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Aus der Krise lernen: Realistische Vorbereitung auf Katastrophen

Univ.-Prof. Dr. Thomas Wurmb, Leiter der Sektion Notfall- und Katastrophenmedizin an der Klinik und Poliklinik für Anästhesiologie spricht über seine Eindrücke in Zeiten von Corona.

Wie erleben Sie persönlich die Corona-Krise?

Ein Teil meiner Aufgaben als Leiter der Sektion Notfall- und Katastrophenmedizin des Universitätsklinikums Würzburg ist es, Katastrophen vorauszusehen und Pläne zu entwerfen, wie sich Krankenhäuser und die präklinische Notfallmedizin am besten darauf einstellen können. Nun, da die Pandemie Realität ist, und in Bayern der Katastrophenfall ausgerufen wurde, sind aus den Planungen harte Wirklichkeiten geworden. Dies betrifft uns in den Krankenhäusern, aber eben auch unsere Familien. Dies macht die doppelte Belastung aus, die es zu meistern gilt.

Wie lässt sich die Situation beschreiben?

Die Auslastung ist hoch, alle Konzentration gilt der Bewältigung der Krise. Das kostet Kraft. Es gibt mir aber ein gutes Gefühl, dass wir die medizinische Lage im Augenblick im Griff haben. Durch große Kraftanstrengungen war es uns möglich, die Krankenhäuser auf eine große Anzahl COVID-19 Patienten vorzubereiten.

Hat sich Ihr Arbeitsalltag verändert seit Corona?
Wir haben im Januar bereits begonnen, uns mit dem Problem der Pandemie auseinanderzusetzen. Anfangs noch eher beobachtend, dann aber sehr aktiv. Wir haben die anstehenden Aufgaben zusammengetragen und Lösungen erarbeitet. Schließlich haben wir unseren Alarmplan aktiviert und arbeiten seitdem in einer Art Katastrophenmodus. Wir sind jeden Tag im Krisenstab versammelt, um die aktuellen Probleme zu analysieren und zu lösen. Das hat mit meinem üblichen Alltag nicht mehr viel zu tun.

Haben Sie Wünsche für die Zeit danach?
Ich würde mir wünschen, dass wir nicht einfach alles vergessen und so weiter machen als wäre nichts gewesen. Es gibt viele Lektionen, die wir unbedingt lernen müssen, um unsere Gesellschaft krisenfester zu machen. Die SARS-CoV-2 Pandemie war sicher nicht das letzte Problem. Dieser Tatsache müssen wir mit Realismus begegnen. Ich wünsche mir außerdem, dass die vielen Geschäfte, Betriebe, Kaffees und Restaurants es schaffen und nach Corona wieder öffnen können. Außerdem hoffe ich, dass die Menschen nicht das Vertrauen in sich und die Gesellschaft verlieren. Vielleicht können wir auch stärker aus der Krise hervorgehen. Das würde ich mir wirklich wünschen.

Können wir etwas für später lernen?

Eine wesentliche Lektion ist die Erkenntnis, dass wir eine realistische Vorbereitung auf Großschadensereignisse und Katastrophen brauchen. Mit dem reinen Blick auf Kosten und Effizienz geht das nicht. Wir brauchen eine vernünftige Risikokommunikation, mit der wir in Deutschland ein gemeinsames Wegschauen verhindern. Es geht nicht um Angstmachen, das hilft nicht. Es geht darum: um die Bereitschaft, Risiken offenzulegen und deren Bewältigung zu planen.