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InfectoGnostics-Studie: Hausärzte sehen Nutzen von Vor-Ort-Tests – Kosten sind größte Hürde

Hausärzte setzen bereits regelmäßig verschiedene Vor-Ort-Schnelltests ein und sehen einen Nutzen in deren Anwendung, doch ein häufiger Einsatz solcher „Point-of-Care-Tests“ scheitert oft an den Kosten und Vergütungsregelungen. Das sind Ergebnisse aus einer neuen Studie von InfectoGnostics-Wissenschaftlern des Universitätsklinikums Jena im Projekt „POCT-ambulant“. Die Ergebnisse der Studie wurden im Fachjournal „BMC Primary Care“ veröffentlicht (DOI: 10.1186/s12875-023-02054-0).

Sieben verschiedene Point-of-Care-Tests setzen deutsche Hausärzte üblicherweise ein: Von Urin-Streifentests, über Blutzucker- und Corona-Schnelltests bis zum Troponin-Test, der einen Hinweis auf einen Herzinfarkt geben kann. Doch obwohl Ärzte sie für eine gute Schnelldiagnostik schätzen, setzen sie derartige Vor-Ort-Tests noch vergleichsweise selten ein. Die am häufigsten genannten Gründe: Die Tests kosten zu viel oder können nicht oder nur unzureichend abgerechnet werden.

Diese und andere Erkenntnisse sind das Ergebnis einer aktuellen Studie in Thüringen, Bremen und Bayern (Unterfranken), die von InfectoGnostics-Wissenschaftlern vom Institut für Allgemeinmedizin am Universitätsklinikum Jena (UKJ) durchgeführt wurde. Fast 300 Hausärzte beantworteten die systematische Befragungsstudie unter Leitung der UKJ-Forschenden Anni Matthes und Dr. Robby Markwart und ermöglichten so einen Einblick in ihre Nutzung und Bewertung von Vor-Ort-Tests in der Primärversorgung.

— Sofortige Entscheidungsfindung und mehr diagnostische Sicherheit —

„Unsere Ergebnisse zeigen eine hohe Akzeptanz von Schnelltests bei deutschen Allgemeinmedizinern: 93 Prozent der Teilnehmenden sahen sie als nützliche diagnostische Werkzeuge für die Hausarztpraxis, da sie eine sofortige Entscheidungsfindung und eine erhöhte diagnostische Sicherheit ermöglichen“, erläutert Anni Matthes, die Hauptautorin der Studie.

Die größten Hürden für den Einsatz der Test seien noch immer ökonomischer Natur, doch auch Bedenken bezüglich der diagnostischen Genauigkeit, Handhabung und des Zeitaufwands wurden von den Ärzten genannt. Anni Matthes weiter: „Insgesamt zeigte unsere Befragung, dass es ein großes Potential für den Einsatz von Schnelltests in Hausarztpraxen gibt – aber zugleich auch einige Hausaufgaben für Krankenkassen, Kassenärztliche Vereinigungen, Entwickler und auch die Hausärzte selbst.“

Mit „POCT-ambulant“ entwickelt der InfectoGnostics Forschungscampus ein strukturiertes und systematisches Programm zur Beurteilung des Patientennutzens und des klinischen Bedarfes von Vor-Ort-Testverfahren im niedergelassenen Bereich. Als klinisches Begleitforschungsprojekt wird so ein aktiver, regionaler Forschungs-Entwicklungs-Praxis-Dialog mit hausärztlichen Praxen aufgebaut und der Austausch bis hin zu den Diagnostikunternehmen und den Endanwendern und Patienten erweitert. Das Institut für Allgemeinmedizin des UKJ arbeitet hier mit einem Netzwerk von Lehr- und Forschungspraxen aus ganz Thüringen zusammen. Zudem wird die landesweite Vernetzung zwischen Forschung und Industrie von InfectoGnostics als Innovationscluster innerhalb der Regionalen Innovationsstrategie für intelligente Spezialisierung und wirtschaftlichen Wandel in Thüringen (RIS Thüringen) vorangetrieben.

Die Arbeiten des „POCT-ambulant“-Teams fließen so direkt in die Entwicklung von diagnostischen Tests in anderen Projekten des InfectoGnostics Forschungscampus ein. Gefördert wird das Projekt noch bis 2025 im Rahmen der Initiative „Forschungscampus“ durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung.

Originalpublikation:

Matthes, A., Wolf, F., Schmiemann, G. et al. Point-of-care laboratory testing in primary care: utilization, limitations and perspectives of general practitioners in Germany. BMC Prim. Care 24, 96 (2023). DOI: 10.1186/s12875-023-02054-0