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Hautwunden: Wiener Team macht Unsichtbares sichtbar

Forscher:innen der Ludwig Boltzmann Gesellschaft entdecken bisher unbekannte Heilungsprozesse im menschlichen Gewebe und öffnen Tür für neue Therapien.

Das Team unter der Leitung von Mikolaj Ogrodnik, angesiedelt in der Ludwig Boltzmann Forschungsgruppe für Alterung und Wundheilung, entdeckte die bisher nicht bekannte p-rpS6-Zone: In diesem Hautbereich liegen jene Zellen, die tatsächlich aktiv am Heilungsprozess beteiligt sind – sie grenzt also heilendes Gewebe von verletztem Gewebe sowie vom nicht betroffenen gesunden Gewebe jenseits der Wunde ab. „Mithilfe der p-rpS6-Zone können wir zum Beispiel genau messen, wie weit eine Verbrennungsverletzung in die tieferen Schichten der Haut eindringt“, erklärt Mikolaj Ogrodnik. Die p-rpS6-Zone erscheint innerhalb von Minuten nach der Verletzung und bleibt während des gesamten Heilungsablaufes sichtbar.

Während der zeitliche Ablauf von Heilungsprozessen bereits gut erforscht ist, war bisher über die räumliche Verteilung innerhalb des Gewebes nur wenig bekannt. Dank dieser Entdeckung ist es nun möglich, die Verletzungssignale der Haut durch eine einfache Färbung über die Dauer der Wundheilung sichtbar zu machen und den Heilungsprozess präziser zu erfassen. Der nächste Schritt besteht darin, die p-rpS6-Zone als klinisches Instrument für die medizinische Diagnose und die Bewertung des Heilungsprozesses zu entwickeln. So können neue Aspekte der Wundheilung enthüllt und Türen zu potenziellen neuen diagnostischen und therapeutischen Anwendungen geöffnet werden. Die Ergebnisse des Forscherteams wurden in der Zeitschrift Developmental Cell veröffentlicht: The p-rpS6-zone delineates wounding responses and the healing process: Developmental Cell.

Das Protein rpS6 ist ein wichtiger Bestandteil des Ribosoms, der Maschine, die für die Produktion aller Proteine in einer Zelle verantwortlich ist. Das vorangestellte „p“ in „p-rpS6-Zone“ steht für Phosphorylierung, was eine Aktivierung des rpS6-Proteins bedeutet, das mit Zellwachstum in Verbindung steht. Die Forscher:innen entdeckten, dass diese Veränderung bei einer Verletzung der Haut auftritt, egal ob es sich dabei um eine Verbrennung, einen Schnitt oder einen einfachen Nadelstich handelt. Bei der Wundheilung verursacht eine Schädigung zunächst Blutungen und Zelltod. Darauf reagiert das Gewebe mit Blutgerinnungsaktivierung und einer Verengung der Blutgefäße. Diese Abläufe lösen flüchtige Signale aus, welche die Heilung einleiten: Eine verstärkte Zellteilung, Neubildung von Blutgefäßen und die Einleitung der Zellalterung, der sogenannten zellulären Seneszenz.

Die Ludwig Boltzmann Forschungsgruppe für Alterung und Wundheilung – SHoW (https://show.lbg.ac.at/) ist Teil des Ludwig Boltzmann Instituts für Traumatologie, das Forschungszentrum in Kooperation mit der AUVA (https://trauma.lbg.ac.at/). Die SHoW-Gruppe beschäftigt sich auch mit der klinischen Versorgung von chronischen Wunden in Österreich (https://zenodo.org/record/6572802#.ZFPS43ZBy5c).

Quelle: Ring, N. A. R., Dworak, H., Bachmann, B., Schaedl, B., Valdivieso, K., Rozmaric, T., … & Ogrodnik, M. (2023). The p-rpS6-zone delineates wounding response and the healing process. Developmental Cell. https://doi.org/10.1016/j.devcel.2023.04.001