflegeeinrichtungen sollte im Sinne der STIKO-Empfehlung die 2. Boosterimpfung auch in der Schwangerschaft (ab dem zweiten Trimenon) angeboten werden.
– Bei Wunsch der Schwangeren / Stillenden ohne Komorbiditäten und individuellen Erkrankungs- oder Expositionsrisiken kann nach Aufklärung über den zu erwartenden (geringen) Zusatzschutz eine 2. Boosterimpfung als individuelle Impfentscheidung erfolgen.

Unabhängig von der Beratung zu Boosterimmunisierungen soll die Aufklärung zur Grundimmunisierung und den weiteren in der Schwangerschaft empfohlenen Impfungen in die Betreuung von Schwangeren, Stillenden und deren Familien integriert sein.

Quellen:

1. Koch J V-BS, Bogdan C, Burchard G, Garbe E, Heininger U, Hummers E, Kling K, von Kries R, Ledig T, Littmann M, Meerpohl J, Mertens T, Meyer H, Perumal N, Röbl-Mathieu M, van der Sande M, Schönfeld V, Steffen A, Terhardt M, Überla K, Wichmann O, Wicker S, Wiedermann-Schmidt U, Widders G, Zepp F. STIKO-Empfehlung zur 2. COVID-19-Auffrischimpfung mit einem mRNA-Impfstoff für besonders gesundheitlich gefährdete bzw. exponierte Personengruppen und die dazugehörige wissenschaftliche Begründung. Epid Bull 2022;7:41-57 2022.
2. Gynecologists ACoOa. COVID-19 vaccination considerations for obstetric–
gynecologic care 2021 [Available from: https://www.acog.org/clinical/clinical-guidance/practice-advisory/articles/2020/12/covid-19-vaccination-considerations-for-obstetric-gynecologic-care.
3. (RCOG) RCoOaG. Pregnant women eligible for the COVID-19 booster vaccine
urged to take up offer 2021 [Available from: https://www.rcog.org.uk/en/news/pregnantwomen-eligible-for-the-covid-19-booster-vaccine-urged-to-take-up-offer/.
4. Barda N, Dagan N, Cohen C, Hernan MA, Lipsitch M, Kohane IS, et al.
Effectiveness of a third dose of the BNT162b2 mRNA COVID-19 vaccine for preventing
severe outcomes in Israel: an observational study. Lancet. 2021;398(10316):2093-100.
5. Kalafat E, Magee LA, von Dadelszen P, Heath P, Khalil A. COVID-19 booster doses in pregnancy and global vaccine equity. Lancet. 2022;399(10328):907-8.
6. Magee LA, von Dadelszen P, Kalafat E, Duncan EL, O’Brien P, Morris E, et al.
COVID-19 vaccination in pregnancy-number needed to vaccinate to avoid harm.
Lancet Infect Dis. 2021;21(12):1627.