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Übersichtsstudie deutet auf Amantadin als Kandidat zur Behandlung der starken Erschöpfung bei Multipler Sklerose

Original Titel:
Pharmacological treatments for fatigue in patients with multiple sclerosis: A systematic review and meta-analysis.

Erschöpfung, die bei Gesunden oft mit einer Tasse Kaffee und einer kleinen Erholungspause gelöst werden kann, ist bei Multipler Sklerose eine ungleich schwerwiegendere Problematik. Starke Erschöpfungszustände, die sich massiv auf das alltägliche Leben auswirken, Fatigue genannt, betreffen mehr als 80 % der Patienten und gehören damit zu den häufigsten Symptomen der Multiplen Sklerose. Welche Behandlungsoptionen wissenschaftlich gestützt sind, war bisher allerdings unklar. Die aktuelle Forschung zu dieser Frage wurde daher von Dr. Yang und wissenschaftlichen und klinischen Kollegen von der Chongqing Medizinischen Universität in China (2017) in einer Übersichtsstudie zusammengestellt und analysiert.

Dazu wurden verschiedene Datenbanken (PubMed, Embase, Medline, Google Scholar, Cochrane Library) nach wissenschaftlichen Studien zu Multipler Sklerose, Fatigue und deren medikamentöser Behandlung durchsucht. Der Fokus lag dabei auf Studien, in denen die Behandlungen zufallsverteilt mit einer Alternative (beispielsweise Placebo) verglichen worden waren (randomisierte kontrollierte Studien). Zu den gesuchten möglichen Medikationen zählten Amantadin, Modafinil, Aspirin, Acetyl-l-Carnitin, Pemolin und 4-Aminopyridin. Zwei Wissenschaftler bewerteten unabhängig voneinander die Qualität der gefundenen Studien und extrahierten die Studienergebnisse.

Es wurden 11 Studien gefunden, die den Ansprüchen an Studienqualität (z.B. mit Kontrollbehandlung) und Thematik entsprachen. Darin waren insgesamt 723 Patienten untersucht worden. Die therapeutische Wirkung der jeweiligen Behandlungen wurde nach verschiedenen Kriterien eingeschätzt. Dazu gehörten eine Fatigue-Beeinträchtigungsskala (Modified Fatigue Impact Scale, MFIS) sowie die Fatigue-Schweregradskala (Fatigue Severity Scale, FSS). Im Vergleich der Studien zeigte sich, dass vor allem Amantadin eine wirksame Medikation zur Behandlung von Fatigue bei Multipler Sklerose sein kann. Modafinil dagegen erschien insgesamt weniger erfolgreich. Interessanterweise deutete sich in zwei Studien eine zu Amantadin vergleichbare therapeutische Wirksamkeit von L-Carnitin an. Diese Ergebnisse waren allerdings als schwächer zu bewerten, da sie nur mit wenigen Patienten ermittelt worden waren. Weiter zeigte sich im Überblick, dass es unsicher ist, ob Aspirin und 4-Aminopyridin eine positive Wirkung auf die Fatigue haben. Immerhin schienen aber alle Mittel, bis auf Pemolin, gut verträglich zu sein.

Die bisher leider recht begrenzte Studienlage deutet damit auf Amantadin als einziges Medikament mit ausreichender wissenschaftlicher Basis für eine Behandlung der Fatigue bei Patienten mit Multipler Sklerose. Weitere Studien mit größeren Patientenzahlen sind also nötig, um bisher unsichere Kandidaten zu untersuchen und Patienten eine klare Empfehlung zu möglichen Medikationen geben zu können. Auch alternative Ansätze und Konzepte zur Behandlung der Erschöpfung bei Multipler Sklerose sind weiterhin dringend gefragt.

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