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Cyproteron: Überprüfung des Meningeomrisikos

14.02.2020 – Empfehlung des PRAC

Einschränkungen bei der Anwendung von Cyproteron aufgrund des Meningiomrisikos

Der Ausschuss für Risikobewertung im Bereich der Pharmakovigilanz (PRAC) der EMA hat empfohlen, dass Arzneimittel mit Tagesdosen von mindestens 10 mg Cyproteron nur bei androgenabhängigen Erkrankungen wie Hirsutismus (übermäßiger Haarwuchs), androgener Alopezie (Haarausfall), Akne und Seborrhoe (übermäßig fettige Haut) eingesetzt werden sollten, wenn andere Behandlungsoptionen, einschließlich der Behandlung mit niedrigeren Dosen, versagt haben. Sobald höhere Dosen zu wirken beginnen, sollte die Dosis schrittweise auf die niedrigste effektive Dosis reduziert werden.

Die Arzneimittel sollten nur dann zur Dämpfung des Sexualtriebs bei Sexualdeviationen bei Männern eingesetzt werden, wenn andere Behandlungsoptionen ungeeignet sind.

Es gibt keine Änderung bei der Anwendung der Arzneimittel bei Männern mit Prostatakrebs.

Die Empfehlungen sind das Ergebnis einer Überprüfung des Risikos für die Entstehung des seltenen Meningioms nach Anwendung von Cyproteron. Insgesamt tritt diese Nebenwirkung selten auf. Sie kann 1 bis 10 von 10.000 Personen betreffen, abhängig von der Dosierung und Dauer der Behandlung. Das Risiko steigt mit zunehmender kumulativer Dosis (Gesamtmenge eines Arzneimittels, die ein Patient im Laufe der Zeit eingenommen hat).

Die verfügbaren Daten weisen nicht auf ein Risiko für niedrig dosierte cyproteronhaltige Arzneimittel hin, die ein oder zwei Milligramm Cyproteron in Kombination mit Ethinylestradiol oder Estradiolvalerat enthalten und bei Akne, Hirsutismus, Verhütung oder in der Hormonersatztherapie eingesetzt werden. Als Vorsichtsmaßnahme sollten sie jedoch nicht bei Personen angewendet werden, bei denen ein Meningeom vorliegt oder in der Vergangenheit vorgelegen hat. Diese Einschränkung gilt bereits für die höher dosierten Arzneimittel.

Ärzte sollten die Patienten auf Symptome eines Meningioms überwachen, die Veränderungen der Sehkraft, Hörverlust oder Ohrensausen, Verlust des Riechsinns, Kopfschmerzen, Gedächtnisverlust, Krampfanfälle oder Schwäche in Armen und Beinen umfassen können. Wenn bei einem Patienten ein Meningiom diagnostiziert wird, sollte die Behandlung mit cyproteronhaltigen Arzneimitteln dauerhaft beendet werden.

Im Rahmen der laufenden Bewertung der Sicherheit dieser Arzneimittel müssen Inhaber von Arzneimittelzulassungen mit Einzeldosen ≥ 10 mg Cyproteron eine Studie durchführen, um das Bewusstsein der Ärzte für das Meningiomrisiko und seine Vermeidung zu bewerten.

Das Meningiom ist ein seltener Tumor der Hirnhaut, die das Gehirn und das Rückenmark umschließt. Er ist meist nicht bösartig und wird nicht als Krebs betrachtet, allerdings können Meningeome aufgrund ihrer Lage im und um das Gehirn und das Rückenmark ernsthafte Probleme verursachen.

Informationen für Patienten

  • Es besteht ein sehr geringes Risiko für das Entstehen eines Meningiom durch cyproteronhaltige Arzneimittel, insbesondere, wenn sie in hohen Dosen (25 mg täglich oder mehr) eingenommen werden.
  • Bei einigen Anwendungen – übermäßiger Haarwuchs, Haarausfall, Akne und fettige Haut – sollten Arzneimittel mit 10 mg oder mehr Cyproteron nur dann angewendet werden, wenn andere Behandlungsoptionen, einschließlich niedrig dosierter cyproteronhaltiger Arzneimittel, nicht gewirkt haben oder nicht eingesetzt werden können. Sobald sie ihre Wirkung zeigen, sollte die Dosis allmählich auf die niedrigste wirksame Dosis reduziert werden.
  • Cyproteronhaltige Arzneimittel sollten nur dann zur Dämpfung des Sexualtriebs bei Sexualdeviationen bei Männern eingesetzt werden, wenn andere Behandlungsoptionen ungeeignet sind.
  • Obwohl es keine Hinweise auf ein Risiko für niedrig dosierte Arzneimittel gibt, die Cyproteron in Kombination mit Ethinylestradiol oder Estradiolvalerat enthalten, sollten diese Arzneimittel vorsichtshalber nicht bei Personen eingesetzt werden, bei denen ein Meningeom vorliegt oder in der Vergangenheit vorgelegen hat. Höher dosierte cyproteronhaltige Arzneimittel weisen diese Einschränkung bereits auf: Sie dürfen bei Meningiomen nicht angewendet werden.
  • Es gibt keine Änderungen bei der Anwendung cyproteronhaltiger Arzneimitteln bei Prostatakrebs.
  • Wenn Sie ein cyproteronhaltiges Arzneimittel einnehmen und Fragen zu Ihrer Behandlung haben, sprechen Sie mit Ihrem Arzt oder Apotheker.

