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Studie der Universitätsmedizin Greifswald klärt, welche Krankheiten die Darmflora und die Langzeitstabilität des bakteriellen Darm-Mikrobioms schädigen

Gesunde Menschen leben mit Billionen von Bakterien, die mehrheitlich den Dickdarm besiedeln, friedlich zusammen. Die Gesamtheit dieser Bakterien wird als Mikrobiom bezeichnet. Die meisten dieser Bakterien leben im Dickdarm und sind für viele Lebensprozesse und die Gesundheit essentiell. Einerseits verstoffwechseln sie Teile unserer Nahrung und sorgen für die Versorgung mit lebenswichtigen Vitaminen und kurzkettigen Fettsäuren, die der menschliche Körper nicht selbst herstellen kann. Andererseits begünstigt eine gestörte Zusammensetzung des Mikrobioms verschiedene Krankheiten wie Krebs, Entzündungen oder Alzheimer-Demenz.

Fast alle bisherigen Studien zum Zusammenhang zwischen Krankheiten und Mikrobiom haben bislang Patienten zu einem einzigen Zeitpunkt untersucht, um Zusammenhänge zwischen der Zusammensetzung des Mikrobioms und verschiedenen Krankheiten zu finden. Wissenschaftler aus Greifswald, München und Kiel haben nun dagegen 1 282 Freiwillige der SHIP-Gesundheitsstudie zweimal im Abstand von fünf Jahren auf die Zusammensetzung des Stuhl- bzw. Darmmikrobioms hin untersucht (auf der Basis von 16S rRNA-Daten) und sich die Frage gestellt, welche bereits zum ersten Zeitpunkt vorhandenen Erkrankungen die Stabilität des Mikrobioms in der Zukunft verändern oder beeinträchtigen und sich damit negativ auf die Gesundheit auswirken.

„Die Zusammensetzung des Darmmikrobioms von Erwachsenen in Vorpommern war über den untersuchten Zeitraum hinweg sehr stabil“, so der Erstautor der Studie, Dr. Fabian Frost von der Universitätsmedizin Greifswald. „Überrascht hat uns allerdings, dass Krankheiten wie Diabetes mellitus oder Fettleber, die zum Formenkreis des Metabolischen Syndroms gehören, das Mikrobiom instabil machen und zu einer Zunahme von potenziell krankmachenden Bakterien führen.“ Dies traf nicht zu auf Arteriosklerose, Erkrankungen der Nieren oder solche der Schilddrüse und trägt dadurch zum besseren Verständnis der Stoffwechselerkrankungen bei. Umgekehrt fand sich eine gesundheitsförderliche Langzeitstabilität des Mikrobioms vor allem bei Frauen, bei Probanden mit höherem Haushaltseinkommen und bei Menschen mit guter Verdauungsfunktion der Bauchspeicheldrüse. „Wir hatten bereits nachgewiesen, dass die Verdauungsfunktion der Bauchspeicheldrüse der wichtigste Wirtsfaktor für die individuelle Zusammensetzung des Mikrobioms im Darm ist. Dass sie auch dessen Langzeitstabilität ganz maßgeblich prägt, war für uns neu. Hieraus ergeben sich neue Therapiemöglichkeiten für eine langfristige günstige Beeinflussung des Mikrobioms“, kommentiert der Leiter der Arbeitsgruppe, Prof. Dr. Markus Lerch von der Universitätsmedizin Greifswald. Ein Teil der Teilnehmer war zum ersten Zeitpunkt der Studie gesund und entwickelte erst im Verlauf der nachfolgenden fünf Jahre einen Diabetes oder eine Fettleber. Überraschenderweise zeigten diese Probanden aber bereits vor dem Auftreten der Erkrankung Veränderungen in der Zusammensetzung ihres Darmmikrobioms, welche sie von jenen Probanden, die gesund blieben, signifikant unterschieden. „Diese Ergebnisse zeigen, dass Mikrobiom-Veränderungen auch den Krankheiten vorausgehen können, mit denen sie assoziiert sind. In Zukunft lässt sich diese neue Erkenntnis vielleicht sogar für eine Krankheitsfrüherkennung diagnostisch nutzen“, meint Dr. Georg Homuth von der Greifswalder Abteilung für Funktionelle Genomforschung.

Weitere Informationen

Gastroenterologischen Fachzeitschrift GUT – Long-term instability of the intestinal microbiome is associated with metabolic liver disease, low microbiota diversity, diabetes mellitus and impaired exocrine pancreatic function – Frost F, et al. Gut 2020; 0:1-9. DOI:10.1136/gutjnl-2020-322753)