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Impfstoffe kurz vor der Zulassung: Das Arsenal gegen RSV-Infektionen wächst

Berlin – Ein Kontakt mit Respiratorischen Synzytialviren (RSV) ist im Laufe eines Lebens unumgänglich. Nahezu alle Kinder haben bis zum Ende ihres zweiten Lebensjahres mindestens eine RSV-Infektion hinter sich gebracht – im Kindergarten-, Schul- und Erwachsenenalter folgen in der Regel viele weitere. Weil der Erreger meist nur harmlose Erkältungssymptome verursacht, wurde seine klinische Bedeutung lange unterschätzt – immerhin ist das Virus auch der häufigste Grund für eine Lungenentzündung bei Kindern. Welche Personengruppen ein erhöhtes Risiko für schwer verlaufende RSV-Infektionen haben, wie weit die Entwicklung von Impfstoffen gediehen ist und was die Saisonalität des weltweit vorkommenden Virus für Reisende bedeutet, werden Experten auf der Pressekonferenz des CRM Centrum für Reisemedizin diskutieren, die am 10. März 2023 anlässlich des 24. Forums Reisen und Gesundheit in Berlin stattfindet.

Bis vor eineinhalb Jahren waren RS-Viren außerhalb medizinischer Fachkreise weitgehend unbekannt. Erst als im Sommer 2021 eine für die Jahreszeit außergewöhnliche Häufung von RSV-Fällen auftrat, änderte sich das schlagartig. Und auch im vergangenen Herbst sorgte eine frühe und starke RSV-Infektionswelle für Schlagzeilen. „Die ungewöhnlich hohe Zahl von Infizierten und von Klinikeinweisungen war vermutlich auf Nachholeffekte aus der Pandemie-Zeit zurückzuführen“, sagt Professor Dr. med. Tino F. Schwarz, Chefarzt Institut für Labormedizin und Impfzentrum am Klinikum Würzburg Mitte. Die hohen Erkrankungszahlen, die oft Säuglinge und Kleinkinder betrafen, hätten das Bild vom harmlosen Erkältungsvirus etwas zurechtgerückt, so der Mediziner, der das Thema auf der Pressekonferenz vorstellen wird. „Eine RSV-Infektion ist hinsichtlich der Fallschwere durchaus mit der Influenza vergleichbar“, betont er. Wenn die Infektion auf die unteren Atemwege übergreife, könne sich eine Lungenentzündung entwickeln, die eine Beatmung notwendig machen und sogar tödlich verlaufen könne. Als Risikogruppen gelten ältere Menschen mit Vorerkrankungen, sowie sehr junge Säuglinge und Frühgeborene – insbesondere, wenn sie von Risikofaktoren wie angeborenen Herzfehlern, einer Immunschwäche oder einer gestörten Lungenentwicklung betroffen sind.

Bislang existiert noch keine antivirale Therapie, die schwerwiegende RSV-Verläufe wirksam verhindern könnte. Erste Erfolge wurden dagegen auf dem Gebiet der passiven und aktiven Immunisierung erzielt. „Vor zehn Jahren wurde die Struktur auf der Oberflächen der RS-Viren identifiziert, gegen die die natürliche Immunantwort sich hauptsächlich richtet“, sagt Schwarz. Damit wurde der Entwicklung von monoklonalen Antikörpern neuer Schwung verliehen, die einen passiven Immunschutz vermitteln. Mittlerweile sind in der EU zwei monoklonale Antikörper zugelassen, die für besonders gefährdete Säuglinge entwickelt wurden und für 4 Wochen bzw. fünf Monate vor einer RSV-Infektion schützen. Damit kann der Nestschutz, den Säuglinge meist über ihre Mutter mitbekommen, über die erste RSV-Saison hinweg verlängert werden.