Informationen für Angehörige der Heilberufe

  • Das Auftreten von Meningiomen (singulär oder multipel) wurde in Zusammenhang mit der Einnahme von Cyproteronacetat berichtet, hauptsächlich bei Dosen ≥ 25 mg/Tag.
  • Das Risiko steigt mit zunehmender kumulativer Dosis von Cyproteronacetat an. Die meisten Fälle wurden nach längerer Exposition (mehrere Jahre) mit hohen Dosen von Cyproteron ( ≥ 25 mg pro Tag) gemeldet.
  • Arzneimittel, die 10 mg oder mehr Cyproteron enthalten, sollten nur bei Hirsutismus, androgener Alopezie, Akne und Seborrhoe eingesetzt werden, wenn andere Behandlungsoptionen, zum Beispiel niedrig dosierte cyproteronhaltige Arzneimittel wie Cyproteronacetat 2 mg/Ethinylestradiol 35 Mikrogramm, nicht wirksam waren. Nach klinischer Besserung sollte die Dosis allmählich auf die niedrigste wirksame Dosis reduziert werden.
  • Cyproteronhaltige Arzneimittel sollten bei Männern nur dann zur Reduzierung des Sexualtriebs bei Sexualdeviationen eingesetzt werden, wenn andere Behandlungen nicht angezeigt sind.
  • Angehörige von Heilberufen sollte die Patienten entsprechend der klinischen Praxis auf klinische Anzeichen und Symptome des Meningioms überwachen. Die Symptome können unspezifisch sein und Veränderungen des Sehvermögens, Hörverlust oder Ohrensausen, Verlust des Geruchssinns, Kopfschmerzen, die sich mit der Zeit verschlimmern, Gedächtnisverlust, Krampfanfälle oder Schwäche in den Extremitäten umfassen.
  • Wenn bei einem mit Cyproteronacetat behandelten Patienten ein Meningiom diagnostiziert wird, muss die Behandlung mit allen cyproteronacetathaltigen Arzneimitteln dauerhaft eingestellt werden.
  • Cyproteronacetat (1 und 2 mg) in Kombination mit Ethinylestradiol oder Estradiolvalerat ist bei Patienten mit einem Meningiom oder einer Vorgeschichte von Meningiomen kontraindiziert. Zulassungen mit höheren Stärken cyproteronhaltiger Arzneimittel weisen diese Kontraindikation bereits auf.
  • Es gibt keine Änderung bei der Anwendung von cyproteronhaltigen Arzneimitteln bei Prostatakrebs. Diese Arzneimittel werden als Antiandrogene bei inoperablem Prostatakrebs eingesetzt, auch zur Verhinderung des anfänglichen „Flare-up„-Phänomens bei der Behandlung mit LHRH (Luteinisierendes Hormon Releasing Hormon)-Agonisten.
  • Der Zusammenhang zwischen hochdosiertem (50 mg/Tag) Cyproteronacetat und dem Risiko der Entstehung eines Meningioms wurde erstmals 2009 in die Produktinformation für Arzneimittel mit einer Cyproteron-Tagesdosis von 10 mg oder mehr aufgenommen. Für Patienten mit einer Vorgeschichte von Meningiomen sind die Arzneimittel kontraindiziert.
  • Das aktuelle Risikobewertungsverfahren umfasst die jüngsten Ergebnisse einer französischen epidemiologischen Studie, die eine kumulative dosisabhängige Assoziation zwischen Cyproteronacetat und Meningiom aufzeigte (Weill et al.,), sowie einer Analyse der französischen Arzneimittelbehörde (ANSM), von Fällen zum Auftreten von Meningiomen bei Anwendung von Cyproteron in Frankreich. Die kürzlich veröffentlichte Literatur und eine Analyse der EU-Datenbank für unerwünschte Nebenwirkungen, EudraVigilance, wurden ebenfalls einbezogen.

Es wird eine direkte Mitteilung (Roter-Hand-Brief) an die Angehörigen der Heilberufe versandt werden, die das Arzneimittel aktuell verschreiben, abgeben oder verabreichen.

12.07.2019 – Start des Verfahrens

Details zu dem Verfahren können unter folgendem Link bei der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) abgerufen werden:

Cyproterone-containing medicinal products