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KHK / Herzinfarkt

Bypass-Operation am schlagenden Herzen – Besser offen oder minimalinvasiv operieren?

Original Titel:
Does minimally invasive coronary artery bypass improve outcomes compared to off-pump coronary bypass via sternotomy in patients undergoing coronary artery bypass grafting?

DGP – Die Bypass-Operation ist ein Standardverfahren, um die Durchblutung bei verengten Koronararterien wiederherzustellen. Mit neueren Operationstechniken kann diese Operation auch am schlagenden Herzen durchgeführt werden, mit unterschiedlichem Zugangsweg zum Herzen: offenen oder minimalinvasiv. Zwar herrscht Uneinigkeit in der Forschung, die minimalinvasive Operation scheint jedoch mit Risiken verbunden zu sein, die nicht außer Acht gelassen werden sollten.


Patienten mit der koronaren Herzkrankheit (KHK) weisen Verengungen in den Koronararterien auf. Die Koronararterien versorgen das Herz mit Blut – also mit Sauerstoff und Nährstoffen. Wenn diese verengt sind, kommt es zu Durchblutungsstörungen des Herzens, was dramatische Folgen haben kann. Um die Durchblutung bei solchen Verengungen wiederherzustellen, eignen sich verschiedene Methoden. Eine dieser Methoden stellt der Bypass dar. Es handelt sich dabei um eine Gefäßbrücke, die über die Engstelle gebildet wird, sodass das Blut die Verengung umfließen kann, also sozusagen eine Umleitung. Es gibt verschiedene Methoden, wie ein solcher Bypass angelegt werden kann. Bei der sogenannten Off-Pump-Methode kann am schlagenden Herzen operiert und somit auf eine Herz-Lungen-Maschine verzichtet werden. Diese Operation ist jedoch sehr aufwändig und bedarf einen sehr erfahrenen Operateurs. In der Regel wird hierbei das Brustbein geöffnet, um Zugang zu dem Herzen zu erlangen (OPCAB kurz für off-pump coronary artery bypass). Bei einem anderen Verfahren wird der körperliche Eingriff minimiert (MIDCAB kurz für minimally invasive direct coronary artery bypass). Hier wird nur ein kleinerer Einschnitt (6 bis 13 cm) zwischen den Rippen gemacht, von wo aus der Operateur an den Brustraum gelangt. Daher wird die Operation auch als minimalinvasive Operation bezeichnet. Doch von welcher Operationsmethode profitiert der Patient mit einer oder mehreren verengten Koronararterien am meisten? Welche Operationsmethode wirkt sich besser auf den Krankheitsverlauf und das Sterberisiko aus?

Welche Operation erzielt größere Erfolge – die offene oder die minimalinvasive Operation?

Diese Frage stellten sich Wissenschaftler des St Vincent’s Public Hospital in Melbourne (Australien). Um Antworten zu finden, suchten sie in internationalen Datenbanken nach Studien, die sich bereits mit dieser Frage beschäftigt hatten. Sie fanden 12 Studien, die sie für geeignet hielten, um der Antwort ein Stückchen näher zu kommen. Die Wissenschaftler erstellten eine Übersicht über die Ergebnisse dieser Studien.

Die minimalinvasive Operationsmethode schien Vorteile zu haben

Bei dem Vergleich der beiden Operationsmethoden stellten die Wissenschaftler fest, dass durch das minimalinvasive Verfahren sowohl der gesamte Krankenhausaufenthalt als auch der Aufenthalt auf der Intensivstation verkürzt werden konnten. Die Patienten, die mit dem minimalinvasiven Verfahren operiert wurden, verbrachten nämlich zwischen 4,5 und 8,5 Tage im Krankenhaus, während die Patienten mit der offenen Operation 5,2 bis 12 Tage im Krankenhaus blieben. Was die Aufenthaltsdauer auf der Intensivstation anging, so betrug diese bei der minimalinvasiven Operation mindestens 4,5 Stunden und bei der offenen Operation mindestens 5,2 Stunden. In einer Studie brachte die minimalinvasive Operation den Patienten nach einem Jahr sogar einen Überlebensvorteil. In dieser Studie hieß es, dass innerhalb des ersten Jahres nach dem Eingriff 14 % der Patienten mit der offenen Operation verstorben waren, während das bei der minimalinvasiven Operation bei 3 % der Fall war.

Viele Studien wiesen jedoch auf Risiken der minimalinvasiven Operation hin

Die minimalinvasive Operationsmethode schien somit Vorteile zu bieten. Dies sah jedoch in einigen anderen Studien ganz anders aus. In diesen zeichnete sich ein gegenteiliges Bild ab. Sie zeigten, dass die minimalinvasive Methode durchaus mit Risiken verbunden war. Patienten mit dem minimalinvasiven Verfahren hatten nämlich im Vergleich zu Patienten mit dem offenen Verfahren ein höheres Risiko, dass die Durchblutung nicht komplett wiederhergestellt werden konnte (minimalinvasives Verfahren: 29 % vs. offenes Verfahren: 0 %), dass bereits früh schwere Komplikationen auftraten (minimalinvasives Verfahren: 22,5 % vs. offenes Verfahren: 0 %) und dass eine erneute Maßnahme zu Wiederherstellung der Durchblutung notwendig wurde (minimalinvasives Verfahren: 12,2 % vs. offenes Verfahren: 3,7 %). Außerdem mussten Patienten nach der minimalinvasiven Operation häufiger nach 3 Monaten wieder ins Krankenhaus (minimalinvasives Verfahren: 20 % vs. offenes Verfahren: 2 %), erlitten nach dem Eingriff häufiger einen Infarkt (minimalinvasives Verfahren: 2,9 % vs. offenes Verfahren: 1,45 %) und mussten häufiger dringend erneut operiert werden (minimalinvasives Verfahren: 16 % vs. offenes Verfahren: 0 %).

Die erwähnten Risiken der minimalinvasiven Operationsmethode schienen sich jedoch weder auf das kurzfristige (minimalinvasives Verfahren: 0-1 % vs. offenes Verfahren: 0-1,6 %) noch auf das mittelfristige Sterberisiko (minimalinvasives Verfahren: 0-3 % vs. offenes Verfahren: 0-14 %) auszuwirken.

Es gibt somit widersprüchliche Daten darüber, welche Off-Pump-Operationsmethode – minimalinvasiv oder offen – sich für die Behandlung von Patienten mit einer oder mehreren verengten Koronararterien besser eignet. Viele Studien berichteten jedoch von Risiken des minimalinvasiven Verfahrens, die laut der Autoren bei der Therapiewahl nicht übersehen werden sollten. Die Autoren schlussfolgerten anhand der Ergebnisse der bereits veröffentlichten Studien, dass das minimalinvasive Verfahren mit einem schlechteren Krankheitsverlauf und mit mehr erneuten Eingriffen verbunden war als die offene Operation. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass nicht verschiedene Patientengruppen betrachtet wurden. So könnte es durchaus sein, dass die einen Patienten von der minimalinvasiven Operation profitieren, während sich bei den anderen die offene Operation besser eignet. Dies könnte auch ein Grund für die widersprüchlichen Ergebnisse sein. Weitere Studien, die Patienten identifizieren, die von einer bestimmten Operationsmethode profitieren, sind demnach nötig, um eine endgültig Aussage treffen und jedem Patienten die für ihn beste Behandlung bieten zu können.

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