Das GesundheitsPortal für innovative Arzneimittel, neue Therapien und neue Heilungschancen

Depression

Phasenprophylaxen beeinflussen Hormone

Original Titel:
Comparison of the probability of four anticonvulsant mood stabilizers to facilitate polycystic ovary syndrome in women with epilepsies or bipolar disorder—A systematic review and meta-analysis

Kurz & fundiert

  • Antiepileptische Phasenprophylaxen können hormonelle Effekte haben
  • PCOS-Risiko für Frauen: Gibt es Unterschiede zwischen den Wirkstoffen?
  • Systematische Recherche und Metaanalyse
  • 9 kontrollierte Studien; 500 Patientinnen, 457 gesunde Kontrollen
  • Erhöhtes PCOS-Risiko (Odds Ratio: 3,23) mit Antiepileptika
  • Valproat, Carbamazepin, Oxcarbazepin und Lamotrigin in Netzwerkmetaanalyse
  • Alle Wirkstoffe erhöhten PCOS-Risiko
  • Höheres Risiko mit Valproat, geringstes Risiko mit Lamotrigin

 

DGP – Phasenprophylaxen oder Stimmungsstabilisatoren sind wesentlich zur Therapie der Bipolaren Störung. Dabei kommen häufig Antiepileptika zum Einsatz. Eine Metaanalyse über 20 Studien zeigte nun, dass manche dieser Wirkstoffe bei Frauen jedoch das Risiko für die hormonelle Störung PCOS besonders deutlich erhöhen können.


Der langfristige Einsatz von Antiepileptika spielt bei der Bipolaren Störung eine wichtige Rolle zur Phasenprophylaxe, also zur Vorbeugung von manischen oder depressiven Episoden. Allerdings können auch die antiepileptischen Stimmungsstabilisatoren Nebenwirkungen haben. Dazu zählen unter anderem Effekte auf den Fett-Stoffwechsel und auf Geschlechtshormone. Patientinnen in antiepileptischer Therapie, so zeigten frühere Arbeiten, haben eine höhere Inzidenz der hormonellen Störung PCOS (polyzystisches Ovarialsyndrom), welches bei Frauen häufig beispielsweise zu Stoffwechselproblemen, Übergewicht und verstärkter Behaarung führt und einer Schwangerschaft im Wege stehen kann. Allerdings wurde bislang kein Vergleich unterschiedlicher Wirkstoffe angestellt. Die vorliegende systematische Recherche und Metaanalyse untersuchte nun die Prävalenz von PCOS bei Frauen in Behandlung mit antiepileptischen Phasenprophylaxen und verglich die Wahrscheinlichkeit für PCOS mit unterschiedlichen Wirkstoffen.

Antiepileptische Phasenprophylaxen: Gibt es Unterschiede im PCOS-Risiko zwischen den Wirkstoffen?

Die Autoren ermittelten relevante Studien aus den medizin-wissenschaftlichen Datenbanken PubMed, Embase, Web of Science, Cochrane Library und Clinical Trials. Studien zu antiepileptischen Stimmungsstabilisatoren und PCOS wurden mit Veröffentlichung bis 28. Oktober 2022 und in einer Metaanalyse zusammenfassend betrachtet, mit Fokus auf der kumulativen Wahrscheinlichkeit für ein Medikamenten-induziertes PCOS.

Systematischer Review und Metaanalyse

Die Analyse schloss 20 Studien mit insgesamt 1 524 Patienten in einer 1-armigen Analyse ein, mit zusammengefasster Effektgröße von 0,21 (95 % Konfidenzintervall, KI: 0,15 – 0,28) für PCOS bei Patienten in Behandlung mit antiepileptischen Phasenprophylaxen. In einer Analyse über 9 kontrollierte Studien mit zusammen 500 Patienten mit entsprechender Medikation und 457 gesunden Kontrollen konnte eine erhöhte Wahrscheinlichkeit für PCOS bei Einnahme von Antiepileptika als Phasenprophylaxe gesehen werden (Odds Ratio, OR: 3,23; 95 % KI: 2,19 – 4,76). Um zu ermitteln, ob es Unterschiede zwischen den verschiedenen Antiepileptika gibt, führten die Autoren eine Netzwerk-Metaanalyse über 16 Studien mit insgesamt 1 416 Patientinnen durch. Die Wirkstoffe Valproat, Carbamazepin, Oxcarbazepin und Lamotrigin konnten betrachtet werden. Dabei ergab sich ein höheres Risiko für PCOS bei Behandlung mit Valproat, das geringste Risiko bestand mit Lamotrigin, mit erhöhtem Risiko im Vergleich zur gesunden Bevölkerung mit allen 4 Wirkstoffen (alle p < 0,05):

  • Valproat: OR: 6,86; 95 % KI: 2,92 – 24,07
  • Carbamazepin: OR: 3,28; 95 % KI: 0,99 – 12,64
  • Oxcarbazepin: OR: 4,30; 95 % KI: 0,40 – 49,49
  • Lamotrigin: OR: 1,99; 95 % KI: 0,16 – 10,30

Die Inzidenz von PCOS war demnach generell höher bei Patientinnen mit antiepileptischer Phasenprophylaxe als in der sonst gesunden Bevölkerung. Am höchsten schien das Risiko bei der Behandlung mit Valproat zu sein.

Mit Blick auf das PCOS-Risiko war demnach Lamotrigin zu bevorzugen, hat allerdings mit Blick auf die Wirkung als Phasenprophylaxe ein anderes, stärker antidepressives Profil, als Valproat, Oxcarbazepin oder Carbamazepin, die besonders antimanisch aktiv sind. Valproat wird zudem mittlerweile nur noch selten bei Frauen im gebärfähigen Alter eingesetzt, da das Risiko für Geburtsschäden unter Valproat erhöht sein kann. Frühere Studien, berichten die Autoren, zeigten darüber hinaus, dass besonders Frauen bis 25 Jahre ein erhöhtes Risiko für PCOS unter Antiepileptika haben könnten. Daher sollte speziell in jungen Jahren bei der Therapiewahl auf entsprechende Risikofaktoren geachtet werden.

© Alle Rechte: DeutschesGesundheitsPortal / HealthCom

Ein Serviceangebot und weitere Themen zu Depression: