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Corona

CED: Vor Beginn der Biologika-Therapie Patienten auf SARS-CoV-2 testen

Original Titel:
Viral screening before initiation of biologics in patients with inflammatory bowel disease during the COVID-19 outbreak

DGP – Wirkstoffe, die bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen eingesetzt werden, greifen oftmals in das Immunsystem ein – so auch die Biologika. Da die Biologika, die bei chronischen Darmentzündungen zum Einsatz kommen, das Immunsystem herunterregulieren, steigt mit deren Anwendung das Risiko für opportunistische Infektionen. Aus diesem Grund empfehlen Wissenschaftler aus Italien, die Patienten auf das neue Coronavirus SARS-CoV-2 zu testen, bevor eine Therapie mit Biologika neu begonnen wird.


Patienten mit einer chronischen Darmentzündung sollen ihre Medikamente während der Coronavirus-Pandemie wie gewohnt weiter anwenden. Eine neue Verschreibung von Immunsuppressiva und Biologika sollte hingegen, wenn möglich, während der Pandemie verschoben werden. Dies empfehlen Gastroenterologen und Experten für Infektionskrankheiten im Auftrag der COVID-19 ECCO (Europäischen Crohn- und Colitis-Organisation) Taskforce auf Grundlage des derzeitigen Wissensstands. Die italienischen Wissenschaftler Fabiana Zingone und Edoardo Vincenzo Savarino der Abteilung für Gastroenterologie der Universität Padua (Italien) teilen diese Ansicht, merkten jedoch an, dass für Patienten, deren chronisch entzündliche Darmerkrankung sehr aktiv ist, das Aufschieben einer neuen Therapie nicht immer möglich ist.

Biologika können das Risiko für Infektionen erhöhen

Die Wissenschaftler erklärten in ihrer Veröffentlichung, dass Biologika das Risiko für Infektionen erhöhen können. Sie beriefen sich diesbezüglich auf verschiedene Studien, die dies zeigten. So zeigte beispielsweise eine Meta-Analyse mit Daten von 4135 Patienten, die TNF (Tumornekrosefaktor)-Hemmer bekamen, dass die Patienten mit TNF-Hemmern ein etwa doppelt so hohes Risiko für opportunistische Infektionen hatten wie Patienten, die stattdessen ein Placebo bekamen. Zu diesen opportunistischen Infektionen zählten Tuberkulose, Herpes simplex-Infektion, orale oder ösophageale Candidiasis, Herpes Zoster, Cytomegalovirus-Infektion und Infektion mit dem Epstein-Barr-Virus. Generell scheint das Risiko für opportunistische Infektionen bei Patienten mit chronischer Darmentzündung, die älter als 50 Jahre alt sind und Immunsuppressiva bekommen, zu steigen.

Vor dem Beginn einer Biologika-Therapie sollten die Patienten auf bestimmte Infektionen untersucht werden

Aufgrund des erhöhten Infektionsrisikos bei immunsupprimierender Therapie sollten Patienten mit chronischer Darmentzündung auf bestimmte Infektionen untersucht werden, bevor sie eine Therapie mit einem Biologikum starten. Die Wissenschaftler merkten an, dass das Screening vor der Biologika-Therapie Hepatitis B, Hepatitis C, HIV, das Varicella-Zoster-Virus (bei Patienten ohne eindeutige Vorgeschichte einer früheren Infektion oder Impfung) und Tuberkulose umfassen sollte.

Vor Beginn der Biologika-Therapie auch auf SARS-CoV-2 testen

Da viele Patienten mit einer chronischen Darmentzündung eine immunsupprimierende Therapie bekommen, könnten die Betroffenen ein größeres Risiko für eine SARS-CoV-2-Infektion oder für einen schwereren Krankheitsverlauf aufweisen. Ein erhöhtes Risiko wurde allerdings durch die derzeitige Datenlage bisher nicht bestätigt. Die Wissenschaftler betonten, dass jedoch angenommen werden muss, dass sich Patienten mit einer chronischen Darmentzündung mit SARS-CoV-2 infiziert haben könnten, ohne Symptome zu zeigen. Erleiden diese Patienten einen Krankheitsschub, benötigen sie unter Umständen Biologika, um eine Ruhephase der Erkrankung zu erreichen. Die Wissenschaftler plädieren daher dafür, dass die derzeitigen Empfehlungen für das Screening vor Beginn der Biologika-Therapie (zumindest zeitweise) ausgeweitet werden sollte, sodass die Patienten zusätzlich zu den oben erwähnten Infektionen auch auf SARS-CoV-2-Infektionen untersucht werden. Aufgrund der raschen Ausbreitung des Virus sind die Wissenschaftler der Ansicht, dass die Ärzte die Patienten auch dann auf SARS-CoV-2 testen sollten, wenn sie keine Symptome zeigen bzw. weder Kontakt zu einer infizierten Person hatten noch in einem Risikogebiet waren. Bei der Umsetzung dieser Empfehlung müssen natürlich die lokale Politik und die verfügbaren Ressourcen des Gesundheitswesens berücksichtigt werden.

[DOI 10.1016/S2468-1253(20)30085-6]

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