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Depression

Gezielte Psychotherapie für früh-einsetzende chronische Depression

Original Titel:
Impact of Baseline Characteristics on the Effectiveness of Disorder-Specific Cognitive Behavioral Analysis System of Psychotherapy (CBASP) and Supportive Psychotherapy in Outpatient Treatment for Persistent Depressive Disorder

Kurz & fundiert

  • CBASP vs. SP: Konfrontation versus Support, konkret störungsbezogen oder generell
  • Gibt es Patienten, denen mit CBASP- oder SP-Psychotherapie mehr geholfen ist?
  • Randomisierte Psychotherapie-Multizentrenstudie
  • Depressionsbeginn vor dem 21. Lebensjahr
  • 209 Patienten in ambulanter Therapie für 48 Wochen
  • Signifikant bessere Behandlungsergebnisse nach CBASP
  • CBASP besonders bei stärker depressiven Patienten mit Achse-I-Störung oder früher Vernachlässigung effektiv

 

DGP – Bei der Behandlung persistenter depressiver Störungen, also anhaltender Depression, hat sich das Störungs-spezifische Psychotherapiesystem der kognitiven Verhaltensanalyse (CBASP) bisher der supportiven Psychotherapie (SP) bei ambulant behandelten Patienten überlegen gezeigt. Eine deutsche Multizentrenstudie untersuchte nun, ob bestimmte Patienten-Charakteristika besonders für eine effektive Psychotherapie mit einer oder beiden der Methoden sprachen. 209 Patienten mit frühem Depressionsbeginn (unter 21 Jahren) wurden über 48 Wochen behandelt. Generell schien CBASP der SP überlegen zu sein. Besonders gut konnte Psychotherapie allerdings bei Patienten u. a. mit frühen Vernachlässigungs-Erfahrungen und stärkerer Depression ohne Suizidalität helfen.


Bei der Behandlung persistenter depressiver Störungen, also anhaltender Depression, hat sich das Störungs-spezifische Psychotherapiesystem der kognitiven Verhaltensanalyse (cognitive behavioral analysis system of psychotherapy, kurz CBASP) bisher der supportiven Psychotherapie (SP) bei ambulant behandelten Patienten überlegen gezeigt.

CBASP wurde gezielt zur Behandlung chronischer Depression entwickelt und stellt eine Kombination aus unterschiedlichen Methoden vor, die sich besonders auf belastende, frühe Erfahrungen der Patienten konzentriert, deren eigene aktuelle Situation analysiert und daraus Strategien ableitet, mit denen Patienten dysfunktionale Beziehungsmuster erkennen und neu erarbeiten können. Therapeuten nehmen dabei eine teils konfrontative Rolle ein, wogegen bei der supportiven Psychotherapie Therapeuten stärker unterstützend und empathisch dem Affekt der Patienten folgen, um Stärken und Hoffnung hervorzuheben.

CBASP vs. SP: Konfrontation versus Support, konkret störungsbezogen oder generell

Bislang war nicht klar, für welche Patienten diese Therapien besonders wertvoll sind und ob es Faktoren gibt, die für eine Bevorzugung eines Therapieansatzes über den anderen sprechen. Dies wurde nun in einer Studie in mehreren deutschen Psychiatrie- und Psychotherapie-Einrichtungen untersucht. Die Forscher ermittelten grundlegende Charakteristika der Patienten, die für eine ähnlich gute Behandlung mit CBASP und SP sprachen, und im Gegenzug jene Charakteristika, bei denen eine unterschiedliche Wirksamkeit zu beobachten war.

Gibt es Patienten, denen mit CBASP- oder SP-Psychotherapie mehr geholfen ist?

In dieser Analyse einer 48-wöchigen klinischen Multizentrenstudie wurden Patienten randomisiert der Behandlung mit CBASP oder SP zugewiesen. Erwachsene ambulante Patienten mit früh-einsetzender (vor dem 21. Lebensjahr) persistenter Depression, aber ohne aktuelle Antidepressiva-Behandlung über mindestens zwei Wochen vor dem Screening, konnten an der Studie teilnehmen. Zu den erhobenen Charakteristika, die zur Analyse von Moderatoren und Prädiktoren der Therapie-Wirksamkeit betrachtet wurden, zählten soziodemographische Faktoren, klinischer Status, psychosoziale und globale Funktionalität, Lebensqualität, zwischenmenschliche Probleme, Kindheitstraumata, die Behandlungshistorie, ob die Patienten Psychotherapie vorzogen oder wünschten und die individuelle Erwartungshaltung an die Behandlung.

