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Neuanalyse früherer Studien findet überraschend Wirksamkeit von Tramiprosat bei sehr mild demenzkranken Menschen mit ApoE4/4-Erbanlage

Original Titel:
Clinical Effects of Oral Tramiprosate in APOE4/4 Homozygous Patients with Mild Alzheimer’s Disease Suggest Disease Modification

Von der Alzheimererkrankung betroffene Menschen können unterschiedliche Erbanlagen für das sogenannte Apolipoprotein E besitzen, Varianten des ApoE-Gens. Veränderungen in diesem Gen und nachfolgend in dem nach dem genetischen Bauplan hergestellten Eiweißstoff Apolipoprotein E beeinflussen den Fettstoffwechsel und verursachen vermutlich erhöhte Cholesterinwerte und Arterienverkalkung. Hat ein Mensch ausschließlich (homozygot) die Variante ApoE4, ist das Risiko für die Alzheimererkrankung erhöht. Liegt sogar die Sonderform ApoE4/4 vor, ist das Risiko, schon in jüngeren Jahren zu erkranken, noch mehr erhöht.

Tramiprosat (auch unter den Begriffen 3APS oder Homotaurin bekannt) ist eine als Nahrungsergänzung aufzunehmende Substanz, die Verklumpung der Amyloid zu schädlichen Plaques verhindern kann. Das Mittel wurde klinisch getestet, zeigte aber in klinischen Studien der Phase 3 kaum Wirkung bei Patienten mit milder bis mäßiger Alzheimererkrankung. Aber könnte es eventuell unterschiedlich wirksam gewesen sein, je nachdem wie stark die Patienten betroffen waren?

Dr. Abushakra und Kollegen griffen diese älteren Studien nun wieder auf und führten eine Neuanalyse mit Fokus auf die besonders früh und stark betroffenen Patienten mit der Erbanlage ApoE4/4 durch. Die medizinischen Daten stammten daher aus zwei klinischen Studien, in denen die Patienten zufällig und – ihnen sowie den behandelnden Ärzten unbekannt – einer Behandlung mit Tramiprosat (100 mg oder 150 mg je zweimal täglich) oder einem Placebo zugeteilt wurden. Die Behandlungen erfolgten über eine Dauer von 1,5 Jahren.

2025 Alzheimerpatienten im mittleren Alter von 71 Jahren und bereits eingeschränkter Denkleistung, mit MMST-Werten (Mini-Mental-Statustest) zwischen 16 und 26 Punkten, nahmen an der Studie teil. Ein niedriger MMST-Wert steht dabei für starke Beeinträchtigung der Denkleistung; ein hoher Wert (bis höchstens 30) steht für milde Einschränkungen. Normale Denkleistungen werden üblicherweise ab 24 Punkten festgelegt. Etwa jeder 7. Patient hatte die Genvariante ApoE4/4 (entsprechend 257 Teilnehmer).

Veränderungen der Krankheitssymptome im Vergleich zu Messungen zu Studienbeginn wurden mit dem ADAS-Cog-Test (Veränderung der Denkleistung) und der CDR-Skala (Bewertung der Schwere der Demenz) ermittelt. Zusätzlich wurde auch die Beeinträchtigung infolge der Demenz (DAD, disability assessment for dementia) bestimmt.

Bei den Studienteilnehmern mit ausschließlich dem ApoE4/4-Gen verbesserten sich die Symptome mit 150 mg Tramiprosat deutlicher bei den mild betroffenen Erkrankten (MMST 20-26) als in der Gesamtgruppe (MMST 16-26). Besonders hoch war der Effekt bei den Betroffenen, deren Denkleistung teils als normal gelten konnte, mit MMST-Werten zwischen 22 und 26.

Die positive Wirkung von Tramiprosat im Vergleich zu Placebo zeigte sich dabei sowohl in der Denkleistung (ADAS-Cog) als auch in der klinischen Bewertung (CDR) als auch in der Bewertung der Beeinträchtigung (DAD). Die Gruppe der Patienten, die zum Studienbeginn nur kaum von der Demenz betroffen waren (MMST 22-26), blieben dabei im Mittel geistig ohne Abstriche stabil über die gesamte Studiendauer (1,5 Jahre) hinweg. Dadurch wurde der Abstand in den ADAS-Cog- und DAD-Werten im Vergleich zur Placebogruppe immer größer. Die Verträglichkeit von Tramiprosat schien dabei meistens gut zu sein. Unerwünschte Ereignisse, die am häufigsten genannt wurden, waren Übelkeit, Depression und Gewichtszunahme.

Die Analyse einer Untergruppe von Patienten der früheren Alzheimerstudien mit Tramiprosat zeigt also, dass das Mittel durchaus wirksam sein kann – allerdings vor allem bei den Patienten, die noch kaum betroffen sind. Hier wurde vor allem der Schwerpunkt auf die schwerstbetroffene Gruppe mit der ausschließlichen ApoE4/4-Variante gelegt, die besonders gut auf die Einnahme von Tramiprosat ansprach.

Weitere Studie sollen nun mit verbesserten Darreichungen des Mittels (ALZ-801) die Wirkung bei noch kaum betroffenen Menschen mit der besonders aggressiven Form des Alzheimergens, dem ApoE4/4 durchgeführt werden. Die neue Substanz erhielt dazu im Herbst 2017 von der US-amerikanischen FDA (food and drug administration) den Fast track-Status, mit dem eine besonders rasche Entwicklung und Testung eines wichtigen Medikaments ermöglicht werden soll. Interessant dabei ist auch, dass die Studie einmal mehr bestätigt, was auch die letzten klinischen Studien mit Biologika fanden: frühes Erkennen ist der bisher kritischste Faktor für eine wirksame Behandlung und eventuell Heilung einer beginnenden Alzheimererkrankung.

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