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Migräne

Unterstützung für schwache Energielieferanten: Mitochondrien-Substanz Riboflavin als Nahrungsergänzung zur Migräneprophylaxe

Original Titel:
Prophylaxis of migraine headaches with riboflavin: A systematic review

Zusammengenommen zeigt sich, dass es durchaus gute Gründe für eine präventive Nahrungsergänzung mit Riboflavin bei der Migräne gibt. Die Wirkung kann allerdings je nach Patient, genauer: je nach genetischer Ausstattung der Mitochondrien, unterschiedlich ausgeprägt sein. Allerdings ist Riboflavin gut verträglich, vergleichsweise günstig und wird von den größeren Kopfschmerzgesellschaften aufgrund seiner wahrscheinlichen Wirksamkeit zur Prävention von Migräne unterstützt.


Nicht nur direkt Betroffenen ist bewusst, dass die Behandlung von Migräne stark von verschiedenen Faktoren abhängt – da spielen Schlaf und Tag-Nacht-Rhythmik, Hormonzyklen und plötzliche hormonelle Veränderungen, aber auch Ernährung mit Regelmäßigkeit der Essenszeiten und Vermeidung von möglichen Auslösern für eine Attacke alle miteinander rein. Aber auch Nahrungsergänzung kann eine wichtige Rolle spielen: bereits bekannt ist, dass die regelmäßige Einnahme von Magnesium die Migräneprophylaxe unterstützt. Auch Coenzym Q10, eine Substanz aus der Energiezentrale unserer Zellen, den Mitochondrien, kann die Häufigkeit von Migräneattacken nachweislich senken. Riboflavin, auch als Vitamin B2 bekannt, wurde ebenfalls häufiger als vorbeugend wirksame Nahrungsergänzung beschrieben. Ist dies aber durch Studien verlässlich belegbar? Ziel der Studie von Prof. Thompson und Prof. Saluja, Pharmazeuten von der US-amerikanischen Southwestern Oklahoma State University, war es, in einer systematischen Übersicht die Rolle und den Wert von Riboflavin in der Migräneprophylaxe zu ermitteln.

Studienübersicht zum Wert der Nahrungsergänzung mit Riboflavin

Dazu durchsuchten sie die medizinwissenschaftlichen Datenbanken MEDLINE (Veröffentlichungsjahre 1966 bis 2016), Excerpta Medica (1980 bis 2016) und Web of Science (1945 bis 2016) nach Veröffentlichungen mit den Schlüsselbegriffen Riboflavin und Migräne. Die gefundenen Veröffentlichungen wurden zusätzlich auf Referenzen zu weiteren relevanten Veröffentlichungen durchsucht. Der Fokus lag bei den Studien auf solchen, die in der englischen Sprache publiziert worden waren und sich um menschliche Studienteilnehmer drehten. Mit eingeschlossen in die Übersicht waren klinische Studien mit Riboflavin (allein oder in Kombination mit anderen Wirkstoffen), Übersichtsartikel und unterstützende Studien, die die Anwendung von Riboflavin beispielsweise mit Bezug auf Wirkmechanismus, Bioverfügbarkeit, Wirkstoffaufnahme oder besondere Effekte auf spezielle Untergruppen von Patienten (Pharmakogenetik) im Rahmen der Migränebehandlung betrachteten.

Gemischtes Bild aus klinischen Studien

Die Wissenschaftler fanden 11 klinische Studien, die insgesamt ein sehr gemischtes Bild der Wirkung von Riboflavin aufzeigten. Fünf der Studien demonstrierten einen durchgängig positiven therapeutischen Effekt bei Erwachsenen mit Migräne. Vier Studien fanden unklare, gemischte Ergebnisse bei der Behandlung von Kindern und Heranwachsenden mit Migräne. Schließlich zeigten zwei klinische Studien, in denen Riboflavin in Kombinationsmitteln eingenommen wurde, im Gesamtergebnis keine positive Wirkung auf die Migräne der Studienteilnehmer. Immerhin: Nebenwirkungen der Behandlung mit Riboflavin waren generell mild. Die Dosierung schwankte je nach Studie zwischen 50 mg und 400 mg pro Tag – wobei die ‚erfolgreicheren‘ Studien eher mit der höheren Dosis arbeiteten.

