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Per Taxi zur Krebszelle: Neue Therapiechancen bei Leukämie

Gute Erfolgsaussichten dank innovativer Behandlungsmethode nach dem trojanischen Prinzip

„Das schaffe ich auch noch!“ Als Alfred König im vergangenen Herbst die Diagnose „Akute Myeloische Leukämie“ (AML) erhielt, hatte er gerade erst die Behandlung seines Prostatakrebses erfolgreich hinter sich gebracht. „Ich habe mein ganzes Leben lang kämpfen müssen“, blickt der 59-Jährige auf gleich mehrere gesundheitliche Tiefschläge zurück. Aufgeben kam für ihn und seine Familie trotzdem nie in Frage. Für die weitere Behandlung kam der Rentner aus dem Tecklenburger Land ans UKM (Universitätsklinikum Münster).

„Bei der AML handelt es sich um eine Krebserkrankung, die sich aus unreifen Vorstufen von Knochenmarkzellen entwickelt“, erklärt Prof. Christoph Schliemann, Leiter des Hämatoonkologischen Zentrums am UKM. Aufgrund einer genetischen Mutation treten bösartige Veränderungen in diesen Zellen auf, die sich in der Folge nicht weiterentwickeln und ungebremst vermehren. „Dieses unkontrollierte Wachstum führt dann zur Verdrängung der normalen Blutbildung – es ist schlicht kein Platz mehr für die gesunden, funktionstüchtigen Blutzellen“, so Schliemann.

„Ich habe mich abgespannt und schlapp gefühlt“, erinnert sich Alfred König an die ersten Anzeichen. Als dann noch Schmerzen in der linken Kniekehle hinzukamen, ging er in seiner Heimatstadt zum Arzt. Weil dieser eine Thrombose diagnostizierte, überwies er König direkt ins Krankenhaus. Am Tag darauf teilten die Ärzte ihm dort mit, dass er an einer AML litt und trafen ihn damit völlig unvorbereitet: „Damit habe ich überhaupt nicht gerechnet!“

Wenn ein Mensch an AML erkrankt, kann er unbehandelt nur wenige Wochen überleben. „Daher gilt es, keine Zeit zu verlieren“, betont Prof. Georg Lenz, Direktor der Medizinischen Klinik A am UKM und Wissenschaftlicher Direktor des dortigen Krebszentrums, dem WTZ (Westdeutsches Tumorzentrum) Netzwerkpartner Münster. „Da es sich um eine Krebserkrankung mit vielen Gesichtern handelt, ist es wichtig, zunächst den genauen Subtyp zu ermitteln“, so Lenz. Danach richte sich dann die Therapieempfehlung. Bei Alfred König zeigten die Untersuchungen, dass er an einer Form der AML litt, die sich sehr gut mit einer Kombination aus der „klassischen“ Chemotherapie und dem neuartigen Wirkstoff „Gemtuzumab Ozogamicin“ behandeln lässt. „Nach dem trojanischen Prinzip wird ein spezieller, im Labor designter Antikörper mit einem hochpotenten Chemotherapeutikum verbunden und direkt in die bösartigen Zellen eingeschleust“, erklärt Schliemann die Wirkungsweise. Der Antikörper erkennt dabei eine bestimmte Eiweiß-Struktur auf den veränderten Zellen, wird von diesen aufgenommen und transportiert so das Chemotherapeutikum quasi wie ein Taxi zielgerichtet ins Zellinnere.

„Lange Zeit gab es kaum neue Behandlungsoptionen, aber seit gut zwei Jahren ist viel Bewegung in der AML-Therapie“, erzählt Lenz. „Grundlage für die Entwicklung der neuartigen Wirkstoffe ist ein immer besseres Verständnis der Biologie der Krebszellen bei den verschiedenen AML-Formen“, so der Onkologe weiter. „Und je maßgeschneiderter die Therapie ist, desto besser sind die Erfolgsaussichten.“ Bei Alfred König hat die Therapie so gut angeschlagen, dass bei den Nachsorgeuntersuchungen keine Leukämiezellen mehr nachweisbar sind. „Es hat funktioniert“, ist er erleichtert und dankbar für die Unterstützung durch die Ärzte, die Pflegekräfte und natürlich seine Familie. „Weil sich alle so toll um mich gekümmert haben, habe ich nie die Zuversicht verloren!“