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Wenn die Migräne nicht endet: Status migraenosus bei Kindern und Jugendlichen könnte auch mit Lidocain behandelt werden

Original Titel:
SAFETY AND EFFICACY OF INTRAVENOUS LIDOCAINE IN THE TREATMENT OF ADOLESCENTS WITH STATUS MIGRAINE

Die rückblickende Studie fand, dass intravenös gegebenes Lidocain offenbar eine gut verträgliche und wirksame Behandlungsoption beim Status migraenosus bei Kindern und Heranwachsenden sein kann. Je nach Vorbedingungen der jungen Patienten könnte dies eventuell eine Alternative zu Kortisonpräparaten sein.


Migräneattacken sind schlimm genug, wenn sie nur wenige Stunden oder einen Tag dauern. Im schlimmsten Fall können die Anfälle allerdings sogar mehrere Tage dauern. Attacken, die trotz Behandlung nach 72 Stunden nicht beendet sind, bezeichnet man als Status migraenosus, also Migränezustand. Je nach Ursache der Dauermigräne unterscheidet sich die therapeutische Vorgehensweise – der Auslöser, beispielsweise Hormonschwankungen oder Medikamentenübergebrauch, wird möglichst enttarnt und behandelt. Zusätzlich stehen aber auch Mittel zur Akutbehandlung zur Verfügung. Dazu gehören kortisonartige Mittel wie Prednisolon, die, intravenös oder in Tablettenform, die Schmerzen an den Hirnhäuten effektiv bekämpfen können. Eine alternative Behandlung besteht aus intravenös verabreichtem Lidocain, ein Mittel, das beispielsweise als Nasenspray für die Akutbehandlung von Clusterkopfschmerz üblich ist. Ziel einer rückblickenden Studie unter anderem von Neurologen des Kinderkrankenhauses von Orange County im US-amerikanischen Kalifornien war es nun, die Sicherheit und Wirksamkeit dieser Behandlungsoption bei Kindern und heranwachsenden Patienten mit Status migraenosus zu ermitteln.

Langanhaltende Migräne: womit kann bei Kindern und Heranwachsenden der Status migraenosus behandelt werden?

Die Forscher verglichen dazu rückblickend Patienten im Alter von 10 bis 19 Jahren, deren langanhaltende Migräne (mit Kopfschmerz) mit intravenös gegebenem Lidocain zwischen März 2014 und März 2016 behandelt wurde.

Insgesamt 33 Lidocaininfusionen wurden ermittelt und analysiert. Im Durchschnitt waren die Patienten fast 5 Tage im Krankenhaus in Behandlung. Ein Viertel der jungen Patienten hatte vor der Behandlung mit Lidocain im selben Krankenhausaufenthalt bereits eine erfolglose Behandlung mit Ergot erhalten. Jeder Dritte war schon früher mit Lidocain behandelt worden. Sämtliche Patienten wurden neurologisch untersucht. Zusätzlich wurde vor der Behandlung mit Lidocain die Herzgesundheit mit Hilfe von Echokardiogramm, EKG und der Untersuchung durch einen Herzspezialisten sichergestellt. Zur Behandlung wurden bei allen jungen Migränepatienten in der pädiatrischen Intensivstation kontinuierlich Herzfunktion und Atmung überwacht. Das Lidocain wurde bei einem Großteil (80 %) der Jugendlichen und Kinder als sogenannter Bolus über einen recht kurzen Zeitraum (90 Minuten) gegeben. Die Patienten vertrugen diese Behandlung typischerweise sehr gut. Lediglich ein Patient litt unter Schmerzen in der Brust und Angst.

Infusion mit Lidocain über 90 Minuten

Wie gut wirkte aber das Medikament? Im Mittel erreichte die Behandlung eine Halbierung der Migräneschmerzen innerhalb von etwa 16 Stunden. Verschwunden waren die Schmerzen im Mittel nach 19 Stunden – Schmerzlosigkeit erreichten zudem die meisten Patienten (90 %). Allerdings kehrte bei der Hälfte der Kopfschmerz im Anschluss, wenn auch schwächer, zurück. Insgesamt konnte mit der Lidocain-Behandlung das Ausmaß der Schmerzen deutlich gesenkt werden. Die Patienten mit den höchsten anfänglichen Schmerzwerten von durchschnittlich 5,1 an Tag 1 erreichten innerhalb von 5 Tagen einen niedrigen Schmerzwert von 1. Die Patienten mit den niedrigsten anfänglichen Schmerzwerten von etwa 2,1 waren zum Ende der Behandlung im Mittel komplett schmerzfrei.

90 % der Patienten erreichten Schmerzlosigkeit – je geringer die Schmerzen zu Beginn der Behandlung, desto besser die Wirkung

Die rückblickende Studie fand, dass intravenös gegebenes Lidocain offenbar eine gut verträgliche und wirksame Behandlungsoption beim Status migraenosus bei Kindern und Heranwachsenden sein kann. Je nach Vorbedingungen der jungen Patienten könnte dies eventuell eine Alternative zu Kortisonpräparaten sein.

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