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Erstmals S3-Leitlinie Weichgewebesarkome erschienen

Das Leitlinienprogramm Onkologie hat unter Federführung der Arbeitsgemeinschaft Internistische Onkologie der Deutschen Krebsgesellschaft und der German Interdisciplinary Sarcoma Group e.V. (GISG) die S3-Leitlinie Adulte Weichgewebesarkome erarbeitet. Damit gibt es nun weltweit erstmals evidenzbasierte Empfehlungen zur Diagnostik, Therapie und Nachsorge von Weichgewebesarkomen, einschließlich der gastrointestinalen Stromatumoren (GIST).

Da Sarkome im ganzen Körper auftreten können, ist die interdisziplinäre Ausrichtung der Leitlinie von besonderer Bedeutung. Insgesamt haben 41 Fachgesellschaften und Organisationen an der Erstellung mitgearbeitet, unter anderem auch die Selbsthilfeorganisation Deutsche Sarkom-Stiftung.

Weichgewebesarkome sind eine sehr heterogene und seltene Gruppe von Tumoren mit unterschiedlichem pathologischem und klinischem Erscheinungsbild. Bei Erwachsenen machen sie weniger als ein Prozent aller Krebserkrankungen weltweit aus, bei Kindern sieben Prozent. Als Behandlung kommt am häufigsten die operative Entfernung des Tumors in Betracht, manchmal auch in Kombination mit Strahlen- und Chemotherapie. Zudem können neben der medikamentösen Therapie auch weitere, bisher fast ausschließlich für die Behandlung der Weichteilsarkome genutzte, Verfahren zum Einsatz kommen. Dies kann beispielsweise die isolierte hypertherme Extremitätenperfusion (ILP) sein, bei der Gliedmaßen mit zwei Substanzen bei milder Überwärmung durchspült werden.

Bisher gab es im europäischen Raum lediglich Expertenempfehlungen für die Behandlung von Sarkompatient*innen. „Mit der neuen Leitlinie ändert sich das. Das Ziel ist, mit evidenzbasierten Empfehlungen die Diagnostik und Therapie zu standardisieren, das Gesamtüberleben der Betroffenen zu verlängern und die Lebensqualität zu steigern“, so Prof. Dr. Peter Hohenberger, Universitätsmedizin Mannheim. Zusammen mit Prof. Dr. Bernd Kasper, ebenfalls Universitätsmedizin Mannheim, und Prof. Dr. Viktor Grünwald, Universitätskliniken Essen, ist er Koordinator der neuen S3-Leitlinie.

Bei der Behandlung von Sarkomen spielen interdisziplinäre Tumorboards und zertifizierte Sarkomzentren eine wichtige Rolle: „Selbst wenn der Tumor präoperativ nicht als Sarkom eingeschätzt wird, sollte nach der operativen Entfernung eine Überweisung der Patientinnen und Patienten an ein zertifiziertes Sarkomzentrum erfolgen. Dort kann gegebenenfalls eine zweite Operation vorgenommen werden, um noch vorhandene Tumorzellen zu entfernen. Ein Sarkomzentrum soll auch die notwendige Nachsorge nach Entfernung eines Sarkoms empfehlen oder koordinieren“, so Hohenberger.

Bei der Therapie von Weichteilsarkomen ist eine adäquate Diagnostik von besonderer Bedeutung. „Die Prognose der Patientinnen und Patienten hängt vor allem von der histologischen Diagnosesicherung ab“, sagt Kasper. „Sarkome sollen vor einem operativen Eingriff deshalb histologisch gesichert werden. Der immer noch weitverbreiteten Fehleinschätzung, dass bei Sarkomen keine Biopsie durchgeführt werden dürfe, wird in der Leitlinie widersprochen.“

„Ist der Tumor weiter fortgeschritten, soll Betroffenen vor einer Operation eine multimodale Therapie, z.B. eine präoperative Strahlentherapie, eine systemische Chemotherapie, gegebenenfalls in Kombination mit Tiefenhyperthermie, angeboten werden“, so Grünwald. „Die Chance auf eine komplette Tumorentfernung kann so verbessert werden.“ Darüber hinaus enthält die S3-Leitlinie auch evidenzbasierte Empfehlungen zur Sequenz von medikamentösen Systemtherapien sowohl für Weichgewebesarkome als auch für GIST.

Die Leitlinie ist auf dieser Webseite abrufbar: https://www.leitlinienprogramm-onkologie.de/leitlinien/adulte-weichgewebesarkome…

Zudem sind die Inhalte in der kostenfreien Leitlinien-App integriert. Android-Smartphone- und iPhone-Nutzer können die Leitlinien-App hier herunterladen: https://www.leitlinienprogramm-onkologie.de/app/

Das Leitlinienprogramm Onkologie (OL)

Leitlinien sind systematisch entwickelte Entscheidungshilfen für Leistungserbringer und Patient*innen zur angemessenen Vorgehensweise bei speziellen Gesundheitsproblemen. Sie stellen ein wesentliches Instrument zur Förderung von Qualität und Transparenz medizinischer Versorgung dar. Die Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF), die Deutsche Krebsgesellschaft e. V. und die Deutsche Krebshilfe haben sich mit dem im Februar 2008 gestarteten Leitlinienprogramm Onkologie das Ziel gesetzt, gemeinsam die Entwicklung und Fortschreibung sowie den Einsatz wissenschaftlich begründeter und praktikabler Leitlinien in der Onkologie zu fördern und zu unterstützen. Mittlerweile umfasst das Leitlinienprogramm 31 S3-Leitlinien, die zu einem großen Teil auch als laienverständliche Patientenleitlinien vorliegen. Mehr unter: https://www.leitlinienprogramm-onkologie.de/home/

Arbeitsgemeinschaft Internistische Onkologie der Deutschen Krebsgesellschaft (AIO)

Die Arbeitsgemeinschaft Internistische Onkologie in der Deutschen Krebsgesellschaft e. V. (AIO) wurde 1976 gegründet und zählt heute ca. 1400 ordentliche, außerordentliche und fördernde Mitglieder, die in mehr als 20 Arbeitsgruppen ehrenamtlich tätig sind. Ihre wichtigsten Aufgaben sieht die AIO in der Durchführung von klinischen Studien und in der Sicherung und Optimierung der Qualität der medikamentösen Tumortherapie. Mehr unter: https://www.aio-portal.de/

German Interdisciplinary Sarcoma Group e.V. (GISG)

Die GISG wurde 2007 von Ärzten verschiedener Fachdisziplinen und Vertretern von Patientenorganisationen mit dem Ziel gegründet, verstärkt Therapiestudien für Sarkome zu initiieren. Ausgangspunkt hierzu waren gemeinsame Anstrengungen der Gründungsmitglieder in der translationalen Forschung bei Sarkomen und Vorläufererkrankungen im Kompetenznetzwerk KO.SAR, das durch die Deutsche Krebshilfe gefördert wurde. Des Weiteren erhielt die GISG durch das europäische Verbundprojekt EUROSARC Unterstützung. Das Ziel der GISG ist, die Behandlungsmöglichkeiten von Patienten mit Sarkomen zu verbessern und die Kenntnisse über z.B. Tumorbiologie, Genetik und Metastasierungsmuster von Sarkomen zu erweitern. Internationale Verbindungen zu Forschungs- und Studiennetzwerken sollen genutzt werden, um Synergien für die Erforschung dieses seltenen Tumortyps zu erschließen. Mehr: http://www.gisg.de/index.php/home_test.html