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Gemeinsam für die Krebsforschung: TRON und GSI/FAIR untersuchen Kombination von Schwerionentherapie und mRNA-Impfstoff

Es könnte eine neue, vielversprechende Kombination von zwei Therapieansätzen sein und ein Schlüssel, um Krebserkrankungen im fortgeschrittenen Stadium besser zu bekämpfen. Um diese Möglichkeit zu erforschen, haben sich zwei starke Partner zusammengeschlossen: das biopharmazeutische und translationale Forschungsinstitut TRON aus Mainz mit seiner hochspezialisierten Onkologieforschung und das GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung in Darmstadt mit seinen weltweit einmaligen Beschleunigeranlagen und der hier entwickelten Krebstherapie mit Ionenstrahlen. Das Ergebnis ihrer gemeinsamen Arbeit haben Forschende beider Einrichtungen nun im „International Journal of Radiation Oncology, Biology, Physics“ veröffentlicht.

Im Rahmen der Experimentierzeit FAIR-Phase 0 auf dem GSI- und FAIR-Campus hatte TRON in Zusammenarbeit mit der GSI-Abteilung Biophysik unter Leitung von Professor Marco Durante die Beschleunigeranlagen genutzt, um Partikeltherapie und Immuntherapie als mRNA-basierten Krebsimpfstoff zu verbinden. Das Experiment hat mit dieser Kombination absolutes Neuland betreten. Ziel des aktuellen Proof-of-Concept-Experiments bei GSI/FAIR war es, die Wirksamkeit von Kohlenstoffionen-Strahlentherapie (CIRT) und konventioneller Röntgenstrahlentherapie, jeweils kombiniert mit einem mRNA basierten, für ein Maustumormodell spezifischen Impfstoff, direkt zu vergleichen.

Aus präklinischen Studien von TRON ist bereits bekannt, dass die mRNA-basierten Impfstoffe in Kombination mit einer konventionellen Röntgenstrahlentherapie wirksame Ergebnisse erzielen. Fragestellung war nun, welche Wirkungen eine Kohlenstoffionen-Strahlentherapie in Kombination mit einer Immuntherapie verursacht und welches Potenzial sie für die Tumorwachstumshemmung hat. Die beiden GSI/FAIR-Forschenden Professor Claudia Fournier und Dr. Alexander Helm erläutern: „Die Kombination dieses potenten systemischen Medikaments mit dicht ionisierender, lokaler Schwerionenbestrahlung könnte ein starkes Werkzeug sein im Kampf gegen den Krebs.“

Noch ist die Forschung von TRON und GSI/FAIR ein Blick in die Zukunft. „Die Ergebnisse haben eine erste Orientierung gegeben, dass die Schwerionen-Strahlentherapie von einer kombinierten Immuntherapie mit mRNA-Krebsimpfstoffen profitieren könnte und sind aufschlussreich für die potenzielle Translation von Radioimmuntherapie-Kombinationen unter Verwendung schwerer Ionen in die Klinik“, erläutern die beiden TRON-Wissenschaftlerinnen Dr. Fulvia Vascotto und Dr. Nadja Salomon. Untersucht wurde ein kolorektales Adenokarzinom, eine Tumorart, die im Darm vorkommt und zu den häufigsten in den westlichen Ländern zählt.

Wie die Untersuchung zeigt, verstärken mRNA-basierte Impfstoffe signifikant die durch Strahlentherapie ausgelöste Hemmung des Tumorwachstums. Dabei ist das Zellwachstum für die Kohlenstoffionen-Strahlentherapie deutlicher gesenkt als für die konventionelle Röntgenstrahlentherapie. Kohlenstoffionen- und Röntgenbestrahlung allein hemmen zwar das Tumorwachstum, lösen aber nur geringfügig spezifische Immunreaktionen gegen den Tumor selbst aus.

Es ist bekannt, dass das Immunsystem eine wichtige Rolle bei der Vermeidung und Heilung von Krebs spielt. Im Normalfall erkennt es entartete Zellen und kann diese „aussortieren“. Doch zugleich besitzt es hochkomplexe Kontrollmechanismen, um Überreaktionen zu vermeiden. Gerade dies können Krebszellen manchmal für sich nutzen und die Immunüberwachung herunterregulieren. Sie verschwinden damit gleichsam vom Radar, tarnen sich so geschickt, dass die körpereigene Abwehr den Feind nicht erkennt oder zu schwach ist, um ihn zu bekämpfen. Individualisierter mRNA-Impfstoff trainiert und reaktiviert das Immunsystem in diesem Kampf gegen den Krebs und unterstützt die richtigen Immunreaktionen in situ.

TRON und GSI/FAIR haben nun nachgewiesen, dass die Kohlenstoffionentherapie der Röntgentherapie in Bezug auf die Induktion des Zelltods und die Immunmodulation des Tumors in murinen Tumorzelllinien überlegen ist. Dadurch wird die Immunogenität, also die Fähigkeit des Immunsystems, den Tumor zu erkennen, erhöht.

Zusammenfassend hat die Studie erstmals ein vergleichendes Ergebnis für Kohlenstoffionen- und Röntgentherapie in Verbindung mit mRNA-Impfstoffen gebracht: Die Impfstoffe weisen in Kombination mit Ionen- und Röntgenstrahlen eine ähnliche therapeutische Gesamtwirksamkeit auf, jedoch ist die physikalische Strahlendosis bei Kohlenstoffionen geringer als bei Röntgenstrahlen. Auch wenn der Weg in eine mögliche klinische Anwendung noch weit ist und noch viele Schritte erfolgen müssen: Die Autor*innen kommen zu dem Schluss, dass die Kombination von Kohlenstoffionen-Strahlentherapie und einem mRNA-basierten Impfstoff eine vielversprechende Strategie für die Behandlung von strahlenresistenten Tumoren ist. (BP)

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Der mRNA-basierte-Impfstoff

Der bei TRON verfolgte Ansatz zielt darauf ab, das Immunsystem über eine systemische Impfung mit Boten-RNA (mRNA) zu stimulieren. Mit der Impfung – die zerbrechliche mRNA ist dabei in eine schützende Lipidhülle verpackt – erhält der tumorerkrankte Organismus wertvolle Informationen. Der von antigenpräsentierenden Zellen in der Milz aufgenommene Impfstoff aktiviert diese Zellen, während sie einen spezifischen Teil der tumorassoziierten Antigene produzieren. In der Folge startet das Immunsystem ein Trainings- und Reaktivierungsprogramm, das es den T-Zellen ermöglicht, die mutierten Krebszellen anzugreifen. Der Krebsimpfstoff basiert auf ähnlichen Technologien wie die mRNA-basierten Impfstoffe gegen Covid-19, wobei sie intramuskulär injiziert werden.

Die Schwerionentherapie

Die bei GSI entwickelte Tumortherapie mit schweren Ionen bietet eine hohe Präzision bei der Verabreichung der Dosis: Die Ionen entfalten ihre schädigende Wirkung am Ende ihrer Flugbahn in einer bestimmten Tiefe, die von der Ionengeschwindigkeit abhängt. Die Verabreichung der schweren Ionen wird ausgefeilt gesteuert, wobei eine geringe Dosis im gesunden Gewebe freigesetzt wird, während in der Tumormasse ein starker Anstieg erreicht wird. Dadurch wird eine irreparable Schädigung des Erbguts der Krebszellen erreicht, ohne das gesunde Gewebe zusätzlich zu belasten.

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