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Corona

Coronarisiko: Ansteckungsgefahr besonders innerhalb derselben Altersgruppe, ob Kind oder Erwachsener

Original Titel:
Epidemiology and transmission dynamics of COVID-19 in two Indian states

Kurz & fundiert

  • Große epidemiologische Studie in Indien: Kontaktnachverfolgung bei über 3 Millionen Menschen
  • Menschen mit mehr positiv-getesteten Kontakten hatten eine größere Zahl an Kontakten
  • Infizierte steckten besonders Menschen innerhalb derselben Altersgruppe an
  • Konsistent mit bisherigem Wissen: Sterblichkeit besonders bei Älteren und Männern erhöht

 

DGP – Forscher analysierten Daten aus zwei indischen Staaten, Tamil Nadu und Andhra Pradesh, in denen detaillierte Kontaktnachverfolgung und Dokumentation der SARS-CoV-2-Infektionen durchgeführt wird. Die Analyse von 3,084,885 Kontakten zu Menschen, die mit dem neuen Coronavirus infiziert waren, mit Labortests und epidemiologischen Daten von mehr als 0,5 Millionen Menschen, zeigte Ansteckungen besonders innerhalb derselben Altersgruppe – ob bei Kindern oder Erwachsenen. Die Ansteckungsgefahr, die von Indexfällen ausging, hing zudem mit der Zahl ihrer individuellen Kontakte zusammen und unterstützt somit Maßnahmen wie etwa Kontaktverbote.


Obwohl die Mehrzahl der COVID-19-Fälle inzwischen aus Ländern mit geringen medizinischen Ressourcen stammt, ist doch die Epidemiologie in diesem Kontext nicht gut untersucht, könnte allerdings, schon wegen der großen Zahl der Fälle, auch für andere Länder von großem Interesse sein. Forscher analysierten daher nun Daten aus zwei indischen Staaten, Tamil Nadu und Andhra Pradesh, in denen detaillierte Kontaktnachverfolgung und Dokumentation der SARS-CoV-2-Infektionen durchgeführt wird.

Die Kontaktnachverfolgung erreichte 3,084,885 Kontakte von bestätigten, mit dem neuen Coronavirus Infizierten bis 1. August 2020. Individuelle epidemiologische Daten zu Indexfällen, also den Menschen, bei denen die Infektion zuerst auftrat, und Kontakten sowie Testergebnisse lagen von 575,071 getesteten Kontakten und 84,965 bestätigten Indexfällen vor.

Große epidemiologische Studie in Indien: Kontaktnachverfolgung bei über 3 Millionen Menschen

Die Infektionswahrscheinlichkeit lag zwischen 4,7 % (Kontakte niedrigen Risikos) und 10,7 % (Kontakte hohen Risikos). Die durchschnittliche Zahl getesteter Kontakt pro Indexfall lag bei 7,3 (Interquartilbereich: 2–9). 0,2 % der Indexfällle waren mit mehr als 80 getesteten Kontakten verbunden. Im Gegenzug fanden sich für 70,7 % der Indexfälle mit verlässlichen Kontaktnachverfolungsdaten und Testergebnissen keine positiv getesteten Kontakte – 70 % der Infizierten steckten demnach vermutlich keine weitere Person an. Im Durchschnitt wurden 9,2 Kontakte für jeden Indexfall mit mindestens einem positiven Kontakt identifiziert. Bei Indexfällen, bei denen keine positiven Kontakte gefunden wurden, waren im Schnitt nur 5,7 Kontakte ermittelt worden. Menschen, die andere ansteckten, hatten somit im Schnitt mehr Kontakte.

Menschen mit mehr positiv-getesteten Kontakten hatten eine größere Zahl an Kontakten

Das größte Infektionsrisiko bestand generell innerhalb von Gruppen desselben Alters – entsprechend besonders enger Kontakte innerhalb einer Altersgruppe im Vergleich zu Kontakten über Altersgrenzen hinweg. Dieses Muster war besonders bei Kindern zwischen 0–14 Jahren und bei Erwachsenen ab 65 Jahren ausgeprägt und zeigte so vermutlich die typischen Muster sozialer und körperlicher Interaktionen innerhalb dieser Altersgruppen auf.

Infizierte steckten besonders Menschen innerhalb derselben Altersgruppe an

Die größte Zahl an positiv-getesteten Kontakten fand sich allerdings in der Altersgruppe der 20–44 jährigen Menschen. In einer Sub-Kohorte von 102,569 Fällen in Tamil Nadu und 22,315 Fällen in Andhra Pradesh, mit positivem Testergebnis mindestens 30 Tage vor Ende der Studiennachbeobachtungsphase, lag die gesamte Sterblichkeitsrate bei 2,06 %. Die Rate lag bei Kindern und Jugendlichen (zwischen 5 und 17 Jahren) bei 0,05 % und erreichte 16,6 % bei Menschen im Alter mindestens 85 Jahren. Das Risiko zu Versterben war höher bei Männern als bei Frauen. Dieser Unterschied steigerte sich mit zunehmendem Alter.

Konsistent mit bisherigem Wissen: Sterblichkeit besonders bei Älteren und Männern erhöht

Die Studie ist aktuell vermutlich die größte epidemiologische Analyse mit umfänglicher Kontaktnachverfolgung. Daher gibt sie ein besonders detailliertes und aufschlussreiches Bild auch über Infektionen und Ansteckungsraten in anderen Ländern ab, selbst wenn nicht alle sekundären Infektionen aufgedeckt wurden. Die Daten demonstrieren eine Abhängigkeit von Super-Spreading-Ereignissen zu Unterschieden in individuellen Kontaktmustern: Wer viele Kontakte hat, kann viele Menschen infizieren. Die Autoren warnen auf Basis ihrer Daten auch vor einer Unterschätzung der SARS-CoV-2-Infektionsraten und Ansteckungsgefahr bei Kindern, da offenbar Ansteckungen besonders innerhalb der jeweiligen Altersgruppe erfolgen, also eher bei dichten Kontakten, unabhängig vom Alter, zu sehen sind. Weitere Daten sind dringend benötigt, um Kontrollmaßnahmen weiter anzuleiten und den Infektionsschutz in kontaktreichen Situationen zu verbessern.

[DOI: 10.1126/science.abd7672]

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