Auch Impfstoffe zur aktiven Immunisierung gegen RSV sind in der Entwicklung weit fortgeschritten. Ein Impfstoffkandidat wird für den Einsatz während der Schwangerschaft entwickelt und soll den Nestschutz des Neugeborenen verstärken. Für ältere Menschen ab 60 Jahren befinden sich derzeit 5 Impfstoffkandidaten in der letzten Phase der klinischen Erprobung, der so genannten Phase 3. „Obwohl dabei unterschiedliche Techniken zum Einsatz kommen, sind die Ergebnisse bislang vergleichbar gut“, berichtet Schwarz. Neben vektorbasierten und Protein-Impfstoffen sei auch ein mRNA-Impfstoff unter den vielversprechenden Kandidaten. „Sowohl die europäische als auch die US-amerikanische Zulassungsbehörde haben für die RSV-Impfstoffe ein beschleunigtes Zulassungsverfahren genehmigt, sodass bereits zur nächsten RSV-Saison ein Impfstoff für ältere Menschen zur Verfügung stehen könnte“, so Schwarz. Fragen zur Dauer des Impfschutzes sowie zu Auffrischimpfungen seien noch offen, würden aber im Rahmen der Phase-3-Studien untersucht.

RSV-Infektionen folgen einer ausgeprägten Saisonalität: In Mitteleuropa fällt diese üblicherweise mit der Grippesaison von November bis April zusammen, mit einem Höhepunkt im Januar und Februar. In den gemäßigten Zonen der Südhalbkugel gilt der Südwinter von Mai bis August als RSV-Saison, in tropischen Gebieten die Regenzeit. „Wer Fernreisen zu diesen Zeiten plant, sollte sich möglichst an die aus der Corona-Zeit bekannten Hygieneregeln halten“, sagt Professor Dr. med. Tomas Jelinek, wissenschaftlicher Leiter des CRM – denn auch RS-Viren werden auf dem Wege der Tröpfchen- und der Schmierinfektion übertragen. Auch wenn derzeit noch kein Impfschutz möglich sei, lasse sich das Ansteckungsrisiko durch regelmäßiges Händewaschen und die Vermeidung von Kontakt zu erkälteten Personen verringern. „Aufgrund der kurzen Inkubationszeit von 2 bis 8 Tagen ist das Risiko hoch, dass die Symptome noch während des Urlaubs einsetzen“, so Jelinek. „Und dann kann selbst eine mild verlaufende Infektion die Urlaubsfreude deutlich trüben.“

Hybrid-Pressekonferenz des CRM Centrum für Reisemedizin anlässlich des 24. Forums Reisen und Gesundheit „Reisen rund ums Meer“

Termin: Freitag, 10. März 2023, 10.00 bis 11.00 Uhr
Ort: Hotel nhow Berlin, Stralauer Allee 3, 10245 Berlin
Link zur Anmeldung zur Hybrid-Pressekonferenz: https://attendee.gotowebinar.com/register/5925142146625678684

Themen und Referierende:

Reisen rund ums Meer – Highlights des 24. Forums Reisen und Gesundheit
Prof. Dr. med. Tomas Jelinek
Wissenschaftlicher Leiter des CRM Centrum für Reisemedizin, Düsseldorf;
Medizinischer Leiter BCRT – Berliner Centrum für Reise- und Tropenmedizin

Seekrankheit: Wege aus der Kinetose
Dr. med. Jens Kohfahl
Facharzt für Allgemeinmedizin, Betriebsmedizin, Notfallmedizin, Sportmedizin
Tauchmedizin (GTÜM e.V.) und Reisemedizin (CRM), Cuxhaven

Mit Kindern am Meer
Dr. med. Mathias Wagner
Niedergelassener Kinder- und Jugendarzt, Berlin

Impfung gegen RSV: erste Erfahrungen
Prof. Dr. med. Tino F. Schwarz
Chefarzt, Institut für Labormedizin und Impfzentrum, Klinikum Würzburg Mitte, Standort Juliusspital, Würzburg

Allgemeine Weltseuchenlage und Reiseimpfungen: Was gibt es Neues?
Prof. Dr. med. Tomas Jelinek
Wissenschaftlicher Leiter des CRM Centrum für Reisemedizin, Düsseldorf;
Medizinischer Leiter BCRT – Berliner Centrum für Reise- und Tropenmedizin

Moderation: Pressestelle CRM, Stuttgart

24. Forum Reisen und Gesundheit „Reisen rund ums Meer“

Termin: 10. und 11.03.2023
Ort: Hotel nhow Berlin, Stralauer Allee 3, 10245 Berlin und online