In dem Behandlungsprogramm über 48 Wochen fanden 32 Sitzungen mit entweder CBASP oder SP statt. Die Depressionsschwere wurde mit Hilfe der Hamilton-Depressionsbewertungsskala (Hamilton Rating Scale for Depression, HRSD-24) nach 48 Wochen ermittelt. Die Therapeuten (42 für CBASP, 39 für SP) waren im Schnitt ähnlich alt, hatten vergleichbar viele Jahre Erfahrung mit der jeweiligen Therapieform und durchliefen alle ein 2-wöchiges Training für den jeweilgen Therapieansatz vor Studienbeginn.

Randomisierte Psychotherapie-Multizentrenstudie über 48 Wochen

268 Patienten wurden randomisiert den zwei Behandlungsgruppen zugeordnet (CBASP: n = 137; SP: n = 131). 209 Patienten (im Schnitt 45 Jahre alt), deren Depression im Mittel im Alter von 13 Jahren begonnen hatte, führten das Behandlungsprogramm über 48 Wochen zu Ende durch. Die Gruppen unterschieden sich nicht in ihrer durchschnittlichen Depressionsschwere zu Studienbeginn (HRSD-24; CBASP: 24,50 +/- 7,60; SP: 25,18 +/- 6,63; p = 0,50). Patienten, die das CBASP-Programm vollständig durchführten, hatten anschließend allerdings einen signifikant niedrigeren HRSD-24-Wert (Durchschnitt: 13,96 +/- 9,56), also eine stärker gelinderte Depression, als Patienten, die das SP-Programm durchgeführt hatten (Durchschnitt: 16,69 +/- 9,87; p = 0,04).

Signifikant bessere Behandlungsergebnisse nach CBASP

Ein geringes Ansprechen auf beide Therapien zeigte sich bei folgenden Faktoren:

  • Höhere Level einer ärztlich eingeschätzten Depression
  • Erhöhte Suizidalität
  • Komorbide Ängste
  • Geringere soziale Funktionalität
  • Stärker ausgeprägte soziale Inhibition
  • Moderat bis schwerer früher emotionaler oder sexueller Missbrauch
  • Mangelnder Patientenwunsch nach Psychotherapie
  • Vorherig mindestens einmalige stationäre Behandlung

Das Vorliegen solcher Aspekte bei Patienten konnte demnach eine geringere Wirksamkeit sowohl der CBASP- als auch der SP-Therapie vorhersagen.

In einer Moderator-Analyse zeigte sich eine bessere Wirksamkeit der CBASP bei Patienten mit:

  • Höherem grundlegendem Depressionslevel (selbst-berichtet)
  • Begleiterkrankung mit mindestens einer Achse-I Störung (beispielsweise Essstörungen, affektive oder Substanzmissbrauchs-Störungen)
  • Selbst-berichteter moderat bis schwerer frühen emotionalen oder körperlichen Vernachlässigung
  • Mindestens einer vorherigen Behandlung mit Antidepressiva

Diese Patienten hatten eine signifikant niedrigere Depressionsschwere nach der Behandlung mit CBASP im Vergleich zu SP (alle p < 0,05).

CBASP besonders bei stärker depressiven Patienten mit Achse-i-Störung oder früher Vernachlässigung effektiv

Es zeigte sich somit eine komplexe, multifaktorielle Interaktion zwischen schweren Symptomen der Depression, Suizidalität und Kindheitstraumata sowie sozialer Inhibition und Ängsten, die eine Basis für ein Nicht-Ansprechen auf Psychotherapie bei Patienten mit anhaltender Depression bildet. Für andere stark belastete Patienten mit anhaltender Depression, die schon vor dem 21. Lebensjahr begonnen hatte, schien dagegen der CBASP-Ansatz effektiver und empfehlenswerter zu sein im Vergleich zu supportiver Psychotherapie.

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