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Entzündungshemmende Mittel gegen eine sich anbahnende Alzheimererkrankung: nur Schaden, kein Nutzen bei noch gesunden Menschen

Original Titel:
INTREPAD: A randomized trial of naproxen to slow progress of presymptomatic Alzheimer disease.

DGP – Entwickelt sich eine Alzheimererkrankung noch bevor eventuelle Symptome auftreten langsamer, wenn Menschen entzündungshemmende Mittel einnehmen? Die vorliegende Untersuchung an Menschen mit erhöhtem familiärem Risiko für Alzheimer brachte ernüchternde Ergebnisse: demnach gibt es derzeit keinen Anhaltspunkt dafür, Menschen mit noch gesunder Denkleistung und geistiger Fitness einer längerfristigen Behandlung mit dem Entzündungshemmer Naproxen zu unterziehen – einerseits scheint es eine Alzheimererkrankung nicht im frühen Verlauf zu verlangsamen und andererseits ist mit dieser Behandlung, trotz niedriger Dosierung des Mittels, mit Nebenwirkungen zu rechnen.


Wirken entzündungshemmende oder -lindernde Medikamente gegen eine Entwicklung der Alzheimerkrankheit? Manche früheren Studien deuteten zwar auf ein niedrigeres Alzheimerrisiko bei solchen Menschen, die längerfristig bestimmte Arten von Medikamenten eingenommen hatten. Ob solche Mittel aber tatsächlich auch zum Aufhalten der Krankheit geeignet wären, wenn diese noch ohne Symptome vorliegt, war bisher noch nicht untersucht worden.

Entzündliche Prozesse: ein Kandidat für Auslöser und Ursachen der Alzheimererkrankung

Dies untersuchten Forscher nun in einer klinischen Studie mit dem entzündungshemmenden Medikament Naproxen. In dieser zweijährigen Untersuchung erhielten 195 ältere Teilnehmer mit einer Alzheimererkrankung in der Familie (mindestens ein erkranktes Elternteil oder mindestens zwei erkrankte Geschwister) zweimal täglich entweder die medikamentöse Behandlung (Naproxen) oder ein Scheinmedikament (Placebo). Dabei waren weder die Teilnehmer noch die behandelnden Ärzte informiert, welches Mittel jeweils gegeben wurde (Doppelblind-Studie). Die teilnehmenden Menschen im mittleren Alter von 63 Jahren waren zuvor sorgfältig untersucht worden, um sonstige Erkrankungen des Gehirns mit Auswirkungen auf die Denkleistung auszuschließen.

Kann ein Entzündungshemmer eine sich anbahnende Alzheimererkrankung aufhalten?

Verschiedene Untersuchungen wurden vor Beginn der Behandlung, nach 3, 12 und 24 Monaten durchgeführt. Dazu gehörten bildgebende Verfahren, neurosensorische Tests und Untersuchungen der Denkleistung sowie bei etwa der Hälfte der Teilnehmer eine Überprüfung auf Anzeichen für die Alzheimererkrankung in der Rückenmarksflüssigkeit (auch Liquor genannt).

Abschließend analysiert wurden 160 Teilnehmer, die die Behandlungsstudie bis zur ersten Nachsorgeuntersuchung durchführten. Bei diesen wurde anhand der verschiedenen Untersuchungsergebnisse ermittelt, wie sich die Alzheimererkrankung, noch bevor eventuelle Symptome auftraten, im Verlauf der Zeit entwickelte. Dies wurde im Alzheimer-Progressionswert (APS, kurz vom engl. Alzheimer progression score) zusammengefasst.

Vergleich von Krankheitsfortschritt noch vor ersten Symptomen mit Naproxen oder Placebo

Auffällig waren besonders unerwünschte Effekte der Behandlung mit Naproxen. Die aktive Behandlung hatte also klar Nachteile für die Teilnehmer. Hatte sie aber auch Vorteile? Insgesamt über alle Teilnehmer, unabhängig von der jeweiligen Medikation, steigerte sich der APS-Wert 0,102 Punkte pro Jahr. Im Mittel zeigte sich also ein Fortschritt der Alzheimererkrankung bei Menschen, die noch keine klaren Symptome hatten, aber familiär ein erhöhtes Risiko für die Krankheit aufwiesen. Dieser Anstieg an Anzeichen für eine Erkrankung unterschied sich aber nur geringfügig zwischen Behandlung und Scheinbehandlung: nämlich nur um 0,019 Punkte im Jahr. Der statistische Vergleich des APS-Wertes mit Naproxen und der Scheinbehandlung zeigte keinen verlässlichen Unterschied. Demnach bewirkt Naproxen keine klare Verbesserung des Krankheitsfortschrittes. Auch in den individuellen Biomarkern für einen Fortschritt der Erkrankung, also Anzeichen in Rückenmarksflüssigkeit und Ergebnisse in Denkleistungstests und Überprüfung von Nerven- und Sinnessystem konnte keine Verbesserung oder Stabilisierung mit Hilfe des entzündungshemmenden Medikaments gesehen werden.

Entzündungshemmende Mittel: nur Schaden, kein Nutzen bei noch gesunden Menschen

Demnach gibt es derzeit keinen Anhaltspunkt dafür, Menschen mit noch gesunder Denkleistung und geistiger Fitness einer längerfristigen Behandlung mit Naproxen zu unterziehen – einerseits scheint es eine Alzheimererkrankung nicht im frühen Verlauf zu verlangsamen und andererseits ist mit dieser Behandlung, trotz niedriger Dosierung des Mittels, mit Nebenwirkungen zu rechnen. Die Autoren der Studie schließen mit einem ernüchternden Satz: nach diesen Ergebnissen seien sie extrem pessimistisch bezüglich der Rolle von Entzündungshemmern bei der Alzheimerprävention. Stattdessen müsse die Idee der entzündlichen Ursachen oder Auslöser der Alzheimererkrankung, die aus früheren Untersuchungen stammt, neu überdacht werden.

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