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Gefahr des Ertrinkens: Sicher schwimmen im Sommer

Jedes Jahr im Sommer häufen sich die Schlagzeilen über tödliche Badeunfälle: Allein im Jahr 2021 ertranken nach Angaben der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) bundesweit mindestens 299 Menschen. Viele dieser Unfälle sind vermeidbar. Dr. Malte Issleib, Notfallmediziner und Oberarzt in der Klinik und Poliklinik für Anästhesiologie des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) erklärt, welche Risikofaktoren es gibt und wie im Ernstfall Erste Hilfe zu leisten ist.

Was sind die Gründe, warum noch immer so viele Menschen Sommer für Sommer ertrinken?

Dr. Malte Issleib: Die Gründe sind immer individuell, jedoch erkennen wir ein Muster: Selbstüberschätzung, mangelnde Schwimmkenntnisse, Alkoholeinfluss. Im Sommer zieht es viele Menschen für eine Abkühlung an Seen, Teiche oder Flüsse. Von diesen Binnengewässern geht eine besondere Gefahr aus, zum Beispiel durch starke Strömungen oder weil sie meistens nicht bewacht sind und es keine Rettungsschwimmer:innen gibt. Wer allein schwimmen gehen möchte, sollte sich eine Stelle aussuchen, wo auch andere Personen sind – und Schwimmverbote nicht ignorieren!

Wie verhalte ich mich richtig?

Dr. Issleib: Für eine sichere Abkühlung im Sommer sollten einige einfache Regeln beachtet werden. Gehen Sie weder mit zu vollem noch mit zu leerem Magen ins Wasser. Direkt nach einer Mahlzeit benötigt der Körper viel Energie für die Verdauung; ist der Magen leer, fehlt Energie zum Schwimmen. Das kann insbesondere für Menschen mit Diabetes problematisch werden. Ältere und vorerkrankte Menschen sollten nie direkt ins Wasser springen: Die plötzliche Temperaturdifferenz kann den Kreislauf belasten und zu Bewusstlosigkeit oder Schwäche führen. Schwimmen Sie nie stark alkoholisiert oder unter dem Einfluss von Drogen, und überschätzen Sie sich nicht. Selbstverständlich sollte sein: Kinder in der Nähe von Gewässern niemals unbeaufsichtigt lassen!

Wie verhalte ich mich, wenn ich in eine gefährliche Situation im Wasser gerate?

Dr. Issleib: Auch wenn es schwer ist: Bewahren Sie Ruhe. Versuchen Sie, möglichst wenig Energie zu verbrauchen, indem Sie sich beispielsweise auf den Rücken drehen. Wenn Sie Menschen am Ufer sehen, versuchen Sie, auf sich aufmerksam zu machen. Sollten Sie in eine Strömung geraten sein, schwimmen Sie nicht gegen die Strömung an, versuchen Sie, mit oder quer zur Strömung das Ufer zu erreichen. Auch Strudel in der Nähe von Wehren oder Engstellen können selbst für erfahrene Schwimmer:innen sehr gefährlich werden. Deshalb bleibt am wichtigsten: Geraten Sie gar nicht erst in eine gefährliche Situation, schwimmen Sie möglichst nicht allein und meiden Sie unbekannte oder gefährliche Gewässer.

Wie leiste ich im Ernstfall Erste Hilfe?

Dr. Issleib: Das allerwichtigste: Schnellstmöglich den Notruf wählen, indem Sie die 112 verständigen. Gefährden Sie sich nicht selbst! Versuchen Sie, dem in Not geratenen Menschen Hilfsmittel zum Schwimmen zuzuwerfen, und verlieren Sie ihn nicht aus den Augen. Wenn die Person an Land ist, kontrollieren Sie, ob sie bewusstlos ist oder noch normal atmet. Wenn das nicht der Fall ist, führen Sie eine Herz-Lungen-Wiederbelebung durch. Das wichtigste hierbei ist die feste und gleichmäßige Herzdruckmassage bis der Rettungsdienst eintrifft. Wenn der Mensch atmet, legen Sie ihn in eine stabile Seitenlage. Halten Sie seine Atemwege frei und versuchen Sie, ihn warmzuhalten.

Welche medizinische Versorgung benötigen Verunfallte bei Badeunfällen in der Regel? Welche Verletzungen treten bei Badeunfällen häufig auf?

Dr. Issleib: Jedes Jahr versorgen wir im UKE Patient:innen mit schweren Verletzungen der Wirbelsäule und des Rückenmarks nach Kopfsprüngen in unbekannte und zu flache Gewässer. Wenn Menschen in sehr kaltem Wasser ertrinken, werden Sie vom Rettungsdienst unter laufender Wiederbelebung zu uns gebracht. Das Universitäre Cardiac Arrest Center Hamburg (UCACH) des UKE ist spezialisiert auf die interdisziplinäre Behandlung von Patient:innen nach Kreislaufstillstand und Wiederbelebung. Erfolgt die Rettung der Patient:innen und der Transport in die Klinik schnell, können Patient:innen auch nach längeren Herzstillstand wieder ein sehr gutes Leben führen.