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Was bewirkt sportliche Betätigung während der Depressionsbehandlung?

Original Titel:
Exercise increases serum brain-derived neurotrophic factor in patients with major depressive disorder.

Unreife Nervenzellen brauchen Neurotrophine wie eine Art Nährstoff – erhalten sie aber nur, wenn sie ausreichend neue Verknüpfungen, die Synapsen, bilden. Die Neurotrophine sind damit im wachsenden, sich entwickelnden Gehirn unerlässlich. Sie gehören aber auch bei Erwachsenen als wesentliches Element bei Wachstum und zum Schutz von Nervenzellen sowie dem Aufbau von Verknüpfungen, beispielsweise beim Lernen und Erinnern, dazu. Ein solches Neurotrophin ist der Wachstumsfaktor BDNF. Diese Substanz kann auch im Blut nachgewiesen werden. Wieviel davon vorhanden ist kann auch verschiedene neurologische Erkrankungen wiederspiegeln. So wird BDNF auch als mögliches Element bei der Entwicklung der Depression vermutet.
In früheren Studien war ein Effekt von Sport auf die BDNF-Konzentration gezeigt worden. Dies hatte dabei unter anderem auch Auswirkungen auf die Entwicklung von Demenzkrankheiten gehabt. Ob Sport allerdings eine Erhöhung des BDNF und damit eine mögliche Behandlung von Depressionen ermöglichen könnte, ist bisher unklar. Einerseits wurden sowohl Hinweise darauf berichtet, dass Sport den BDNF-Level bei Depression erhöhte, oder aber nicht veränderte. Andererseits zeigten Studien bei nicht-depressiven Probanden veränderte BDNF-Werte in der Folge von sportlicher, aerober (also sauerstoffzuführender) Aktivität. Aufgrund dieser Unklarheiten wurde die vorliegende Studie von Kerling und Kollegen verschiedener sportmedizinischer, physiotherapeutischer und psychiatrischer Institute in London und Hannover (2017) durchgeführt. Sie untersuchten den Effekt von Sport auf die BDNF-Konzentration im Blut depressiver Patienten zusätzlich zu konventioneller (Richtlinien-gemäßer) Behandlung.

42 depressive Patienten nahmen an der Studie teil und wurden zufällig (randomisiert) einer von zwei Behandlungsgruppen zugeordnet: mit 6-wöchigem strukturierten und überwachten Sporttraining zusätzlich zur üblichen Depressionsbehandlung (22 Patienten), und Standardbehandlung allein (20 Patienten). BDNF-Serumwerte wurden in beiden Gruppen vor und nach den 6 Wochen gemessen. Nach 6 Wochen waren die BDNF-Werte in der Standard-Gruppe leicht vermindert, aber in der Übungsgruppe messbar erhöht. Dabei erschienen Patientenalter und BMI auch einen Einfluss zu zeigen.

Einschränkend wirkte bei dieser Studie, dass zwar keine klaren Unterschiede in der Medikation der zwei Gruppen gefunden wurden, allerdings eine Medikamentenwirkung auf den BDNF-Wert durchaus möglich sein könnte. Aufgrund der geringen Anzahl von Teilnehmern konnte außerdem das Geschlecht der Patienten nicht als Faktor überprüft werden. Sporttraining zusätzlich zu Standardbehandlung scheint aber grundlegend Effekte auf die Blutkonzentration des Nervennährstoffs BDNF in depressiven Patienten zu haben. Die vorliegende Studie bietet damit einen möglichen Erklärungsansatz dafür, weshalb Sport in der Behandlung von Depressionen so wichtig ist.

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