Kopfschmerz-Forschungsgemeinschaften stehen Riboflavin positiv gegenüber

Die amerikanische Kopfschmerzgesellschaft/amerikanische Akademie für Neurologie bewertete in 2012 den Wirkstoff Riboflavin aufgrund der Studienlage als ‚wahrscheinlich wirksam‘ – also in einer Skala der vorbeugend effektiven Substanzen auf zweiter Stufe hinter dem Betablocker Propanolol und Topiramat, und auf einer Stufe mit Mitteln wie Trizyklika, Naratriptan und Zolmitriptan. Die kanadische Kopfschmerzgesellschaft gab im Jahr 2012 eine starke Empfehlung für Riboflavin (im Rahmen einer Prophylaxestrategie mit geringen Nebenwirkungen) ab – basierend auf wahrscheinlicher Wirksamkeit mit geringem Schaden, bei allerdings nur schwacher Evidenz. Eine aktuellere Übersichtsstudie (Orr, 2015 in der medizinwissenschaftlichen Fachzeitschrift Cephalalgia erschienen) bestätigte diese Einschätzung. Manche der Riboflavin-Studien seien zwar methodisch nicht von bester Qualität, allerdings sind sich verschiedenste Untersuchungen bei erwachsenen Patienten einig darin, dass die Substanz einen messbaren Unterschied in der Migränevorbeugung macht. Einerseits wird das Mittel also als unschädlich betrachtet, andererseits sind aber seine Vorteile aus Perspektive der Kanadier trotz unsicherer Daten vielversprechend genug, um es als ergänzende Prophylaxe zu empfehlen. Die europäische Vereinigung neurologischer Gesellschaften schließlich klassifizierte 2009 Riboflavin als Mittel dritter Wahl mit ‚wahrscheinlicher Wirksamkeit‘.

Auf welchem Wege könnte Riboflavin überhaupt auf die Migräne einwirken?

Die am deutlichsten mit der Migräne verbundene Erkrankung, die sich genetisch klar beschreiben lässt, ist eine Störung der Mitochondrien, der Kraftwerke unserer Körperzellen. Riboflavin wird in den Mitochondrien als Katalysator gebraucht: dort aktiviert es zwei der Eiweißkomplexe in dem ‚Atmungskette‘ genannten Prozess, der aus gegessener Energie in Form von Zucker schrittweise die Energiewährung der Zellen, ATP, herstellt. Im selben Prozess spielt übrigens auch das Coenzym Q10 eine kritische Rolle, als Grundsubstanz mehrerer Werkzeuge im Energiegewinnungsprozess der Atmungskette. Braucht der Körper also besonders viel Energie, laufen die Mitochondrien auf Hochtouren, wird auch vermehrt Coenzym Q10 und Riboflavin benötigt. Eventuell liegt aber bei der Migräne eine vererbbare Ineffizienz der Mitochondrien vor, wie sich bei dem Überlapp mit Mitochondrienerkrankungen zeigt. Das bedeutet, dass für dieselbe Menge an Energie im Körper vermutlich mehr der Grundsubstanzen für den reibungslosen Ablauf der Atmungskette gebraucht werden. Mit diesen Konzepten im Hinterkopf untersuchten Di Lorenzo und Kollegen (2009 im Fachjournal Neurology erschienen), ob Menschen mit einer messbaren Veranlagung zur Mitochondrienschwäche (mit sogenannter non‐H-Haplotypen mtDNA, die weniger aktiv ist als normale mitochondriale DNA) besser auf Riboflavin ansprechen als Menschen, deren Mitochondrien vergleichsweise normal aktiv sind. Tatsächlich zeigte sich in dieser Studie zwar einerseits eine messbare Senkung der monatlichen Migränehäufigkeit mit Riboflavin – dies aber deutlicher bei den Patienten mit geschwächten Mitochondrien.

Gute Gründe für Mitochondrien-Unterstützung

Zusammengenommen zeigt sich also, dass es durchaus gute Gründe für eine präventive Nahrungsergänzung mit Riboflavin bei der Migräne gibt. Die Wirkung kann allerdings je nach Patient, genauer: je nach genetischer Ausstattung der Mitochondrien, unterschiedlich ausgeprägt sein. Allerdings ist Riboflavin gut verträglich, vergleichsweise günstig und wird von den größeren Kopfschmerzgesellschaften aufgrund seiner wahrscheinlichen Wirksamkeit zur Prävention von Migräne unterstützt.

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