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Demenzerkrankt – oder etwa doch nur depressiv? Querdenken für die eindeutigere klinische Diagnose der Alzheimerkrankheit

Original Titel:
Selection for depression-specific dementia cases with replication in two cohorts

DGP – Die Forscher fanden, dass ein kleiner Anteil von Patienten, die eine klinische Diagnose mit der Alzheimererkrankung erhalten hatten, tatsächlich auf der Basis ihrer verschiedenen Symptome eher an einer Depression erkrankt waren, die Demenzsymptome zur Folge hatte. Demnach könnten bestimmte Anzeichen im Blut auf eine Depressionserkrankung schließen lassen, die Demenzsymptome zur Folge haben kann.


Demenz ist nicht gleich Demenz. Wer sich einer sogenannten Demenzerkrankung oder ihren ersten möglichen Symptomen gegenüber sieht, könnte dies seltsam finden. Worin unterscheiden sich Menschen, die alle zunehmend Einschränkungen der Denkleistung aufweisen, vermutlich mehr und mehr vergessen und vielleicht bereits auf Unterstützung angewiesen sind? Der Unterschied liegt nach einer neuen Untersuchung darin, ob eine Depression der auslösende Faktor der Demenzsymptome ist. Depressionen können nämlich behandelt werden – und die Behandlung dieser Erkrankung könnte auch das Verschwinden der Demenzsymptome bedeuten.

Um den Schweregrad einer Demenz einzuschätzen, also das ‚kognitive Korrelat des funktionellen Status‘, wird mit Fragebögen und Tests ermittelt, wie gut Betroffene mit Werkzeugen und Geräten im Alltag umgehen können. Ein wichtiger solcher Test ist der IADL (instrumental activities of daily living), mit dem schwere Symptomausprägungen von leichteren abgegrenzt werden. Dieser Schweregrad sagt aber nichts über die Ursache der Symptome aus.

Welche Ursache liegt Demenzsymptomen zugrunde?

Um zu ermitteln, ob eine womöglich behandelbare Grunderkrankung wie eine Depression den Demenzsymptomen zugrunde liegt und ob damit eine Chance für Besserung der Demenzsymptome besteht, analysierten Forscher nun zwei große Patientengruppen.

Von der TARCC-Datenbank (Texas Alzheimer’s Research and Care Consortium) wurden 3502 ältere Menschen aufgenommen. 1275 der Patienten litten an der Alzheimerkrankheit und 732 der Menschen hatten leichte Beeinträchtigungen der Denkleistung. 1445 weitere Kontrollpersonen hatten eine normale Denkleistung. Die zweite Patientenstudie (ADNI) umfasste 1738 Patienten, von denen 342 die Diagnose Alzheimerdemenz erhalten hatten, 978 unter leichter Beeinträchtigung der Denkleistung litten und 417 normale Denkleistungen hatten. Die analysierten Menschen waren im Schnitt 70,8 (TARCC) bzw. 73,8 (ADNI) Jahre alt.

Die Stärke der jeweiligen geistigen Einschränkungen oder Demenzsymptome wurde mit unterschiedlichen Tests ermittelt. Besonders bedeutsam waren die klinische Demenzbewertungsskala (CDR, vom engl. clinical dementia rating scale) und die geriatrische Depressionsskala (GDS), die auch bei Menschen mit einer Demenzerkrankung angewendet werden kann. Verschiedene Blutwerte wurden ebenso zur Einschätzung herangezogen.

Könnten depressive Erkrankungen manche Demenzsymptome verursachen?

Die Forscher fanden, dass ein kleiner Anteil von Patienten, die eine klinische Diagnose mit der Alzheimererkrankung erhalten hatten, tatsächlich auf der Basis ihrer verschiedenen Symptome eher an einer Depression erkrankt waren, die Demenzsymptome zur Folge hatte. Die Menge an der Substanz Resistin im Blut schien diesen Zusammenhang zwischen Depression und Demenzsymptomen teilweise widerzuspiegeln.

Demnach könnten bestimmte Anzeichen im Blut auf eine Depressionserkrankung schließen lassen, die Demenzsymptome zur Folge haben kann. Bei solchen Patienten könnte eine wirksame Behandlung der Depression zu einer spürbaren Besserung der Demenzsymptome führen. Die Methode des analytischen ‚Querdenkens‘ muss nun noch für die Praxis weiterentwickelt werden, könnte aber eventuell in der klinischen Diagnose helfen, Patienten mit heilbaren Demenzsymptomen besser zu identifizieren. Für Betroffene und Angehörige sollten aber die Hoffnung nicht zu groß werden: eine Depression ist nicht automatisch auch ein Grund, an der Alzheimerdiagnose zu zweifeln, da auch diese Erkrankung wiederum zu depressiven  Symptomen führen kann.

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