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ZNF827 – ein Protein mit zwei Gesichtern: Essentiell für ein gesundes Gehirn und Verursacher von Krebsmetastasen

Neue Erkenntnisse von Forschenden der Universitätsmedizin Mainz könnten Diagnose und Behandlung von Gehirn- und Krebserkrankungen verbessern

Eine internationale Forschungsgruppe, an der Wissenschaftler:innen der I. Medizinischen Klinik und Poliklinik und des Instituts für Physiologische Chemie der Universitätsmedizin Mainz beteiligt waren, hat ein Protein identifiziert, das sowohl für die Bildung von gesunden Gehirnzellen als auch für die Entstehung von Krebsmetastasen von entscheidender Bedeutung ist. Das Forschungsteam fand heraus, dass das Protein ZNF827 bei diesen zwei zellulären Prozessen maßgeblich einen Mechanismus reguliert, der die Zellwanderung ermöglicht: die sogenannte epithelial-mesenchymale Transition (EMT). Die jetzt in der renommierten Fachzeitschrift „Nature Cell Biology“ veröffentlichten neuen Erkenntnisse zu ZNF827 könnten zu einer frühzeitigeren Diagnose und einer gezielteren Behandlung von Gehirn- und Krebserkrankungen führen.

Im Rahmen der epithelial-mesenchymalen Transition (EMT) entwickeln sich Epithelzellen, die fest im Gewebe verbunden sind, zu sogenannten mesenchymalen Zellen. Diese besitzen die besondere Eigenschaft, wandern zu können. Über die Mechanismen, die die EMT und die von ihr ermöglichte Zellwanderung steuern, war bisher nur wenig bekannt. Mit ihrer Studie konnten die Forschenden aus Belfast (UK), La Jolla (USA), San Diego (USA), Montpellier (Frankreich), Stockholm (Schweden) und Mainz nun nachweisen, dass das Zinkfingerprotein ZNF827 hauptverantwortlich für die Regulation der EMT ist.

Im Gehirn sorgt die EMT dafür, dass sich neugebildete Nervenzellen an einen bestimmten Ort bewegen und ein intaktes Nervennetzwerk bilden. Ist dieser Migrationsprozess gestört, verknüpfen sich die Nervenzellen nicht richtig. Im Rahmen ihrer Forschungsarbeit gelang es den Wissenschaftler:innen zu zeigen, dass sich bei einem Mangel des Proteins ZNF827 weniger neue Nervenzellen bilden und die Zellwanderung stark zurückgeht. Bei einem Überschuss an ZNF827 entwickeln sich die Zellen zu früh. In der Folge können Schädigungen im Gehirn entstehen. Aus diesen Erkenntnissen schließen die Forschenden, dass das Protein ZNF827 einen wesentlichen Faktor für eine gesunde Gehirnentwicklung darstellt.

Auch bei Krebserkrankungen spielt der EMT-Mechanismus eine Schlüsselrolle. Der Tumor nutzt ihn, um seine Zellen weiterzuentwickeln, abzukapseln und in Bewegung zu setzen. Auf diese Weise können sich Krebszellen im ganzen Körper verbreiten und eine sogenannte Metastasierung verursachen. Insbesondere in einem späten Stadium der Krebserkrankung bewirkt die EMT, dass der Tumor aggressiv wächst und Metastasen streut. Bei der Untersuchung von Brustkrebszellen konnte das Forschungsteam belegen, dass das Protein ZNF827 – ähnlich wie bei den Nervenzellen im Gehirn – auch die EMT von Tumorzellen entscheidend bestimmt: Bei einem Mangel an ZNF827 wuchs der Tumor nur langsam und streute weniger Metastasen in die Lunge.

Diese neuen Erkenntnisse stellen einen wesentlichen Fortschritt im Verständnis der molekularen Vorgänge bei der EMT dar. Sie eröffnen neue Perspektiven für innovative Diagnose- und Therapieansätze bei Gehirnerkrankungen und verschiedenen Krebserkrankungen

Zu dem internationalen Forschungsteam gehörten Wissenschaftler:innen der Queen’s University Belfast (UK), des Salk Institute for Biological Studies (USA), der Altos Labs (USA), der Université de Montpellier (Frankreich), des Karolinska Institutet (Schweden), der Universitätsmedizin Mainz und der Translationalen Onkologie an der Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (TRON gGmbH). Die Studie wurde von der Deutschen Forschungsgemeinschaft, der Wilhelm Sander-Stiftung und dem Programm „Innovation to Commercialisation of University Research“ unterstützt.

Originalpublikation:

Sahu S., Agirre E., Inayatullah M., Mahesh A., Tiwari N., Lavin D. P., Singh A., Strand S., Diken M., Luco R.F., Belmonte J.C.I., Tiwari V.K., A complex epigenome-splicing crosstalk governs epithelial-to-mesenchymal transition in metastasis and brain development. Nature Cell Biology (2022).
DOI: https://doi.org/10.1038/s41556-022-00971-3

Über die Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz

Die Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz ist die einzige medizinische Einrichtung der Supramaximalversorgung in Rheinland-Pfalz und ein international anerkannter Wissenschaftsstandort. Sie umfasst mehr als 60 Kliniken, Institute und Abteilungen, die fächerübergreifend zusammenarbeiten und jährlich mehr als 320.000 Menschen stationär und ambulant versorgen. Hochspezialisierte Patientenversorgung, Forschung und Lehre bilden in der Universitätsmedizin Mainz eine untrennbare Einheit. Mehr als 3.500 Studierende der Medizin und Zahnmedizin sowie rund 700 Fachkräfte in den verschiedensten Gesundheitsfachberufen, kaufmännischen und technischen Berufen werden hier ausgebildet. Mit rund 8.700 Mitarbeitenden ist die Universitätsmedizin Mainz zudem einer der größten Arbeitgeber der Region und ein wichtiger Wachstums- und Innovationsmotor. Weitere Informationen im Internet unter www.unimedizin-mainz.de.
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